Winterberg/Sjusjoen. . Wenn Nachwuchs-Skisportler in der Wintersaison im Trainingslager sind, verpassen sie oftmals viel Unterricht. Doch funktioniert das Nachholen?

Während draußen bis zu -12 Grad Celsius herrschen, brütet Lukas Wied in einer Blockhütte im norwegischen Sjusjoen über einer Atlas. Vor ihm liegen Kekse, ein Geodreieck und ein Heft – für den Nordischen Kombinierer steht an diesem Nachmittag eine Erdkundeklassenarbeit auf dem Programm, auch wenn seine Heimatschule, das Städtische Gymnasium Bad Laasphe, fast 1500 Kilometer entfernt liegt.

Für Wied ist diese Erfahrung „neu“, das Nachholen von Unterrichtsstoff auf Reisen ist er dagegen gewohnt: der 14-jährige Sportler des SC Rückershausen ist in der Wintersaison oft auf nationalen und internationalen Lehrgängen unterwegs und muss parallel den schulischen Unterrichtsstoff auf- und nacharbeiten. In Norwegen betreut Corinna Müller, Lehrerin am Willinger Gymnasium „Upland“, die Sportlerinnen und Sportler bei ihren Schulaufgaben. Konkret bedeutet dies, dass Müller nicht nur für Fragen jeglicher Fachrichtungen bereitsteht, sondern gleichermaßen die Organisation und Aufsicht von Klassenarbeiten vornimmt. Denn trotz des Sonderstatus der Sportler um Wied müssen die stofflichen Unterrichtsinhalte, die ihre Mitschüler zu selben Zeit in Form von regulären Schultagen in der heimischen Schule durchnehmen, so gut es geht vermittelt werden. Ansonsten würdend ie Schulen dieses Modell kaum mitgetragen.

Parzinski befürwortet das Modell

„In Norwegen mussten sich die Sportler nach den Trainingszeiten auf den Loipen und der Sprungschanze richten, daran wurde dann der Unterricht angepasst“, erklärt Holger Parzinski vom Skiclub Rückershausen.

Der 43-Jährige kennt die Thematik aus der Vereinsarbeit sehr gut, und steht ihr auch durchweg positiv entgegen: „Wichtig ist, dass die Kinder eigenverantwortlich Arbeiten und die schulischen Leistungen stimmen, aber nach unserer Erfahrung funktioniert dieses Modell sehr gut.“

Denn sollten die schulischen Leistungen bei einer Sportlerin oder einem Sportler mal nicht stimmen, wird schnell mal die Freigabe der jeweiligen Schulen verweigert – zu Recht, so Parzinski: „Diesen Fall gibt es hin und wieder mal, aber das geschieht dann auch in enger Absprache mit den Skitrainern vor Ort, die neben der sportlichen Komponente stets auf der Einhaltung der schulischen Pflichten pochen.“

Später kein Nachteil in der Schule

Max Bernshausen, Langläufer des SC Rückershausen, besucht die 10. Klasse des Geschwister-Scholl Sportgymnasiums in Winterberg und kennt diese Diskussionen. „Primär fährt man natürlich wegen des Sports in Trainingslager oder auf Wettkämpfe, doch im eigenen Interesse sollte man auch nicht die schulischen Aktivitäten vernachlässigen“, erklärt der 16-jährige, der für ein ausgewogenes Verhältnis beider Aktivitäten plädiert. Zuletzt war Bernshausen mit einigen anderen Sportlern aus dem Bezirk in Ramsau (Berchtesgaden) auf einem zehntägigen Lehrgang – als schulische Unterstützung fuhr die Sportlehrerin Julia Padberg mit – laut Bernshausen ein Gewinn: „Generell ist es immer hilfreich, wenn eine Lehrerin vor Ort ist, besonders wenn es knifflige Fragen zu beantworten gibt, bei denen man nicht weiterkommt.“ Anfang November war der Schüler auf einem anderen Lehrgang im italienischen Livigno – ohne Lehrkraft. Zwar laufe diese Variante in der Regel ebenfalls „problemlos“ ab, doch sei dann der Aufwand des Nacharbeitens größer, so Bernshausen.

Einen Nachteil bezüglich der schulischen Leistungen sieht der Zehntklässler zudem nicht, sein Motto ist ganz klar: „Generell kann man den aufgetragenen Stoff immer ausreichend genug aufarbeiten und solang man das alles vernünftig organisiert und die Aufgaben erledigt, sind auch die Lehrer zufrieden.“