Attendorn. Am Saisonende ist Schluss für den Trainer des Fußball-Landesligisten. Warum er den Verein verlässt und wie es für ihn persönlich weitergeht.

Einen echten Paukenschlag vollbrachte der SV 04 Attendorn am vergangenen Sonntag. Mit einem fulminanten 4:2-Sieg gewann der Fußball-Landesligist beim Tabellenzweiten RW Erlinghausen, dessen Erfolgsserie von 15 Siegen in Folge damit riss. Bereits am heutigen Donnerstag muss der SV 04 Attendorn wieder ran. Um 19.30 Uhr geht es gegen den abstiegsbedrohten Tabellensechzehnten RW Lüdenscheid. Vor dem Spiel sprachen wir mit Attendorns Trainer Ralf Sonnenberg.

Ralf Sonnenberg, wie schlägt man so eine klasse Mannschaft wie Erlinghausen, die zuvor 15 Siege in Folge gelandet hat?

Ralf Sonnenberg: Wenn man genug Qualität in der Mannschaft hat eine geschlossene Mannschaftsleistung an den Tag bringt, ist im Fußball alles möglich.

Was macht Sie besonders stolz am Sieg in Erlinghausen?

Dass der Sieg hochverdient war. Wir hätten ja eigentlich schon zur Halbzeit 3:0 führen müssen. Alle Spieler, auch die fünf Spieler, die eingewechselt wurden, haben eine tolle Leistung geboten. Das Spiel in Erlinghausen hat gezeigt, dass wir gegen jeden Gegner in der Landesliga mithalten können.

Hatten Sie vor dem Spiel schon ein gutes Gefühl?

Ich habe mich auf das Spiel sehr gefreut, obwohl es ja fast eine kleine Weltreise ist. Wir hatten in der Woche gut trainiert und auch beim 1:1 gegen Bad Westernkotten gut gespielt. Leider haben wir da fünf Hochkaräter liegen gelassen. Das war natürlich ärgerlich. Aber mir war klar, dass wir in Erlinghausen eine Chance haben würden, wenn wir die gleiche Intensität und Galligkeit an den Tag legen.

Zeigt das 4:2 in Erlinghausen nicht auch viel über die Qualität der Landesliga insgesamt aus?

Ja, natürlich. Die Landesliga ist sehr ausgeglichen. Das habe ich schon immer gesagt. Jeder kann jeden schlagen und es gibt viele überraschende Ergebnisse. Wie zum Beispiel auch das 0:0 von RW Lüdenscheid gegen Soest. Das ist für einen Trainer zwar oft sehr nervenaufreibend, macht die Liga auch so interessant für die Zuschauer. Niemand darf sich einen Schlendrian erlauben, wenn er um den Aufstieg oder den Abstieg spielt.

Ihre Mannschaft stand viele Wochen sogar auf dem ersten Platz. Leider hat sie dann nach der Winterpause etwas abreißen lassen müssen. Aktuell sind sie Vierter. Warum kam der „kleine Einbruch“?

Das war leider schon vor der Winterpause so. Es ist uns nicht mehr so gut gelungen, die Intensität auf den Platz zu bringen. Andere Mannschaften haben uns den Schneid abgekauft. Vielleicht haben einige Spieler auch gedacht, dass es immer so gut weiter geht und im Kopf etwas zurückgezogen. Dann bist du auf einmal nur noch Fünfter. Aber das ist ein Lernprozess. Wir haben eine junge Mannschaft und bekommen das wieder hin. Das hat Erlinghausen ja schon gezeigt.

Bereits am Donnerstag geht es zu RW Lüdenscheid. Wie sehen Sie diese Aufgabe?

Das wird ein ganz anderes Spiel wie in Erlinghausen werden. Lüdenscheid wird wie beim 0:0 gegen Soest, also sehr defensiv agieren. Das 0:0 hat gezeigt, dass Lüdenscheid zu allem fähig ist. Wir müssen alles geben, um was Zählbares aus Lüdenscheid mitzubringen. Es wird aber unvergleichlich schwerer werden als gegen Erlinghausen. Die Lüdenscheider werden alles geben, denn sie spielen um ihre Existenz in der Landesliga. Außerdem ist es ein Spiel in der Woche. Die sind immer blöd, weil man bis zuletzt nicht richtig weiß, wer aus Zeit- und Verletzungsgründen ausfallen wird

Und nach Lüdenscheid geht es gleich mit zwei weiteren Krachern weiter. Am Sonntag kommt Gerlingen und dann geht es nach Soest. Beide Hinspiele wurden in der Nachspielzeit gewonnen. Wie sehr freuen Sie sich auf die Spiele?

Natürlich sehr. Die Hinspiele waren schon sehr kurios. Leider lag ich beim 3:2 in Gerlingen krank im Bett. Gerlingen wird sehr schwer. Das ist zwar kein Derby, aber ein Kreisduell. Da werden die alles versuchen, uns ein Bein zu stellen. Und über Soest brauche ich ja eigentlich kein Wort zu sagen. Das ist für mich der Überflieger der Saison. Die haben eine Top-Truppe. Aber wir haben sie im Hinspiel trotzdem 2:1 geschlagen…

Am Saisonende hören Sie nach drei Jahren beim SV 04 Attendorn auf. Warum?

Es ist ein Mix aus Familie, Beruf und Fußball. Nach reiflicher Überlegung habe ich festgestellt, dass ich nicht mehr allem gerecht werden kann. Die Familie hat immer zurückstecken müssen... Meine Frau, meine Kinder, meine Enkelkinder Lio und Henry und meine Freunde. Für all diese Dinge werde ich in Zukunft mehr Zeit haben. Deshalb habe ich frühzeitig den Verantwortlichen signalisiert, dass am Saisonende Schluss ist.

Wie viele Jahre waren Sie insgesamt aktiv?

Wenn ich alles zusammenrechne sind das 37 Jahre als Spieler, Spielertrainer und Trainer im Seniorenbereich.

Die Aufstiegsmannschaft von Rot-Weiß Lennestadt 1994.
Die Aufstiegsmannschaft von Rot-Weiß Lennestadt 1994. © Verein

Was waren die Highlights?

Unvergessen ist natürlich der Oberliga-Aufstieg mit RW Lennestadt 1993/94. Das war mein erstes Jahr bei RW Lennestadt. Aber es waren ja nicht nur die nackten Ergebnisse. Ich habe schon auf der langen Fahrt nach Erlinghausen mit unserem Physiotherapeuten Peter Brockmann philosophiert, was der Fußball einem alles gegeben hat. Es sind unzählige Freundschaften entstanden die bis heute Bestand haben. Unser legendärer Stammtisch, wo fast alle Oberliga gespielt haben. Michael Thielmann, Spiry Vormweg, Ralli Arens, Matthias Kremer, Jens Selter und Timmi Vieregge. Auch unsere Frauen bilden eine Einheit untereinander und verstehen sich prächtig. Ich möchte keine Minute meiner Karriere vermissen.

Welcher Trainer hat Sie am meisten geprägt?

Ich hatte viele sehr gute Trainer. Da waren unter anderem Jörg Rokitte, Ralf Beßler, Heribert Junge und Dieter Richard. Einen besonders hervorheben möchte ich nicht. Ich habe versucht, von allen das Positive mitzunehmen.

Wird es irgendwann eine Rückkehr auf die Trainerbank geben?

Stand jetzt: nein. Aber sollte sich meine persönliche Situation irgendwann vielleicht doch mal wieder ändern, würde ich es auch nicht vollkommen ausschließen.

Am Schluss noch einmal zurück zum SV 04 Attendorn. Was ist für das Besondere an dem Verein?

Ich wohne jetzt schon seit zwölf Jahren in Attendorn. Ich muss sagen, dass der Zusammenhalt in der heutigen Zeit einzigartig ist. Auch für mich als Trainer war es ein tolles Arbeiten. Die Verantwortliche Frank Annen und Thomas Bassitta haben mich auch in schwierigen Zeiten immer unterstützt. Das war einfach klasse.

Welche sind Ihre Ziele für den Rest der Saison?

Wir wollen in der Liga das Bestmögliche erreichen. Wir haben noch ein Highlight mit dem Pokal-Halbfinale Ende April gegen die SG Finnentrop/Bamenohl.

Wie sehen Sie den SV 04 Attendorn für die Zukunft aufgestellt?

Sehr gut. Mit Jasko Selimanjin bekommt der SV 04 Attendorn einen top Trainer. Wir haben uns vor ein paar Jahren entschlossen, den Weg mit Attendorner Jungs zu gehen. Wir haben viele gute Talente, wie zum Beispiel Lejf Kaden und Eren Ucar. Ich bin mir sicher, dass der Verein auch in der Zukunft erfolgreich sein wird.