Menden. Wegen Corona fällt der Sauerlandcup der SG Menden Sauerland aus. Turniervater Jörg von Estorff spricht über das Jugendhandball-Event.

Dreißig Jahre lang schlug das Herz Mendens am ersten Wochenende im Januar immer in einem Rhythmus - Handball. Mehr als 80 Mannschaften der männlichen und weiblichen A- und B-Jugend zog es zu Jahresbeginn in die Hönnestadt um beim Sauerlandcup der SG Menden Sauerland ihre Besten zu suchen. Menden wurde zu Beginn eines Jahres immer zum Mittelpunkt des deutschen Nachwuchshandballs.

"Wer beim Sauerlandcup vorne war, der spielte auch später bei der Deutschen Meisterschaft eine sehr gute Rolle", weiß Jörg von Estorff, einer der drei Turnierväter, um die sportliche Wertstellung des Traditionsturnieres. Doch diese Erfolgsstory fand in diesem Jahr eine jähe Pause durch das Coronavirus.

Sauerlandcup: Hoffnung auf Fortsetzung

"Es ist natürlich schade, dass das Turnier in diesem Jahr ausfallen muss. Das Turnier hat den Handballern so viel gegeben. Aber es gibt nun mal wichtigeres als den Handball. Und das ist die Gesundheit. Die hat nun einmal Vorrang", hat Jörg von Estorff Verständnis dafür, dass das Turnier in diesem Jahr eine Pause macht. Jörg von Estorff hofft aber, wie viele Handballfreunde, auf eine Fortsetzung des Turniers. "Ich bin davon überzeugt, dass die heute Verantwortlichen des Vereines wie zum Beispiel Andre Julius und Raimund Giacuzzo dafür sorgen werden, dass es mit dem Sauerlandcup weitergeht", sagt der Leiter einer Grundschule.

"Irgendwie ist es ja auch eine Verpflichtung gegenüber allen Handballern. Denn denen wollten wir mit diesen Turnier etwas geben", so von Estorff. Das Hönnestädter Handball-Urgestein denkt da aber auch an die leider schon verstorbenen Dieter Kamp und Peter Blankenhagen, die mit ihm das Turnier ins Leben riefen.

Im Januar 2020 bei der bislang letzten Ausgabe des Turnieres wurden die drei Turnierväter vor der Siegerehrung noch mit einem emotionalen Film geehrt. Damals ahnte noch niemand, dass nur kurze Zeit später Corona den Sport in die Knie zwingen würde. "Leute wie Dieter Kamp und Peter Blankenhagen sind eigentlich nicht zu ersetzen. Allein wegen dieser beiden darf das Turnier nicht enden", sagt Jörg von Estorff.

Eine Quelle von Talenten

Dass der Sauerlandcup im Laufe der Jahre stets eine nicht versiegende Quelle von Talenten war, zeigt ein Blick auf die Liste von Nationalspielern oder Bundesligaspielern, die alle mal beim Sauerlandcup gespielt haben. Angefangen von Handballgrößen wie Anna Loerper, Nadja Nadgornaja, Isabell Roch bis hin zu Spielern wie den Magdeburger Bennet Wiegert oder Christoph Theuerkauf. Ganz zu schweigen von aktuellen Größen der DHB-Auswahl wie Julius Kühn, Jannik Kohlbacher, Paul Drux, Fabian Böhm, Timo Kastening, Philipp Weber. Einige werden jetzt bei der Weltmeisterschaft in Ägypten im Einsatz sein.

Handball-Legende Heiner Brandt sagte einmal vom Sauerlandcup, dass dort die besten spielen würden. Erinnerungen, die nicht nur Jörg von Estorff wehmütig werden lassen. "Ein Jahr hatten wir sogar alle vier Deutschen Meister der weiblichen A- und B-Jugend beim Sauerlandcup", erinnert sich Jörg von Estorff daran, dass die Teilnahme für die großen Vereine wie Bayer Leverkusen, VfL Gummersbach, SC Magdeburg, VfL Potsdam, SC DHfK Leipzig schon eine gewisse Selbstverständlichkeit war. Das Turnier wurde von den Top-Nachwuchsteams stets dazu genutzt, zu testen, wie man im Vergleich zur Konkurrenz um die Deutsche Meisterschaft aufgestellt ist.

Jedes Jahr war besonders

Der Sauerlandcup war stets ein großer Werbeträger für die Hönnestadt und festigte den Ruf als Handball-Stadt. Wenn Jörg von Estorff auf die drei Jahrzehnte Turniergeschichte zurückblickt, fällt es dem Pädagogen schon schwer, besondere Jahre herauszuheben. "Eigentlich war jedes Jahr etwas besonderes" so von Estorff. Der Lehrer erinnert sich gerne an die Zeiten zu Beginn der 90er-Jahre nach der Wiedervereinigung.

"Der Sauerlandcup hat einiges für die Wiedervereinigung getan", erinnert sich Jörg von Estorff daran, dass vor allem in den ersten Turnierjahren Klubs aus dem Gebiet der ehemaligen DDR wie der SC Magdeburg, HC Leipzig, VfL Potsdam oder Vorwärts Frankfurt/Oder dem Turnier ihren Stempel aufgedrückt haben.

Westen lernte von einstigen Ost-Teams

Der Handball im Westen konnte vieles von den einstigen Ost-Teams lernen. Jörg von Estorff sind auch die Erinnerungen und Kontakte mit vielen Handball-Größen in Erinnerung geblieben. So die an Robert Schumann, einen der größten Protagonisten im deutschen Damen-Handball. "Robert Schumann war damals Trainer beim VfB Oldenburg und Co-Trainer der Nationalmannschaft. Er war richtig glücklich, als er den Sauerlandcup gewann", erinnert sich Jörg von Estorff.

Ein weiteres außergewöhnliches Ereignis war im Jahr 2008 der Besuch der Handballerinnen und Handballer aus dem japanischen Iwate. "Die sind einmal um die Welt geflogen für den Sauerlandcup", ist von Estorff der Besuch der Ballwerfer aus dem Land der aufgehenden Sonne in bester Erinnerung.

Sauerlandcup lebt von Liebe zum Handball

Auf die Frage, ob der Sauerlandcup auch eine finanzielle Bedeutung hat, schüttelt Jörg von Estorff nur den Kopf. "Du kannst ein solches Turnier nicht wegen finanzieller Dinge veranstalten. Der Sauerlandcup lebt von seiner Liebe zum Handball", sagt Jörg von Estorff. Nicht nur er hofft, dass es nächstes Jahr wieder heißt: das Herz des Jugendhandballs schlägt beim Sauerlandcup der SG Menden Sauerland in Menden.