Menden. . Senta Kirchhoff und l’Arbuste tänzeln auf den Spuren von Stars wie Isabell Werth. Warum ein Start bei der DM in Balve aber (noch) zu früh käme.
Sie nennt ihn „Mini“. Und „einen Schlaumeier“. Beides klingt im ersten Moment nicht sehr wertschätzend. Wer Senta Kirchhoff allerdings zuhört, wenn sie über l’Arbuste spricht, und zusieht, wie sie währenddessen versucht, ihre Arme um seinen Hals zu schlingen, der weiß: Die Wertschätzung könnte größer nicht sein. Falls Wertschätzung überhaupt das richtige Wort in dieser Beziehung ist.
„Er ist für mich das perfekte Pferd, ich bin unheimlich stolz auf ihn“, schwärmt die 32-Jährige über den neunjährigen Oldenburger und ergänzt: „Wenn man in der Dressur davon spricht, dass Reiter und Pferd eine Einheit werden sollen, dann war es genau das. Das war ein irres Gefühl.“
Ein besonderes, sehr junges Maskottchen
Seit 2015 leben und arbeiten Senta Kirchhoff und ihr zukünftiger Ehemann Henri Ruoste auf Gut Bertingloh zwischen Menden-Halingen und Iserlohn-Sümmern. 36 (Verkaufs-)Pferde bevölkern die Boxen. Kirchhoff nahm bereits mehrfach an den Weltmeisterschaften für junge Pferde teil. Zu Beginn ihrer Karriere im Reitsport ritt sie überwiegend Vielseitigkeit.
Vor gut neun Monaten wurde die 32-jährige Dressurreiterin zum ersten Mal Mutter. Ihr Sohn Niclas sei „mein Maskottchen, denn seitdem er da ist, geht es steil bergauf“, sagt Senta Kirchhoff grinsend.
In Hagen am Teutoburger Wald gewann die gebürtige Iserlohnerin, die mit ihrem finnischen Lebensgefährten Henri Ruoste das Gut Bertingloh in Menden betreibt, die erste Qualifikation dieser Saison zum Finale des Louisdor-Preises. Der Platz im Finale der Dressur-Serie für Nachwuchs-Grand-Prix-Pferde, das im Dezember in Frankfurt ausgetragen wird, ist Senta Kirchhoff damit sicher. Der Start dort könnte für die Sauerländerin ein großer Schritt auf ihrem Weg aus der so genannten zweiten Reihe in die nationale Spitze werden.
Teilweise ein Zufallsprodukt
Denn Pferde und Reiter, die einst den Louisdor-Preis gewannen und jetzt sogar international auf sich aufmerksam machen, gibt es einige. Weihegold OLD, Sammy Davis jr. oder TSF Dalera BB sind drei Beispiele, die unter den Sätteln von Isabell Werth, Dorothee Schneider und Jessica von Bredow-Werndl aktuell zum deutschen Olympiakader gehören.
Doch so weit möchte Kirchhoff noch nicht denken. „Natürlich ist es mein Traum, für die deutsche Mannschaft zu reiten. Aber ich bin ja ein Nobody und habe noch nie einem Kader angehört“, sagt sie bescheiden. Ins Blickfeld von Bundestrainerin Monica Theodorescu dürfte sie durch ihre Auftritte in Hagen jedoch ein wenig mehr gerückt sein. Denn vor den 76.814 Prozent für eine fehlerfreie Vorstellung in der Qualifikation zum Finale des Louisdor-Preises gewann Kirchhoff mit l’Arbuste bereits die Einlaufprüfung deutlich mit 73.789 Prozent.
Wagt Kirchhoff jetzt den Schritt mit l’Arbuste in den „großen“ Dressursport und startet bei einem Grand Prix oder Grand Prix Special in der schwersten Prüfungsklasse? „Vielleicht im Sommer bei einem kleineren internationalen Turnier“, antwortet sie. Die große Bühne der Deutschen Meisterschaften Mitte Juni im benachbarten Balve wird es auf gar keinen Fall werden. „Ich möchte ja nicht in ein Haifischbecken springen und gefressen werden“, sagt sie lachend und voller Respekt vor dem dortigen Teilnehmerfeld.
Dass sie und l’Arbuste überhaupt zum Erfolgsduo werden konnten, ist übrigens zwei Zufällen geschuldet. „Eigentlich wollten wir ein anderes Pferd kaufen“, erzählt Kirchhoff von der Reise nach Dänemark, auf der sie aber plötzlich den damals Vierjährigen erblickte. „Der hat mir sofort gefallen und wir haben ihn gekauft, ohne ihn auszuprobieren.“ Nach den ersten Runden war ihr sehr schnell klar: „Den mag ich.“
Profiteur einer Verletzung
Trotzdem rückte l’Arbuste erst nach einer Verletzung bei seinem zwölfjährigen Stallgenossen St. Louis in Kirchhoffs interner Rangliste auf Platz eins. „Ich dachte, St. Louis wäre mein bestes Pferd, aber Mini ist aus seinem Schatten herausgetreten“, erzählt Kirchhoff über ihren Wallach, den sie selbst ausbildete, „weswegen ich mich noch mehr über solche Erfolge wie den in Hagen freue“.
Dass sie l’Arbuste „Mini“ nennt, liegt – wen wundert’s – an der Größe des Dunkelbraunen. Dass dieser „ein Schlaumeier“ ist und manche Lektionen vorausahnt, kam seiner Reiterin, die das mag, wiederum im hausinternen Wettstreit, wer welches Pferd reiten darf, entgegen. „Während meiner Schwangerschaft hat mein Lebensgefährte ihn geritten, und Henri war schon froh, als ich ihn wieder übernommen habe“, sagt Senta Kirchhoff schmunzelnd.
Sie und l’Arbuste sind eben nicht nur im Viereck eine Einheit. Und zwar eine liebevoll verschworene, eine, die sich mehr und mehr anschickt, sich in der nationalen Spitze eine Namen zu machen.