Menden. Chrissa Koutsochristou hat Mendener Sportgeschichte geschrieben. Mit diesen Gefühlen blickt sie auf ihren Vize-Titel bei der U19-WM im Boxen.

Für eine Sternstunde im Mendener Sport hat erneut die 17-jährige Chrisovalantou „Chrissa“ Koutsochristou gesorgt. Bei der U19-Weltmeisterschaft im Boxen holte sich die junge Sportlerin, die beim SV Menden groß geworden ist und trainiert, die Silbermedaille. Mit diesem Erfolg hat sie Mendener Sportgeschichte geschrieben. Im Gespräch mit der WP-Sportredaktion blickt die frischgebackene Vize-Weltmeisterin auf ihr Turnier im spanischen La Nucia und den Weg dorthin zurück.

Frau Koutsochristou, Sie sind bei der U19-Weltmeisterschaft im Bantam-Gewicht Zweite geworden. Wie fühlt sich das an und haben Sie das schon realisiert?

„Chrissa“ Koutsochristou: Ich kann dieses Gefühl nicht wirklich in Worte fassen. Ich bin sehr glücklich, dass mein Traum von einer WM-Medaille in Erfüllung gegangen ist. Klar, ist es nicht der erste Platz geworden. Aber dieser zweite Platz war für mich persönlich meine beste Leistung gewesen. Ich bin froh darüber, dass ich es bis ins Finale geschafft habe. Ich glaube aber schon, dass ich noch etwas Zeit brauche, um das ganze richtig zu verarbeiten und zu realisieren. Ich bin ja erst seit ein paar Tagen wieder in Menden. Noch fühlt sich das absolut surreal an.

Wenn wir etwas über den Vorlauf sprechen. Wann hat für Sie die WM begonnen? Wie und wann haben Sie sich darauf vorbereitet?

Ich bin mit dem deutschen Nationalkader am 5. November angereist. Zunächst hatten wir eine Woche Trainingslager. Die WM an sich hat ja erst am 12. November begonnen. Insgesamt war ich bis zum 27. November in Spanien, also knapp drei Wochen. Aber eigentlich kann ich schon sagen, dass ich mich das ganze Jahr darauf vorbereitet habe. Die WM war von Anfang an mein Hauptziel in diesem Jahr. Dementsprechend habe ich das ganze Jahr darauf hingearbeitet. Besonders in den vergangenen vier Monaten haben meine Coaches und ich das Training noch einmal intensiviert. Selbst während meines Familienurlaubs in Griechenland habe ich weiter trainiert. Ich war das ganze Jahr sehr aktiv.

Chrissa Koutsochristou (hintere Reihe, 2. von rechts) ist mit dem deutschen Team mehr als drei Wochen in Spanien.
Chrissa Koutsochristou (hintere Reihe, 2. von rechts) ist mit dem deutschen Team mehr als drei Wochen in Spanien. © WP | Willi Hömberg

Wie waren während des Turniers die örtlichen Begebenheiten?

Unser Hotel lag nah am Strand. Das Wetter war sehr gut. Man konnte auch schwimmen gehen. Die Bedingungen vor Ort waren gut. Wir hatten ja auch ein Trainingscamp mit Boxerinnen und Boxern unter anderem aus Spanien, Argentinien, Dominikanische Republik, Niederlande oder den Philippinen. Dort haben wir uns den letzten Feinschliff geholt und darauf geachtet, dass mit unserem Gewicht alles klappt.

Wenn Sie beschreiben, wie liefen dann im Turnier die einzelnen Kämpfe ab? Wenn wir zunächst auf den Weg vom Achtelfinale bis zum Halbfinale eingehen...

Im Achtelfinale musste ich gegen Cyndelle Bachelet aus Frankreich boxen. Sie hatte international schon viel Erfahrung. Ich war schon etwas aufgeregt, weil ich nicht direkt rausfliegen wollte. Den Kampf habe ich aber deutlich mit 5:0-Punkten gewonnen. Im Viertelfinale kam dann die Usbekin Mukhlisa Khushvaktova. Sie war wirklich sehr stark und hat sehr dreckig geboxt. Trotzdem habe ich letztlich mit 4:1 gewonnen. Interessanterweise habe ich sowohl im ersten als auch im zweiten Kampf eine Kontaktlinse verloren. Das war eine große Umstellung für mich, aber es ja alles geklappt. Im Halbfinale bin ich dann auf Kamonchanok Chupradit aus Thailand getroffen. Dort habe ich durch einen technischen K.o. in der dritten Runde gewonnen. Somit war ich im Finale.

Wie haben Sie sich gefühlt, als feststand, dass Sie im Finale sind?

Ich konnte es erst gar nicht glauben. Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Ich war auch zwischen dem Halbfinale und dem Finale sehr nervös. Zudem musste ich sehr auf das Gewicht achten. Denn ich war zwischendurch zwei Kilogramm über den erlaubten 54 Kilogramm in der Bantam-Klasse. Das beschäftigte mich tatsächlich bis kurz vor dem Finale. Da hatte ich Stress.

Wie haben Sie dann den Final-Kampf erlebt?

Ich war sehr aufgeregt, denn natürlich wollte ich die Goldmedaille mit nach Hause bringen. Wir hatten ein paar Stunden vor dem Kampf sogar ein Face-to-Face wie bei den Profisportlern. Da habe ich meine Gegnerin Elina Bazarova aus Kasachstan das erste Mal so richtig gesehen. Ich habe im Kampf selbst alles gegeben. Gerade in der ersten Runde habe ich sehr viele Schläge auf die Leber bekommen. Da bin ich auch zweimal zu Boden gegangen. Ich kam mit den Schmerzen auch kaum klar. Ab der zweiten Runde hatte ich das Gefühl, dass ich den Kampf gedreht hatte. Leider haben die Punktrichter gegen mich gewertet, sodass ich am Ende klar mit 0:5 verloren habe. Aus meiner Sicht war es aber nicht so eindeutig,wie die Punktrichter den Kampf gewertet haben, auch wenn die Niederlage verdient war.

Im Finale muss Chrissa Koutsochristou viel einstecken. Trotzdem steigert sie sich in Runde zwei und drei.
Im Finale muss Chrissa Koutsochristou viel einstecken. Trotzdem steigert sie sich in Runde zwei und drei. © Screenshot/Youtube | screenshot/youtube

Was bedeutet Ihnen diese Silbermedaille?

Es ist die Belohnung für die harte Arbeit und all den Schweiß der in der vergangenen Wochen und Monaten geflossen ist. Die Medaille ist aber auch für alle Menschen, die mit mir diesen Weg gegangen sind.

Sprechen wir über das Gewicht. Sie sind ja zuvor in der Klasse bis 60 Kilogramm gestartet. Bei der WM sind sie in der Bantam-Klasse bis 54 Kilogramm angetreten. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Ich habe in diesem Jahr gemerkt, dass die Klasse bis 60 Kilogramm nicht so ganz meine Welt ist. Ich habe mich dort nie so richtig wohlgefühlt. Gemeinsam mit meinen Trainern und Ärzten haben wir dann beschlossen in die Bantam-Klasse zu gehen. Trotzdem muss ich sagen, dass das sehr hart für mich war. Ich hatte auch nicht viel Zeit dafür. Ich musste meine Ernährung umstellen und habe auch weniger gegessen. Durch meinen Willen habe ich es aber geschafft.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus dieser WM? Was läuft bereits sehr gut und woran wollen Sie noch arbeiten?

Vor allem mental hat sich bei mir einiges verändert. Ich bin viel selbstbewusster in das Turnier hineingegangen. Rein boxerisch habe ich mich in der neuen Gewichtsklasse viel wohler gefühlt – vor allem was die physische Komponente angeht. Ich konnte so technisch und taktisch mehr Dinge umsetzen, die ich mir vorgenommen hatte. Ich war definitiv viel fokussierter und konzentrierter und konnte so besser meine Anspannung in den Griff bekommen. Trotzdem kann ich mich definitiv in allen Bereichen noch steigern. Die Sache mit dem Gewicht muss ich früher regeln.