Istanbul. . Er spielte für den BSV Menden, die SG Wattenscheid 09, Westfalia Herne, Borussia Dröschede und den BV Cloppenburg, nun ist Edin Terzic Co-Trainer beim türkischen Spitzenverein Besiktas Istanbul. Beeindruckend ist für ihn vor allem die Leidenschaft der Fans.

„Keine Frage, hier lässt es sich aushalten.“ Edin Terzic grinst als er das sagt. Der gebürtige Mendener weiß, dass das Schicksal es gut mit ihm gemeint hat. Gelassen schlendert er an diesem warmen September-Nachmittag durch Atasehir, einen ultramodernen Stadtteil der 15-Millionen-Einwohner-Metropole Istanbul. „Klein-Dubai“, nennen sie hier das Viertel, in dem der 30-Jährige seit einigen Wochen wohnt. Seit er Co-Trainer bei Besiktas Istanbul ist und somit Assistent von Slaven Bilic, dem Startrainer aus Kroatien. Und schnell wird klar: Terzic genießt sein neues Leben. Oder wie er es sagt: „Ich lebe meinen Traum.“

Den Wechsel noch keine Minute bereut

Häufig sind solche Momente der Entspannung allerdings nicht. Ein Spiel jagt das andere, dazwischen sind Trainingsplatz und -gelände von Besiktas sein Zuhause. „Ich habe meine Entscheidung aber trotzdem noch keine Sekunde bereut“, stellt Terzic klar. „Ich beschäftige mich vom Aufstehen bis zum Schlafengehen mit Fußball. So wie ich es immer wollte.“

Viel Zeit für sein Privatleben hatte Terzic zuletzt wenig, auch für Besichtigungen blieben nur wenige Stunden. Erst jetzt, Mitte September, beginnt er, seine neue Heimat so richtig zu erkunden. Hagia Sophia, Galatabrücke und natürlich den Taksim-Platz. Heute ist rund um den Taksim alles ruhig. Vereinzelt sind noch Graffiti zu sehen, hier und da weht ein Flugzettel über den Platz, ansonsten erinnert nicht mehr viel an die Unruhen vor einigen Monaten. Zehntausende protestierten damals gegen die Regierung Recep Erdogans. Nacht für Nacht kam es zu schweren Krawallen. „Mitbekommen habe ich davon nichts mehr“, sagt Terzic. Gehört hat er freilich viel davon. Auch heute wird noch viel darüber gesprochen. Gerade im Umfeld von Besiktas, dessen Ultras bei den Protesten in vorderster Front mitmischten. Dessen Fans - die als die lautesten der Welt gelten - sich immer einsetzten für Verfolgte und Minderheiten.

Grenzenlose Euphorie

Auch deswegen ist der älteste Klub der Türkei so beliebt. Zwar wird das legendäre Inönü-Stadion derzeit umgebaut, doch auch zu den Spielen im „Asyl“ im Olympiastadion, strömen die Zuschauer in Massen. „Obwohl, Zuschauer gibt es hier gar nicht“, sagt Terzic. „Hier gibt es nur Fans.“ Und er weiß wovon er spricht: Unlängst wurde der Mannschafts-Bus auf der Autobahn von begeisterten Anhängern angehalten, die schließlich sogar auf den Wagen kletterten. Besiktas führt die türkische Liga an. Die Euphorie kennt keine Grenzen.

So beeindruckt Terzic von all’ diesen Umständen ist - den Bezug zur Realität verliert der junge Mann, der einst für den BSV Menden, Westfalia Herne, Wattenscheid 09, BV Cloppenburg und Borussia Dröschede spielte, deswegen nicht. „Am Ende der Saison wird niemand mehr danach fragen, wie viele Leute nach dem dritten Spieltag auf unseren Bus geklettert sind“, weiß er. Unzählige Trainer hat der Verein in den letzten Jahren verschlissen. Eine Jobgarantie gibt es nicht. Auch für Bilic nicht, den Terzic als „sehr intelligent und höflich“, beschreibt. Als „echten Fachmann und Experten.“

Dass diese Wertschätzung auf Gegenseitigkeit beruht, zeigt, dass Bilic alle Hebel in Bewegung setzte, um Terzic bei Borussia Dortmund loszueisen, wo der Deutsch-Kroate ab dem Sommer die U16 trainieren sollte. Bilic allerdings blieb hartnäckig und schließlich erteilte Dortmunds Manager Michael Zorc Terzic die Freigabe für diese Herausforderung.

Zielstrebig auf der Karriereleiter

Für Terzic ist Istanbul die nächste Station auf der Karriereleiter, die er bislang so zielstrebig hinaufkletterte. Schule und Abitur in Menden, dann das Sportstudium in Bochum, später die Trainer-A-Lizenz. Erste Unterrichtsstunden an Schulen, dann der Job als Co-Trainer in der Jugend- und als Scout in der Profiabteilung des BVB. Nun ist er im Profifußball angekommen. Bei einem Klub, der sogar um die Meisterschaft spielen kann? Terzic hört solche Fragen nicht gerne. „Was soll ich mir darüber Gedanken machen?“, sagt er. „Beeinflussen kann ich doch ohnehin nur die Leistung am kommenden Sonntag.“

Dann übrigens kommt es zu einem besonderen Treffen. Besiktas gastiert bei Bursaspor. Bei dem Klub, dessen Trainer Christoph Daum und dessen Co-Trainer Irfan Buz ist. Jener Irfan Buz, der in der sauerländer Fußballszene bekannt ist wie ein bunter Hund und der in dieser Saison eigentlich den Westfalenligisten FC Iserlohn trainieren sollte. Der dann aber ebenso dem Ruf Daums folgte, wie Terzic, dessen Spielerpass noch immer in Dröschede liegt, dem von Slaven Bilic. Und so treffen sich die beiden nun also nicht vor einer Handvoll Zuschauer beim Freundschaftskick in Iserlohn - sondern im ausverkauften Stadion von Bursa.

„Anders“, betont Terzic, „sind allerdings nur die äußeren Bedingungen. Wir sind ja immer noch die gleichen Menschen.“ Zwei Menschen, die in der Türkei ihren Traum leben.