Winterberg. . Die aus Brachbrach stammende Jaqueline Lölling hat beim Skeleton-Weltcup in Winterberg EM-Gold gewonnen.
Sie ließ sich nicht ablenken. Nicht von der lauten Musik aus den Lautsprechern, nicht von der Stimme des Bahnsprechers, selbst von ihren euphorischen Fans nicht, die auf der Tribüne im Ziel der Veltins-EisArena eine eigene kleine Party feierten. Jacqueline Lölling starrte nur auf diesen kleinen Monitor, der vor ihr stand. Die Brachbacherin lag beim Skeleton-Weltcup in Winterberg, der gleichzeitig als Europameisterschaft gewertet wurde, in Führung. Sie war nach ihrem Rennen kurz fröhlich durch den Zielbereich gehüpft, hatte die Arme jubelnd in die Höhe gerissen und lachend in die Menge gewunken.
Elisabeth Vathje ist einfach zu gut
Nun stand sie in der so genannten Leaderbox, dem späteren Siegerpodest, und blickte nur auf den kleinen Bildschirm, auf dem das Rennen der Kanadierin Elisabeth Vathje übertragen wurde. Nach Vathjes Start blies Lölling anerkennend die Wangen auf. Als die Konkurrentin durch den Veltins-Kreisel raste, klatschte Lölling mehrmals in die Hände. Der Weltcup-Sieg auf ihrer Heimbahn war in diesem Moment verloren, das wusste die Athletin der RSG Hochsauerland zu diesem Zeitpunkt bereits und hüpfte nach der Zielankunft der Kanadierin vom Podest, um Vathje zur Führung gratulieren zu können.
Das Grinsen wollte trotzdem nicht aus ihrem Gesicht weichen. Und die Augen der 21-Jährigen funkelten auch nach dem Wettkampf weiter voller Freude. Weil sie ihren „Heim-Weltcup“ hinter Elisabeth Vathje auf Rang zwei beendete – und sich dadurch vor großer heimischer Kulisse erstmals zur Europameisterin krönte.
„Das ist Wahnsinn“, sagte Lölling. „Es war nur ein Lauf, da hieß es alles oder nichts. Man durfte sich keine Fehler erlauben. Ich habe einfach versucht, die Atmosphäre an der Bahn zu genießen und ruhig zu bleiben. Das hat gut geklappt“, erklärte die Pilotin nach der Siegerehrung und vor dem Bad in der Menge.
Mit einem vollbesetzten Bus und ungezählten Pkw war Brachbach und Umgebung ins Hochsauerland gekommen, um „Jacka“ anzufeuern. „Loss Gohn“ stand auf einem riesigen Plakat im Zielbereich, auf einem anderen wurde dem „Höhwald-Blitz“ gehuldigt. Lölling hielt sich in dem einen Lauf, auf den Weltcup und EM aufgrund des zeitweise starken Schneefalls in Winterberg reduziert wurden, an die Aufforderung und machte ihrem zweiten Spitznamen alle Ehre.
„Dieses Jahr habe ich meine Lockerheit auf dem Schlitten wiedergefunden“, kommentierte sie grinsend. Und: „Ich lasse die Kiste rennen und versuche nur, mit vielen kleinen Lenkbewegungen die optimale Linie zu finden.“
Dieses Herangehensweise brachte ihr bei den bisherigen vier Weltcup-Rennen drei Podestplatzierungen inklusive ihres ersten Sieges in der Vorwoche in Altenberg ein. Im Gelben Trikot der Gesamtweltcup-Führenden schmiss sie sich deshalb in Winterberg bäuchlings auf ihren Schlitten – und darf dies bei der nächsten Weltcup-Station in St. Moritz erneut tun.
Am Start fehlt die Beschleunigung
Auch Chef-Bundestrainer Jens Müller attestierte seiner neuen Nummer 1 eine starke Leistung im Hochsauerland. Er wusste aber natürlich auch ganz genau, wo der Weltcup-Sieg verloren gegangen war. „Der Lauf an sich war gut, am Start fehlte es aber eben an der Beschleunigung“, sagte er.
Weil mit Tina Hermann eine zweite deutsche Pilotin in der EM-Wertung als Dritte hinter der Österreicherin Janine Flock den Sprung auf das Podest geschafft hatte, war Jens Müller insgesamt zufrieden.
Brachbach und alle Lölling-Fans waren nicht nur das – sie waren begeistert. Da die neue Europameisterin, die 2015 in Winterberg bereits zum Vize-Titel der Weltmeisterschaft gerast war, in ihrer Heimat auch als begeisterte Karnevalistin dem Karnevalsklub „Braschbisch Ojooh“ angehört, mischten sich unter den üblichen Skeleton-Jubel ungewohnte Klänge. „Jacka – Ojooh“, schallte es dreimal durch die Zielarena. Jacqueline Lölling ließ sich dieses Mal gerne ablenken.