Bernhard Dornsiepen ist Deutscher Meister im Distanzreiten. Ihm ist das Wohl seines Pferdes wichtiger als zu gewinnen. Manch anderem aber nicht.

Eisborn. „Distanzreiten, das ist der Marathon der Reiterei“ so Bernhard Dornsiepen jun., amtierender Deutscher Meister. Mittlerweile ist er in dem Sport quasi eine Ikone. Ursprünglich ist Distanzreiten eine der ältesten Reitsportarten. Aus der Militärzeit stammend, brauchte man in früheren Jahren gute, temperamentvolle und ausdauernde Pferde, die die Soldaten über viele tausend Kilometer von A nach B bringen sollten.

Von Wien nach Budapest

Heute sieht es ganz anders aus. „Wir absolvieren Tagesstrecken zwischen 25 und 160 Kilometern. Aber es gibt auch Etappen, die über mehrere Tage gehen.“ Bekannte Mehrtageswettbewerbe sind die Ritte Wien-Budapest und der Trabweg West, der vom Elsass bis an die Nordsee führt. Der erste Distanzritt in Deutschland nach dem Krieg fand im Jahr 1969 statt. Dieser wurde im niedersächsischen Ankum ausgerichtet. Initiator dieses Wettbewerbes war Mister „Equitana“ Wolf Kröber. Ebenfalls dabei: Bernhard Dornsiepen sen.

Er war es auch, der diesen Wettbewerb in den Märkischen Kreis brachte. Genauer gesagt nach Eisborn. Sein Sohn Bernhard jun., ehemaliger Bundestrainer, stieg in die Fußstapfen oder eher Sattel seines Vaters und ging seinen ersten Ritt 1979 mit elf Jahren an. Mittlerweile, 40 Jahre nach seiner Premiere, hat der Eisborner viele Ritte absolviert und eine Menge Erfahrungen gesammelt. Er versucht immer wieder, Leute für diese Disziplin der Reiterei zu begeistern. Sein Motto lautet: „Ich möchte mit meinem Pferd in einer bestimmten Leistung und im besten Zustand das Ziel erreichen.“

Auffassung im arabischen Raum anders

„Für mich ist in erster Linie uninteressant ob ich Erster, Zweiter oder Dritter bin. In jeder Prüfung möchte ich immer ans Ziel kommen“, sagt Bernhard Dornsiepen. Ankommen heißt aber nicht gleich bestehen, denn bei der Ankunft im Ziel darf das Pferd keine Lahmheiten zeigen und der Puls des Vierbeiners muss in einer vorgegebenen Zeit wieder auf eine bestimmte Frequenz heruntergegangen sein. Sonst wird der Teilnehmer disqualifiziert.

Beim Distanzreiten wird nicht nur vom Tierschutz gesprochen – er wird auch aktiv ausgeführt. Leider wird diese Mentalität nur in Deutschland beziehungsweise in Europa geteilt. Die Teilnehmer im arabischen Raum haben eine andere Auffassung. Hauptsache Erster im Ziel: „Das kann auf keinen Fall das oberste Gebot sein. Dadurch hat der Distanzsport in den vergangenen Jahren leider einen schlechten Ruf bekommen“, ärgert sich Dornsiepen.

Im Vet-Gate werden die Vierbeiner nach einem langen Ritt auf die obligatorische Nachuntersuchung vorbereitet.
Im Vet-Gate werden die Vierbeiner nach einem langen Ritt auf die obligatorische Nachuntersuchung vorbereitet. © Wiebke Angelbeck

Hierzulande wird peinlichst auf den Tierschutz geachtet. „Geht man auf längere Strecken, werden in sogenannten Vet-Gates die Pferde genau untersucht und notfalls aus dem Wettkampf herausgenommen“, erklärt er weiter. Als Laie denkt man, vor einem großen Ritt müssten jeden Tag viele Kilometer zu Trainingszwecken absolviert werden. „Ganz falsch“, stellt Dornsiepen klar. „Das Pferd muss zwar jeden Tag geritten werden, aber wir gehen keine großen Distanzen. Ich reite viel Dressur und mach hin und wieder kleine Sprünge. Kurz vor einem großen Wettkampf gehe ich auf eine 30 Kilometerrunde.“ Um so ein Event optimal zu absolvieren, reitet Dornsiepen viel Schritt und Galopp „Das stärkt die Muskulatur beim Pferd“, erläutert er die Vorbereitung.

Rund um Eisborn herrschen optimale Bedingungen. „Hier haben wir einige Höhenmeter zu absolvieren“, so der Deutsche Meister. Bergauf reitet er im Schritt und bergab geht es im Galopp. „Das mache ich auch in den Wettkämpfen. Egal ob mich die Konkurrenz überholt. Am Ende will ich gesund über die Ziellinie kommen.“ Ein Pferd habe einen durchschnittlichen Puls von 90 bis 110 während eines Wettkampfes, so Dornsiepen. Für 160 Kilometer benötigt er zwischen zehn und elf Stunden. „Aber das hängt von der Beschaffenheit des Geländes ab“, ergänz er. Dornsiepen beginnt zu schwärmen: „Wenn wir morgens losreiten, dann siehst du, wie die Sonne aufgeht und der Nebel aus den Tälern steigt. Für mich ein gigantischen Naturschauspiel.“

So muss ein Distanz-Pferd sein

„Wenn ich ein Pferd für diese Disziplin kaufe oder züchte, muss dieses Pferd sehr cool sein. Natürlich achte ich auch auf die Abstammung. Ich bevorzuge nicht die ganz großen Pferde. Aber Arabisches Blut müssen sie mitführen. Meine Pferde haben zum Teil ein Stockmaß von ca. 1,60 Meter. Die Proportionen müssen einfach stimmen“, erklärt Dornsiepen seine Pferdewahl. Für ihn züchten die Franzosen die besten Distanzpferde. Fünfjährig werden sie angeritten und gehen dann erst mit neun Jahren bei einer Meisterschaft an den Start. „Man muss den Pferden viel Zeit geben, damit sie ordentlich wachsen können. Die Gelenke sollten stark sein und das Fundament sollte stimmen.“

Zur Person

Bernhard Dornsiepen jun. wurde am 31. Juli 1968 geboren. Er lebt derzeit in Balve-Eisborn. Von 2005 bis 2008 war er erster deutscher Bundestrainer der Distanzreiter.

Sein Vater, Bernhard Dornsiepen sen., war zudem der erste Deutsche, der beim Distanzreiten eine Medaille gewann.

Für seine Wettkämpfe setzt Dornsiepen auf keinen speziellen Sattel. Konditionell muss er topfit sein. „Dafür mache ich auch Cross-Koordinationsübungen. Das Training mit den Pferden reicht allein nicht aus“, weiß er aus eigener Erfahrung.

Wenn Dornsiepen zu Championaten oder anderen Wettkämpfen fährt, benötigt der gelernte Schmid Helfer. „Ich habe immer mindestens drei bis vier Leute dabei. Die stehen an den Vet-Gates, und versorgen das Pferd.“ Viele Tiere werden mit Wasser gekühlt, damit der Puls runter geht, um durch die Veterinärkontrolle zu kommen. „Bei meinem Pferd brauche ich das nicht. Bekele rennt sofort weiter, nur um nicht abgespritzt zu werden – eben ein Ausnahmepferd“, schwärmt er. Zurzeit sind seine Gedanken bei den EM im Britischen Euston Park Mitte August. Auch da erhofft sich der Titelsammler – gesund mit seinem Pferd über sie Ziellinie zu kommen.