Kreis Olpe. Auch Schiedsrichter sind im Hallenfußball extrem gefordert.

Eine dieser Szenen, wie es sie im Hallenfußball-Winter häufig eben dürfte: Der Angreifer wird gestoppt, seine Kameraden inklusive Bank, reklamieren „Grätsche“, aber der Unparteiische lässt weiterlaufen und Sekunden später fällt das Gegentor.

Reizthema Grätsche. „Die Hallenrunde läuft aus unserer Sicht nicht so großartig bisher“, beschönigte Marco Cremer, Vorsitzender des Kreisschiedsrichter-Ausschusses, nichts. Er machte in den ersten Turnieren „ein paar regeltechnische Baustellen“ aus. Die Gespräche am Wochenende haben ergeben, dass es da durchaus leicht unterschiedliche Auffassungen in gewissen Details gebe.

Seit dieser Saison gilt eine weitere kleine Regelanpassung. Grätschen gegen den ballführenden Spieler sind seit jeher verboten. Neu ist, dass du zwei Minuten geben musst, sobald der Gegner getroffen wurde. Dennoch gibt es auch hier Grenzfälle, die die Frage aufwerfen: Grätscht er jetzt, weil er den Ball blocken will und drei Meter weg ist vom Mann? Wenn er den Gegenspieler trifft, gibt es zwei Minuten Strafe. „Da habe ich keinen Ermessensspielraum“, stellte Cremer klar. „Auch wenn der Gegenspieler nur minimal, am kleinen Zeh, getroffen wird, hast du nicht die Möglichkeit, keine Zeitstrafe zu geben.“ Die Anweisung des KSA sei, die Sachen restriktiv zu ahnden. „Am besten du pfeifst anfangs eher mehr als zu wenig, dann hast du normalerweise kein Grätsch-Problem.“

Er weiß aber auch, dass bei Turnieren das Regelwerk und das Spiel konträr aufeinandertreffen können. Man möchte einerseits nicht reihenweise Spieler rausschmeißen, soll aber andererseits die Dinge konsequent ahnden. Für die nächsten Turniere, wie Finnentrop am Wochenende und das Masters eine Woche später, so Marco Cremer, werde nochmal nachjustiert werden müssen, das müsse man sich eingestehen.

Eine Diskussion entfachte diese Frage beim Stadtpokalturnier Attendorn. Da hatte Lukas Valk in letzter Minute einen entscheidenden Strafstoß gegen Türk Attendorn verhängt. Cremer: „Die Frage war: Grätscht er gegen den ballführenden Spieler oder will er einfach den Ball blocken? Für mich war der Strafstoß eine mutige, unpopuläre, aber richtige Entscheidung. Auch wenn ich die Argumente von Türk Attendorn nachvollziehen kann.“

Marco Cremer stellt sich hinter die Schiedsrichter: „Wenn du da ein paar Stunden stehst, dann übersiehst du auch einfach mal eine Grätsche, weil du vielleicht nicht mehr so konzentriert bist.“ Die Anforderungen in der Halle sind enorm, alles geht in viel kürzerer Zeit, in Bruchteilen von Sekunden, vorstatten als auf dem Feld, etliche Szenen sind aufgrund der Enge unübersichtlich. Kurzum: Es ist eine andere Welt. „Alles was du dir über die Jahre angeeignet hast auf dem Platz, gilt halt in der Halle nicht.“

Und der Stress ist angesichts der räumlichen und zeitlichen Komprimiertheit des Hallenspiels ungleich größer für die Schiedsrichter. Man denke nur an Rudelbildung. Die ist auf dem Parkett nicht nur enger, sondern es wird das Geschehen auch begleitet von vielleicht hundert Zuschauern, die ein paar Meter weiter erregt aufspringen und schreien. „Ich war beim Stadtpokal in Olpe, da ist es mir recht extrem aufgefallen. Da hätten die Zuschauer dem Schiedsrichter quasi ein Bein stellen können. Das ist eh kein so geiles Gefühl, wenn du hunderte von Zuschauern im Rücken hast.“ Oder wie Marco Cremer es mal bildhaft formierte: „Der Schiedsrichter steht in den Zuschauern.“ In Attendorn oder in der Kreissporthalle Olpe mit ihren Balustraden ist die Situation dank der Distanz entspannter.

Was aber für die Unparteiischen ebenso gilt wie für die Spieler: Der Hallenfußball fördert bestimmte Fähigkeiten zutage. Beim Kicker sind es die technischen Fertigkeiten, beim Schiedsrichter die Gabe, in „Hochstresssituationen“, wie Cremer es formulierte, zu bestehen, Zweikämpfe richtig einzuschätzen, psychische Belastbarkeit zu haben und den Überblick zu behalten. Und das in hohem Tempo: „Wenn du da zweimal zehn Minuten Finnentrop/Bamenohl gegen FC Lennestadt hast, gibt es kaum etwas Schwereres.“

Marco Cremer selbst hat die Hochkaräter oft genug gepfiffen, das Gemeindeturnier in Wenden oder das Masters. „Das ist sehr, sehr anstrengend. Dass da mal eine Grätsche durchgeht, ist okay. Das oberste Ziel ist, dass nachher keiner über den Schiedsrichter spricht. Auch wenn wir nachbessern müssen, wollen wir uns davor nicht verschließen.“

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