Westfalenpost Kolumnist Heiko Rothenpieler hat in seinem „Pass in die Gasse“ die Unterschiede zwischen Turnen und Fußball herausgestellt.
Fußball und Turnen sind heute „nur“ zwei Abteilungen im Sportverein. Nichts lässt erahnen, dass ihre einstigen Vertreter erbittert stritten. In Deutschland entwickelte sich Turnen durch „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn ab 1807 zum nationalen Muss. Mit ihm etablierten sich nicht nur Geräte wie Barren und Reck, sondern auch Wahlsprüche wie „Frisch, fromm, fröhlich, frei“. Turnen stand mit Jahn von Beginn an im Kontext eines nationalen Bewusstseins und sollte seiner Ansicht nach im Sinne einer „patriotischen Erziehung zur Vorbereitung auf den Befreiungskrieg“ stehen. Körperliche Ertüchtigung, die Grazilität der Bewegung, Erziehung des Individuums – einen rein sportlichen Aspekt besaß Turnen in seiner Anfangszeit nahezu nicht.
Mitten in die preußischen Vorstellungen physischer Leibesübungen, legte ein deutscher Lehrer einige Jahrzehnte später eine lodernde Lunte. Konrad Koch schmiss in Braunschweig seinen Schülern einen Ball vor die Füße – und entfachte damit eine heftige Kampagne. Schon das Wort „Fußball“ wurde verpönt sowie von Turnerseite als „Englische Krankheit“ und „Fußlümmelei“ diskreditiert. Allein, dass es sich um ein Spiel handelte, wurde als Verachtung von Würde und Tugenden angesehen. In der Tatsache, dass ungeschult nach einem Gegenstand „getreten“ wurde, sah man eine Rohheit, die den Verfall der Sitten einläutete. Der 13. Februar ist nicht nur Konrad Kochs Geburtstag. Es ist auch der Tag, an dem daran erinnert werden kann, dass körperliche Ertüchtigung auch Spiel sein kann.