Oberstdorf. . Kaum zu glauben, aber wahr: Beim FIS-Youth-Cup der Nordischen Kombination in Oberstdorf waren die besten Nachwuchs-Wintersportler aus ganz Europa versammelt und eine Siegerin in der Altersklasse Girls I (Jahrgänge 2003 bis 2005) kam aus Rückershausen.

Kaum zu glauben, aber wahr: Beim FIS-Youth-Cup der Nordischen Kombination in Oberstdorf waren die besten Nachwuchs-Wintersportler aus ganz Europa versammelt und eine Siegerin in der Altersklasse Girls I (Jahrgänge 2003 bis 2005) kam aus Rückershausen.

Die 14-jährige Emily Schneider gewann am Freitag in der Sprintvariante nach einem Sprung auf 53,5 Metern auf der K56-Mattenschanze und legte die mit Abstand beste Laufleistung der vier ersten Starterinnen hin, die nach dem Springen innerhalb von fünf Sekunden aus der Skiroller-Startbox gingen. Auf dem 2 km langen, anspruchsvollen und von viel Publikum gesäumten Stadtkurs ging Schneider nach 7:21 Minuten mit satten 17 Sekunden Vorsprung über die Ziellinie.

Damit war sie nur vier Sekunden langsamer als die Sächsin Jenny Nowak, die das parallel gestartete Rennen der älteren Schülerinnen (Jg. 2000 bis 2002) gewann und als größtes Talent der Kombination gilt, welche vermutlich 2022 auch bei den Frauen olympisch wird.

Sieg kam völlig überraschend

„Das ist saustark“, war Thomas Wunderlich, Vereinstrainer des SC Rückershausen, baff: „Wir haben gedacht, wenn es gut läuft, sind die Top-Ten oder ein Urkundenplatz drin. Das war völlig unerwartet.“ Understatement kann man ihm nicht unterstellen, denn beim Alpencup vor zwei Wochen hatte es für Emily Schneider ja „nur“ zu Mittelfeldplätzen gereicht – und dabei fehlten dort noch die Skandinavier.

Etwas günstiger waren diesmal allerdings die Rahmenbedingungen. Zum einen, weil Schneider diesmal gänzlich gesund startete, zum anderen, weil sich die Länge der Ski diesmal wieder nach der Körpergrößenregel und nicht nach dem Body-Mass-Index bemaß, womit die Gymnasiastin 15 Zentimeter längere Ski und damit mehr Tragfläche nutzen konnte.

Ebenso wichtig war, dass Schneider sich technisch verbessert zeigte und ihre bisherigen Defizite bei der Telemark-Landung fast gänzlich behob. Dies bestätigte sie auch am Samstag, als es beim Gundersen-Wettkampf, der ebenfalls nur einen Wertungssprung und einen 4 km langen Rollerbahn-Lauf vorsah, zu Platz 2 reichte.

Nach erneut 53,5 Metern und Platz 3 beim Springen sah es bis 200 Meter vor dem Ziel nach einem weiteren Sieg aus. Doch Anna Jäkle aus Schonach im Schwarzwald, Tochter von Skisprung-Olympiasieger Hansjörg Jäkle, war im Endspurt stärker und gewann mit zwei Sekunden Vorsprung. Dritte wurde mit zwanzig Sekunden Abstand die Winterbergerin Marie Nähring, die damit das Traum-Wochenende des Westdeutschen Skiverbands ergänzte. Bei den Boys II hatte Lenard Kersting, ebenfalls SK Winterberg, die Plätze 5 und 6 erzielt.

Die Resultate aus Oberstdorf werden Emily Schneider vermutlich eine Einladung zum DSV-Trainingslager in Rastbüchl in zwei Wochen bescheren, der eigentlich nur Kadersportlern vorbehalten ist – zu denen zählt sie noch nicht.

„Davon gehe ich mal aus. Die Trainer haben ja gesehen, was los ist“, meinte Thomas Wunderlich, der bei einer Einladung aber die Bremse ziehen will, um sein Talent nicht zu verheizen: „Die Mattenschanzentour in Braunlage am kommenden Wochenende wird sie dann auslassen. Wir müssen auch irgendwann wieder in ein normales Training kommen“, sagte der Volkholzer nach vielen Wettkämpfen in den vergangenen Wochen.

Jede neue Schanze ist wertvoll

Sensationell ist für den kleinen SC Rückershausen, dass er noch mit zwei weiteren Kombinierern vertreten war. Mika Wunderlich, Sieger im Deutschen Schülercup der S12 im vergangenen Winter, und Lukas Wied debütierten bei den Boys I auf internationaler Ebene.

Die Teilnahme freute Thomas Wunderlich: „Für beide ist wichtig, viel Neues kennen zu lernen, weil wirklich jede Schance einen etwas anderen Charakter hat. Und wenn wer lernt, sich schnell umzustellen, kommt überall klar.“

Unter 37 Startern aus zwölf Nationen belegte Wunderlich jeweils den 34. Platz – er war allerdings mit je einem Sportler aus Finnland und Estland jüngster Starter im Feld und zeigte bereits gute Sprünge. Für Lukas Wied, der dem mittleren Jahrgang angehörte, ging es mit Rang 25 und 27 etwas weiter nach vorn.

„Für beide war es eigentlich nur zum Reinschnuppern“, so Thomas Wunderlich, der beide von vorneherein ohne Chance auf die Top Ten sah – weil die Konkurrenz körperlich schlicht weiter entwickelt war und beim Sprung Geschwindigkeits-Vorteile hatten: „Die Länge des Anlaufs richtet sich ja nach den Ältesten. Beide hätten eigentlich mehr gebraucht.“

Lukas Wied fremdelte ohnehin etwas mit der Schanze, sprang jeweils zu spät ab – dafür überzeugte er läuferisch. Thomas Wunderlich: „Wenn ich die Laufzeiten angucke, ist der Abstand nach vorne nicht so groß. Und es sind ja auch wirklich die Besten aus Europa gestartet.“