Arfeld. . Uwe Seeler ist am Samstag, 24. Juni, mit seiner Traditionself zu Gast in Wittgenstein. Wir sprachen vor dem Spiel gegen Deportivo Arfeld mit dem Fußball-Idol des HSV.
Deutscher Meister mit dem Hamburger SV, Ehrenspielführer des DFB, drei Mal Deutschlands Fußballer des Jahres: „Uns Uwe“ Seeler galt zu seiner aktiven Zeit als einer der besten und zugleich fairsten Stürmer der Welt. Am Samstag ist der größte Fußballer des HSV mit seiner Traditionself zu Gast in Wittgenstein. Ein Gespräch über Kapitäne in der Ehe, Weichei-Verbote in der Kindheit und das ungefährliche Wittgenstein.
Herr Seeler, im November letzten Jahres feierten Sie Ihren 80. Geburtstag. Wie haben Sie den Tag erlebt?
Uwe Seeler: Zuerst waren wir beim Heimspiel im Volksparkstadion, wo meine Familie und ich eine gemütliche Loge hatten. Leider war nur das Spiel schon nach einer halben Stunde für den Gegner entschieden (2:5 gegen Dortmund, Anm. d. Red.), aber das kann man sich natürlich nicht aussuchen. (lacht) Am anderen Morgen ging es dann mit der Familie in ein schönes Lokal nach Norderstedt, unseren Wohnort.
Bleiben wir bei der Familie. Sie verrieten einmal über das Leben zu Hause, dass Ihre Frau Ilka der „Kapitän“ sei. Wie hat man sich das vorzustellen?
Seeler: Na, das kennen Sie doch: Die großen Dinge entscheide ich und meine Frau entscheidet die kleinen – aber was groß und was klein ist, das entscheidet natürlich Sie. (lacht) Was das angeht ist alles bestens, ich bin sehr stolz auf meine ganze Familie und bekomme jede Unterstützung, die man sich nur wünschen kann.
Im März wurde Ihnen ein Tumor aus der Schulter entfernt. Danach sagte ihre Frau dem Hamburger Abendblatt: „Der Dicke ist metastasenfrei. Wir sind sehr glücklich.“ Doch es folgten weitere Operationen. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?
Seeler: Ja, auch diese Momente muss man gemeinsam durchstehen. Im Leben gibt es eben nicht nur eitel Sonnenschein. Die Schulter musste zweimal behandelt werden, dann hatte mein Herzschrittmacher einen kleinen Aussetzer. Das passierte ausgerechnet, als ich mit meiner Frau alleine in unserem Ferienhaus war. Aber auch das haben wir gut überstanden. In dieser Zeit war ich schon gebeutelt, aber jetzt geht es mir wieder besser und ich bin bei Kräften.
Schon in Ihrer Kindheit bewiesen Sie Nehmerqualitäten. Ihr Vater Erwin war Hafenarbeiter, einmal sagte er zu Ihnen und ihrem Bruder bezüglich Fußball: „Nur damit ihr Bescheid wisst - Weicheier will ich in meinem Haus nicht haben!“
Seeler: Ja, das war schon ein harter Hund. (lacht) Mein Vater hat mir sehr viel mitgegeben für meine spätere Laufbahn. Er war ja selbst ein guter Fußballer und wusste worauf es ankommt. Jammern war nicht drin, da hatten wir keine Zeit zu. (lacht) Sich im Strafraum auszuruhen und nur auf die Bälle zu warten, das konnte man vielleicht mal gegen einen sehr schwachen Gegner machen. Generell sollte man sich aber bewegen und für den Sieg arbeiten.
Wenn Sie heutzutage auf dem Platz so manche Schauspieleinlagen sehen, was denken Sie da im Vergleich zum Fußball Ihrer Zeit?
Seeler: Da enthalte ich mich der Stimme. Als alter Spieler ist es immer etwas gefährlich darüber zu urteilen. Allgemein glaube ich aber, dass leider viel geschauspielert wird, es unsportlich und einfach nicht gut ist.
Lassen Sie uns über den Fußball von damals und heute sprechen. 1960, als Sie 25 Jahre alt waren, bot Ihnen Inter Mailand 1,5 Millionen Mark Jahresgehalt an. Beim HSV gab es nur 1250 Mark im Monat, trotzdem blieben Sie in Hamburg. Warum?
Seeler: Ich habe mich damals drei Tage mit Inter Mailand unterhalten und mich dann doch für meinen Beruf entschieden. Zu dieser Zeit war ich Vertreter für Adidas, in einem Jahr bin ich für das Unternehmen bis zu 70 000 Kilometer mit dem Auto gefahren. Ich habe also die Arbeit und damit die Sicherheit vorgezogen. Das muss jeder für sich selbst verantworten, ich musste diese Entscheidung Gott sei Dank nie bereuen. Mein Vater hat meinem Bruder und mir schon früh einen Satz mitgegeben: „Kinder, denkt immer daran, dass Geld nicht alles ist.“ Rückblickend war das für meine gesamte Entwicklung entscheidend. Die Nähe zum Verein kam automatisch hinzu.
Irrwitzige Spielergehälter und TV-Gelder oder jetzt der Videobeweis: Der Fußball ändert sich gerade gewaltig. Kann das auf Dauer funktionieren?
Seeler: Meiner Meinung nach ist es ein bisschen viel, was gerade alles auf uns zukommt und ich hoffe, dass der Fußball dadurch nicht kaputtgemacht wird. Denn irgendwann ist eine Grenze erreicht und niemand weiß, was sich hinter ihr befindet. Über drei statt zwei Halbzeiten nachzudenken und all so ein Quatsch - da muss man sehr vorsichtig sein.
All das wird mit Ihrer Traditionself in Arfeld keine Rolle spielen. Waren Sie schon einmal früher in der Gegend? Mit Häfen und Schiffen können wir ja eher schlecht dienen.
Seeler: Das tut auch mal gut, vom Wasser weg und keine Gefahr zu ertrinken! (lacht) Bisher war ich nicht direkt vor Ort, nur ein paar Mal in der Nähe. Umso schöner ist es, dass ich mir jetzt dort ein Fußballspiel anschauen kann.
Mit Ihnen kommen zahlreiche Bundesliga-Größen nach Arfeld. Thomas Helmer, Bernd Schneider oder Matthias Herget zum Beispiel. Wie ist Ihr Kontakt zu den Spielern? Haben Sie zu einem ein besonderes Verhältnis?
Seeler: Ich habe zu allen ein gutes Verhältnis, sehe uns als Einheit. Es ist ja so, dass einige Spieler nicht bei allen Wohltätigkeitsspielen dabei sein können. Daher haben wir einen größeren Kreis von circa dreißig Spielern, sodass wir immer eine solide Mannschaft auf den Platz bringen können. Für die Partie in Arfeld sind wir jedenfalls gut aufgestellt und wir hoffen, dass wir den Zuschauern aus Wittgenstein ein schönes Spiel bieten können.