Feudingen. . Seit über dreißig Jahren praktiziert Dr. Safwat Metwaly als Allgemeinmediziner in Feudingen. Der aus Kairo stammende Arzt weiß über die Chancen Ägyptens bei der WM vor allem eines: spielt der angeschlagene Superstar Mohamed Salah nicht, rückt der Traum vom Achtelfinale in weite Ferne.

Seit über dreißig Jahren praktiziert Dr. Safwat Metwaly als Allgemeinmediziner in Feudingen. Der aus Kairo stammende Arzt weiß über die Chancen Ägyptens bei der WM vor allem eines: spielt der angeschlagene Superstar Mohamed Salah nicht, rückt der Traum vom Achtelfinale in weite Ferne.

Als im Oktober 2017 der Schiedsrichter in der 93. Minute auf den Elfmeterpunkt zeigt, gehen unwirkliche Bilder um die Welt. Ein Aufschrei so laut, der ein ganzes Land zum Beben bringt. Menschen liegen sich weinend in den Armen, springen über Barrikaden, Spieler auf der Auswechselbank liegen übereinander. Nur einer der 80000 Fans im Stadion Borg el-‘Arab bleibt ruhig: Liverpools Stürmerstar Mohamed Salah. Er verwandelt den Elfmeter eiskalt und schickt sein Land nach 28 Jahren Warten wieder zu einer WM. Die Szenen völliger Ekstase lassen keinen Zweifel daran, dass soeben ein Wunder geschehen ist.

„Fußball steht in Ägypten nicht nur an erster Stelle, er steht an erster bis zehnter Stelle. Nichts bewegt die Massen mehr. Läuft Fußball, vergessen die Menschen alles um sie herum – ihre Probleme, die Not, die Armut“ erläutert Safwat Metwaly. Die Straßen werden bei den drei Vorrundenspielen leer sein, weil die ganze Nation vor den Fernsehern sitzen wird, denn: „Endlich kann sich das Land wieder der ganzen Welt sportlich präsentieren.“ Dieses ersehnte positive Bild spielt auch auf die politischen Zustände an, die das Land der Pharaonen seit Jahren in den Fokus rücken. 846 Menschen kamen bei der Revolution 2011 ums Leben. Vergangenes Jahr sprach ein Gericht Ex-Staatschef Husni Mubarak von seiner Schuld frei. 2012 starben bei Massenkrawallen im Fußballstadion von Port Said 74 Menschen, begrifflich hat sich das Datum als „der schwarze Tag“ des ägyptischen Fußballs in das Gedächtnis des Landes eingeprägt. Die Kraft des Fußballs wird immer wieder als politisches Instrument benutzt.

Die WM-Teilnahme ist für Ägypten also mehr als nur eine sportliche Wiederauferstehung. Wie weit die Reise geht, hängt vor allem von der Schulter Mohamed Salahs ab, die er sich im Champions League-Finale verletzte. „Selbst wenn er spielen könnte, würde er im ersten Spiel gegen Uruguay nicht fit sein. Daher hoffe ich, dass der Trainer ihn gegen den stärksten Gegner schont. Die Spiele gegen Russland und Saudi-Arabien werden entscheiden, wer als Tabellenzweiter weiterkommt – da wird Salah gebraucht“, meint Metwaly. Sportlich sei Salah „Ägyptens Messi“, doch mache ihn erst sein Charakter zum Helden: „Salah ist bescheiden. Er spendet viel für Sport in Ägypten.“ Fußball ist Mannschaftssport. Doch an Salah, dem „Fußballer des Jahres“ in Afrika, wird es liegen, ob man nur mitspielen wird oder vielleicht ein zweites Wunder geschieht, da ist sich der „Ägyptensteiner“, wie Metwaly liebevoll genannt wird, sicher.