Schönau. . Ein deutscher Skispringer gewinnt im Einzelwettkampf Olympia-Gold auf der Normalschanze – das hatte es zuletzt 1984 gegeben, als der 19-jährige Jens Weißflog bei den Winterspielen in Sarajevo allen davonsprang. Nun also Andreas Wellinger in Pyeongchang - mit Drahtseilnerven, Telemark und Schanzenrekord. In diesen 34 Jahren ist Skispringen zu einem medialen Großereignis aufgestiegen, zu Wettkämpfen wie in Willingen pilgern 35000 Zuschauer. Die Popularität kam mit den Erfolgen – mit Athleten wie Dieter Thoma, Sven Hannawald oder Martin Schmitt. Einer trainierte sie alle: Karl Haßler, Skisprung-Ikone des SC Rückershausen.Während Karl Haßler im Winter die Schanzentische herunterfuhr, lief er an den Tagen ohne Schnee als Fußballer des SV Feudingen auf. Als er zum Beispiel 1971 deutscher Vizemeister in der Nordischen Kombination wurde, war er auch Teil der legendären A-Jugend des SV, die im Halbfinale der Westfalenmeisterschaft vor 3000 Zuschauern mit einem knappen 0:1 gegen den VfL Bochum ausschied. Haßler erinnert sich gerne, weist aber auch darauf hin: „Skisport war meine Sportart Nummer eins, Fußball habe ich nebenher gemacht. Ich war kein Stammspieler und wurde oft eingewechselt. Das war aber auch kein Problem für mich war – ich war nämlich ein guter Joker.“
Ein deutscher Skispringer gewinnt im Einzelwettkampf Olympia-Gold auf der Normalschanze – das hatte es zuletzt 1984 gegeben, als der 19-jährige Jens Weißflog bei den Winterspielen in Sarajevo allen davonsprang. Nun also Andreas Wellinger in Pyeongchang - mit Drahtseilnerven, Telemark und Schanzenrekord. In diesen 34 Jahren ist Skispringen zu einem medialen Großereignis aufgestiegen, zu Wettkämpfen wie in Willingen pilgern 35000 Zuschauer. Die Popularität kam mit den Erfolgen – mit Athleten wie Dieter Thoma, Sven Hannawald oder Martin Schmitt. Einer trainierte sie alle: Karl Haßler, Skisprung-Ikone des SC Rückershausen.
446 Kilometer trennen Rückershausen und Schönau im Schwarzwald. Als der aus Feudingen stammende Karl Haßler seine Lehre bei der Firma Osterrath in Sassmannshausen abschloss und die Bundeswehr an seine Tür klopfte, war diese Distanz für ihn keine Hürde. Es ist Anfang der Siebziger und Schönau kein willkürlich ausgewählter Stützpunkt, denn im Gegensatz zum Sauerland gibt es im Schwarzwald bereits Förderungen für verschiedene Bereiche des Wintersports. Für Karl Haßler beste Voraussetzungen also, um das Berufliche mit dem Sportlichen zu verbinden: Er wird Westmeister in der Nordischen Kombination.
Der Olympia-Traum
Nur kurze Zeit später muss sich der gerade einmal 23-Jährige einem negativen Befund stellen. Diagnose: Arthrose. Trotzdem schafft Haßler die Qualifikation für die Olympiade 1976 in Innsbruck, der Deutsche Skiverband (DSV) nominiert ihn. Ein Traum geht in Erfüllung – und zerplatzt über Nacht: das Nationale Olympische Komitee (NOK) streicht Haßler sechs Tage vor Olympia-Start von der Liste. Grund: zu geringe Erfolgsaussichten auf einen einstelligen Rang. Haßler erfährt von der Entscheidung, nachdem er bereits in Innsbruck angekommen ist.
Doch anstatt dem Albtraum mit Resignation zu begegnen, entscheidet sich Haßler für den Job des Trainers, Abtreten vom Skisport ist keine Option: Er übernimmt einen Posten in Baden Württemberg, als bei den Nordischen Kombinierern im Bereich Skispringen ein Platz frei wird. Acht Jahre später wechselt er zum DSV, um dort bis Anfang der Neunziger den B-Kader zu leiten. Hier kommt es zum ersten Kontakt mit Reinhard Heß, der 1993 Cheftrainer der Skisprung-Nationalmannschaft wird.
Im „Erfolgssystem Heß“
Bis 2003 ist Heß der „Mann mit der Fahne“ und der Vater vieler Skisprung-Erfolge. Über zehn Jahre lang ist das Nationalteam das erfolgreichste der Welt, Leistungstäler sind in seiner Ära vom Aussterben bedroht, das „Erfolgssystem Heß“ dominiert vor allem Team-Wettbewerbe nach Belieben. 2007 stirbt Heß an den Folgen von Bauchspeicheldrüsenkrebs im Alter von 62 Jahren.
Für Karl Haßler bleibt er nicht nur aus sportlicher Sicht in guter Erinnerung: „Ein sehr netter, hilfsbereiter und kumpelhafter Mensch, der immer für einen da war. Wir waren ein tolles Team, er hat geholfen und sich auch helfen lassen. Er hat alles zusammengehalten und geführt“.
Haßler erinnert sich besonders an das jährliche Trainertreffen, das unter Heß‘ Federführung lief, wo alle Verbandstrainer mit ihren Ehefrauen ein Wochenende zusammen verbrachten. Sich als Teil einer Familie zu fühlen – auch das gehörte zum „Erfolgssystem Heß“. Zu Haßlers Hauptaufgaben als Co-Trainer gehörten die Bereiche Athletik und Technik. Das betraf vor allem die Zeit, wenn die Springer von ihren Wettkämpfen zurückkehrten und neue Impulse wie auch gängige Abläufe brauchten.
Trotzdem war Haßler zu dieser Zeit zwischen 150 und 200 Tagen im Jahr für den Skisport unterwegs, an denen sich die Aufgabenfelder täglich überschnitten: „Wo ich gebraucht wurde, war ich da.“
Zu den „Lehrlingen“, die er am häufigsten trainierte, zählten unter anderem Christof Duffner, Hansjörg Jäkle und Sven Hannawald. Dieter Thoma betreute er schon, als der noch ein Kind war: „Er war ziemlich eigen und hatte immer seinen eigenen Kopf. Da hat sein Vater den athletischen Bereich übernommen, ich hingegen den technischen“, so Haßler, dem vor allem Thomas Sprungkraft „ohne Training“ (55cm aus dem Stand) in Erinnerung bleibt.
Auf die Frage, was sich in Anbetracht seiner Stationen rückblickend im Skispringen am stärksten verändert habe, antwortet Haßler ohne lange Bedenkzeit: „Ganz klar das Material. Früher hat man alles noch selber machen müssen, vor allem das Wachsen der Skier gehörte dazu. Und ja, die Anzüge – da ist man in Keilhose und Pullover den Schanzentisch runter.“ Doch auch wenn man „sehr viel auf sich alleine gestellt war“, deckte der westdeutsche Skiverband die Förderung adäquat ab. Zum Beispiel ging es für Haßler alle zwei Wochen zum Stützpunkttraining nach Meinerzhagen, wo 1957 zwei Schanzen emporblickten. Dort wartete dann mit Wolfgang Happle ein ehemaliger Weltcup-Springer sowie ein vom Verband angestellter Norweger, der bei den Kombinierern das Lauftraining forcierte. Moderne Zeiten.
Was Haßler heutzutage im Gegensatz zu damals sehr begrüßt, ist der Einbezug von Hilfsmitteln verschiedener Art. Das Sicherheitsdenken sei von Seiten der Verantwortlichen viel ausgeprägter als zu seiner aktiven Zeit. Vor allem Winde sind inzwischen kein beiläufiges Thema mehr, sondern bei der Kalkulation von Risikosprüngen ein zentraler Faktor – was der Ablauf rund um Andreas Wellingers „Goldsprung“ verdeutlichte.
Skispringer werden nicht mehr auf Biegen und Brechen die Schanze runtergejagt. Das mache laut Haßler den Wettkampf insgesamt fairer und sei für den einzelnen Sportler wichtig, denn: „Dort oben ist man ganz allein. Da hat man auch als Trainer keinen Einfluss mehr.“
Niemals geht er so ganz
Eines macht die Vita von Haßler zwischen den Zeilen klar: Großen Abstand zum Skisport gab es bei ihm nie und gibt es bis heute nicht – was vor allem an seiner skisprungbegeisterten Familie liegt.
Sein älterer Bruder Ernst-Otto zum Beispiel war 1965 deutscher Jugendmeister und im Team mit Skisprung-Legende Georg Thoma unterwegs. Da war es nur logisch, dass Karl mit neun Jahren seine ersten Sprünge machte und kurz darauf bei nationalen Wettkämpfen aufblühte. Der Rest ist Geschichte – von wegen: Bis 2014 war Haßler Schanzenwart in Hinterzarten, eine Art Mekka für deutsche Skispringer.
Seitdem unterstützt er die dortigen Wettkämpfe nicht bloß mit Rat, sondern auch mit Tat. „Da ist alles dabei - die Äste in den Hang stecken oder Löcher nach Stürzen stopfen. Ich brauche nicht mehr angelernt werden“, erzählt Haßler mit einem Lachen. 55 Jahre liegen seine ersten Sprünge in Rückershausen nun zurück – die Leidenschaft fürs Fliegen ist geblieben.
Während Karl Haßler im Winter die Schanzentische herunterfuhr, lief er an den Tagen ohne Schnee als Fußballer des SV Feudingen auf. Als er zum Beispiel 1971 deutscher Vizemeister in der Nordischen Kombination wurde, war er auch Teil der legendären A-Jugend des SV, die im Halbfinale der Westfalenmeisterschaft vor 3000 Zuschauern mit einem knappen 0:1 gegen den VfL Bochum ausschied. Haßler erinnert sich gerne, weist aber auch darauf hin: „Skisport war meine Sportart Nummer eins, Fußball habe ich nebenher gemacht. Ich war kein Stammspieler und wurde oft eingewechselt. Das war aber auch kein Problem für mich war – ich war nämlich ein guter Joker.“