Menden/Pitztal. 105 Kilometer will Juliane Ilgert im Pitztal zurücklegen. Doch die fehlende Wettkampfpraxis macht sich bemerkbar.

5300 Höhenmeter, 105 Kilometer Streckenlänge, hochsommerliche Temperaturen und über allem schwebt das Thema Corona. Für Trailrunnerin Juliana Ilgert (MC Menden) ging ein denkwürdiger Wettkampf im österreichischen Pitztal zu Ende.

„Das war ein interessantes Erlebnis, aber ich brauche das kein zweites Mal“, bilanziert die 29-Jährige nach der Wettkampfpremiere unter Coronabedingungen. „Ich bin ja froh, dass der Wettkampf ausgetragen wurde, aber ich habe mich schon sehr schwer getan“, fasst Ilgert ihre Erlebnisse in Österreich zusammen. Durch die Corona-Pandemie ist die Trainingsroutine der MCM-Athletin ins wanken geraten. „Wir haben in der Kanzlei seit Monaten Home Office gemacht. Normalerweise bin ich jeden Morgen mit dem Rad zur Arbeit gefahren oder bin gelaufen. Dieses Training fiel in den vergangenen Monaten weg“, schildert die in München lebende Juliane Ilgert.

750 Teilnehmer starten


So ging es ins Pitztal zum ersten Wettkampf des Jahres. „Als ich die Ausschreibung gesehen habe, war mein erster Gedanke: Cool, dass es endlich losgeht. Ich habe mich darauf gefreut“, sagt die Wahl-Münchenerin über den ersten Trailrun während der Corona-Pandemie. Mehr als 750 Teilnehmer gingen auf die Strecke.

Als eine von nur zwei Frauen entschied sich Juliane Ilgert für die Königsdisziplin: 105 Kilometer. Gemeinsam mit der österreichischen Regierung hat der Veranstalter ein Konzept erarbeitet, dass sowohl Helfern, als auch Teilnehmern einen sicheren Lauf ermöglicht. „Es war schon etwas komisch. Sonst sieht man viele bekannte Gesichter, umarmt sich, redet miteinander. Dieses Mal war es schon fast gespenstisch. Niemand war dort, man holte seine Startunterlagen ab und verschwand wieder. Das Race-Briefing fand online statt“, schildert die MCM-Athletin ihre Eindrücke. Am Start waren Punkte am Boden markiert, um sicherzustellen, dass der Abstand stimmte.

Maske und Markierungen am Start

Maskenpflicht am Start: Juliane Ilgert.
Maskenpflicht am Start: Juliane Ilgert. © Unbekannt | Reiter


„Beim Start mussten wir dann eine Maske tragen und konnten sie erst abnehmen, als sich das Teilnehmerfeld auseinandergezogen hatte“, erklärt Ilgert. Der Start des Rennens fiel abends, der erste Teil des Trailruns wurde in der Nacht absolviert. „Das war wirklich beeindruckend. Als das Mondlicht auf die Gletscher schien und der Sternenhimmel über dem Hochgebirge funkelte, das war richtig klasse“, ist die Läuferin immer noch fasziniert von den Bildern, die sich ihr boten. „Entsprechend lief die erste Hälfte des Rennens auch echt gut“, sagt Ilgert. Doch mit der aufgehenden Sonne und der damit einhergehenden Hitze machte sich das unregelmäßige Training bemerkbar. „Ich war einfach wie niedergemetzelt. Die Hitze hat mich echt umgehauen“, schildert die Rechtsanwältin ihre Gefühlslage.

Mühselige Verpflegung

Und durch die Coronabedingungen wurde auch das Krafttanken schwierig. „Normalerweise habe ich einen sehr robusten Magen und stopfe mich an den Versorgungsständen mit allem voll, was mir in die Hände fällt. Bei diesen Wettkämpfen gibt es kulinarisch einiges, von Keksen bis Pizza ist alles dabei. Aber durch die Coronabedingungen war es schwierig. Wir mussten an den Versorgungsständen die Maske aufsetzen und den Helfern sagen, was wir haben wollten. Mit einer Zange haben sie dann alles einzeln in eine Schale gelegt und übergeben. as hat so lange gedauert, dass ich irgendwann keine Lust mehr darauf hatte. Mein Ziel war es eigentlich, das Rennen zu gewinnen, aber die Stände haben viel Zeit gekostet“, sagt Juliane Ilgert.


Doch die Hitze und die weiteren Erfahrungen ließen bei ihr Gedanken aufkommen, ob sie nicht besser aufgeben sollte. „Zum Glück kamen dann zwei Freunde von mir, die mich unterstützt und durch das Rennen getrieben haben. Sie waren meine Support-Zange. Da habe ich mir gesagt, dass ich jetzt nicht aufgeben kann, wo die beiden doch extra gekommen waren, um mich zu unterstützen“, wurde bei der 29-Jährigen der Ehrgeiz geweckt, als ihre Freunde auftauchten.

Mit der Unterstützung schaffte sie es ins Ziel, wenn auch anders als zunächst geplant. „Ich bin dann nur die 90 Kilometer-Variante gelaufen. Die Läufer hatten kurz vor dem Ziel noch einmal die Möglichkeit, eine weitere Schleife zu laufen, um auf die längere Distanz zu kommen, aber darauf habe ich dann verzichtet“, betont Ilgert.

Keine weiteren Wettkämpfe geplant

In den nächsten Monaten sind keine weiteren Wettkämpfe der Athletin geplant. „Einige Veranstaltungen sollen zwar stattfinden, aber ich habe jetzt einmal die Erfahrung mit dem Lauf unter Coronabedingungen gesammelt, ich brauche das jetzt nicht nochmal. Ich werde mit Freunden Touren in den Bergen unternehmen, aber nicht unter Wettkampfbedingungen“, verrät die 29-Jährige. Ohne Wettkampfdruck lässt sich das Bergpanorama noch viel besser genießen.