Schwitten. Aus einem Facebookaufruf ist inzwischen ein 19 Spieler umfassender Kader geworden. Wer bei den Pfundskerlen mitspielen kann.
Montagabend auf dem Sportplatz am Schwittener Turnerweg. Das Flutlicht wirft seinen gleißenden Schein weit über den Kunstrasen hinweg und signalisiert bereits den Autofahrern auf der B7, dass hier etwas los ist. Doch an diesem Abend sind es nicht die Jugend- oder Seniorenmannschaften von Grün-Weiß Menden, die sich dort vorbereiten, sondern eine im Stadtgebiet einmalige Mannschaft - die Pfundskerle.
„Du hast ein paar Kilos zuviel? Du möchtest Fußball spielen? Du hast Montagabend sonst nichts vor?“ - Als Ende November dieser Aufruf in den sozialen Netzwerken die Runde machte, konnten die Initiatoren nicht ahnen, was sie damit lostreten würden. „Die Jungs haben die Idee an uns herangetragen. Wir haben gesagt: Okay, das können wir versuchen. Wenn ihr es schafft, dass im Winter drei Leute kommen und im Sommer vielleicht sechs, dann können wir darüber reden, die Mannschaft aufzubauen“, erinnert sich Patrick Ramolla, Geschäftsführer von Grün-Weiß Menden, an die erste Kontaktaufnahme.
Vom Zulauf überrascht
Hendrik Bensiek startete den Aufruf in den sozialen Netzwerken. „Freitags hat er den Post geschrieben und sonntags hatten wir plötzlich drei, vier, fünf Anmeldungen und die Zahlen haben sich immer weiter potenziert“, erklärt Nils Kalthoff, der die Mannschaft inzwischen betreut, nachdem Hendrik Bensiek aus gesundheitlichen Gründen aussteigen musste.
„Ich bin so ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde zu der Aufgabe gekommen. Seitdem haben wir ordentlich Schwung drauf gekriegt“, erklärt der Schwittener. Am Montag waren es 19 Spieler, die sich der Mannschaft angeschlossen haben. „Zehn bis zwölf sind immer beim Training. Das ganze nimmt Ausmaße an, dass wir nun darüber nachdenken, eine eigene Liga zu gründen“, verrät Kalthoff.
Kontakte zu anderen Mannschaften geknüpft
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Im Ruhrgebiet gibt es bereits einige Mannschaften für übergewichtige Spieler mit denen die Grün-Weißen bereits Kontakte geknüpft haben. Seit Januar trainieren die Pfundskerle, wie sie sich selbst nennen, einmal wöchentlich in Schwitten. „Der Name ist bewusst doppeldeutig gewählt. Pfundskerle kann ja einmal auf das Gewicht bezogen sein und einmal auf den Charakter. Wir haben Bock zusammen zu spielen und da muss es auch passen. Das ist uns ganz wichtig“, sagt Nils Kalthoff. Beides muss stimmen. „Es kommt nicht nur auf das Gewicht an, sondern auch menschlich soll die Mannschaft gut zusammenpassen. Wir sind alle schwere Kicker, die Lust darauf haben, gemeinsam unter Gleichgesinnten zu spielen“, betont der Betreuer, der einst als Handballer spielte, nun aber die Fußballer betreut.
Gegründet wurde die Mannschaft für Spieler, die als übergewichtig gelten. Ausschlaggebend ist dabei der Body Mass Index (BMI), der aus Größe und Gewicht zusammengesetzt wird. „Der BMI ist für mich erstmals ausschlaggebend. Da ist definiert, wann jemand als übergewichtig gilt. Nach dem Gewicht zu gehen, wäre Blödsinn. Denn einer der 100 Kilo wiegt und zwei Meter groß ist, ist was anderes als jemand, der 100 Kilo wiegt und 1,60 Meter groß ist. Das sind ja ganz andere Voraussetzungen“, weiß Kalthoff. Ab einem BMI von 28 können die Spieler mitmachen.
Liga-Betrieb mit Freundschaftsspielen
„Wir sind nicht in einem Verband organisiert. Unsere Spiele finden auf freundschaftlicher Basis statt, weil Fußball für Übergewichtige in den Vereinen noch keine große Rolle spielt. Wir hoffen natürlich, dass wir irgendwann mal organisierte Strukturen haben und es eine offizielle Lösung gibt. Jetzt treffen wir uns mit fünf, sechs anderen Mannschaften zu Hin- und Rückspiel“, sagt der Betreuer der Pfundskerle. Ein erstes Testspiel findet am kommenden Montag gegen die Schweren Schwerter statt.
Gespielt wird auf dem Halbfeld mit sieben Feldspielern plus Torwart. Beim Training wird auf die Befindlichkeiten jedes einzelnen Rücksicht genommen. „Jeder macht sich in seinem Tempo warm und macht auch die Übungen mit, so gut es bei ihm geht“, sagt Nils Kalthoff.
Spielen unter Gleichgesinnten
Die Idee mag auf den ersten Blick etwas amüsant klingen, hat aber durchaus einen ernsten Hintergrund. „In den normalen Mannschaften haben es Spieler mit Übergewicht schwer mitzuhalten oder schämen sich für ihr Gewicht. Dennoch möchten sie spielen. Hier können sie unter Gleichgesinnten spielen und tun gleichzeitig noch etwas für ihre Gesundheit, kommen in Bewegung“, sieht Nils Kalthoff viele Vorteile. Dass die Grün-Weißen damit einen Nerv getroffen haben, zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Trainingsgruppe, die mit Bösperdern, Schwittenern, Mendenern, Lendringsern Spieler aus dem ganzen Stadtgebiet anzieht.
Und was ist, wenn ein Spieler einmal zu leicht wird? „Kein Problem, der darf trotzdem weiter mitspielen. Pro Mannschaft sind zwei Drathis erlaubt - das sind Spieler deren BMI geringer ist“, betont Kalthoff. Mehr sollen nicht mitspielen, damit die Chancengleichheit gewahrt wird. Während der Spiele sind fliegende Wechsel erlaubt, damit jeder Spieler seine Verschnaufpausen bekommt.