Menden. Seinen Augen entgeht nichts: Dr. Peter Brall ist Ringarzt beim Boxabend des SV Menden. Er verrät, warum man Boxer vor sich selbst schützen muss.

Ohne ihn läuft nichts, wenn am Samstag die Boxer des SV Menden und des Königlichen Boxrings Eupen ins Seilgeviert steigen. Dr. Peter Brall ist Ringarzt beim Kampfabend in der Schwittener Mehrzweckhalle. Im Gespräch mit der WESTFALENPOST verrät der Mendener Mediziner, welche Aufgaben er hat und warum Blut kein Grund zur Panik ist.


Peter Brall, woher stammt ihre Faszination fürs Boxen?

Peter Brall: Ach, das war reiner Zufall. Ich war Mannschaftsarzt bei den Handballern des TV Schwitten und habe nebenbei noch in Schwitten Badminton gespielt. Während eines Trainings kamen die Verantwortlichen der Boxabteilung des SV Menden vorbei. Sie haben einen Lagerplatz für ihren Ring gesucht, da bot sich damals die Halle in Schwitten an. Wir sind ein bisschen ins Gespräch gekommen und am Ende sagte ich scherzhaft: ‘Wenn ihr mal einen Ringarzt braucht, sagt Bescheid. Ich mache das.’ Als die Boxabende losgingen haben sie mich wirklich angesprochen und ich habe es gerne gemacht.

Dr. Peter Brall (links, hier mit Corinna Fedh-Seebaldt).
Dr. Peter Brall (links, hier mit Corinna Fedh-Seebaldt). © Thekla Hanke

Wie lief Ihre erste Begegnung mit den Boxern am Kampfabend ab?
Als ich in die Halle kam, hat Trainer Willi Hömberg mir ein Heft in die Hand gedrückt mit dem Titel „Der Ringarzt“. Da stand alles wichtige drin, was ich wissen musste. Es gibt für Ärzte viele Regeln und Auflagen an einem solchen Kampfabend. Vor zwei Jahren habe ich dann eine Ringarzt-Lizenz gemacht und darf jetzt bis zur Olympia-Qualifikation als Arzt am Ring tätig sein.

Welche Aufgaben kommen auf Sie am Samstagabend zu?
Zunächst einmal muss ich die Fitness der Kämpfer beurteilen und schauen, ob sie überhaupt antreten dürfen.

Dazu kontrolliere ich die Einträge in den Boxpässen. Jeder Boxer muss sich einmal pro Jahr untersuchen lassen, liegt diese Untersuchung nicht vor, darf er unter gar keinen Umständen in den Ring steigen. Ansonsten kontrolliere ich einmal alle Boxer von oben bis unten. Getestet werden muss auch, ob Handicaps vorliegen. Dabei ist nicht jedes Handicap ein Ausschlusskriterium im Boxsport. Mit Kontaktlinsen oder Asthma beispielsweise darf der Kämpfer in den Ring steigen.

Was müssen Sie am Ring beachten?

Am Ring bin ich für den Ablauf verantwortlich. Ich muss während der Kämpfe am Ring sitzen und beide Kämpfer beobachten. Dabei darf ich nicht eine Sekunde verpassen. Wenn ich auf Toilette gehen müsste, müsste der Kampf unterbrochen werden, bis ich wieder da bin. Dabei kommuniziere ich auch immer mit dem Ringrichter, was meistens über Blickkontakt abläuft.

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Wenn ich den Eindruck habe, dass ein Kämpfer nicht weiterboxen kann, dann darf ich den Kampf auch abbrechen. Ansonsten achte ich natürlich auf Verletzungen. Blut ist dabei nicht unbedingt ein Hindernis. Es gibt verschiedene Cuts im Gesicht, die gefährlich werden können. Oft sehen das die Boxer nicht ein, weil sie derart unter Adrenalin stehen, dass ihnen die Tragweite der Verletzung nicht bewusst wird. Es gibt Cuts an Stellen, an denen Nervenbahnen verlaufen.

Wenn die geschädigt werden, kann es zur Lähmung führen. Deshalb ist da große Vorsicht geboten. Boxer sind während des Kampfes selbst nicht in der Lage sowas zu erkennen und darauf zu reagieren. Dafür ist der Ringarzt zuständig.

Was passiert nach den Kämpfen?
Nach den Kämpfen kontrolliere ich die Boxer noch einmal in der Kabine und schaue nach, ob alles okay ist oder der Boxer Ausfälle hat und welche Maßnahmen getroffen werden müssen. Das vermerke ich alles im Boxpass. Zur Not kann ich auch eine Sperre verhängen. Ist ein Boxer nach einem Ko zum Beispiel länger als drei Sekunden bewusstlos, muss eine Sperre verhängt werden. Dabei geht der Verband recht großzügig vor und sperrt lieber einmal zu viel als zu wenig.

Gab es bereits schwere Verletzungen in Ihrer Zeit als Ringarzt?

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Nein, das kommt eigentlich recht selten vor, weil die Boxer ja wissen, wie sie sich schützen müssen, um sich nicht zu verletzen. Wir hatten mal eine Knie-Luxation von einem Schwergewicht. Das war ein Kampf in dem sich zwei Leute gegenüberstanden, die noch nicht lange geboxt haben. Das sah man denen auch an und so kam es zu der Verletzung.

Das Thema Gehirnerschütterungen ist aktuell sehr akut. Wie ist es um die Gefahr beim Boxen bestellt?
Die Anzahl der Kopftreffer ist so gering. Ich sage mal, dass ein Jugendspieler beim Kopfballtraining in der Fußballmannschaft deutlich gefährdeter ist. Es gibt auch nicht solche Szenen wie im amerikanischen Boxsport, wo ein Kämpfer in der 17. Runde schwer Ko geht, dafür sind die Kämpfe im Amateursport zu kurz. Solche Fälle würden der Arzt oder der Ringrichter vermeiden. Wir dürfen nicht vergessen, dass auch die Ringrichter in Deutschland sehr gut ausgebildet sind.