Kreis Olpe. Ein wahrhaft ungewöhnliches Jahr liegt hinter uns. Das gilt auch für die Sportler.

Im traditionellen Jahresabschluss-Interview ließen wir den FLVW-Kreisvorsitzenden und Olper Stadtsportverbandsvorsitzenden Joachim Schlüter aus seiner Sicht das „Corona-Jahr“ 2020 Revue passieren. Nicht nur fußballerisch.

Herr Schlüter, wie froh sind Sie, dass das Jahr 2020 zu Ende ist?

Das Jahr 2020 war sicherlich für alle Mitmenschen ein besonderes Jahr mit besonderen Herausforderungen und ich hoffe natürlich, dass es 2021 wieder mehr Freiheiten gibt.

Wie sind Sie und Ihre Familie durch die bisherige Corona-Zeit gekommen?

Natürlich mit den gleichen Einschränkungen wie für alle anderen Menschen auch, aber glücklicherweise ohne Infektion.

Seit Sonntag laufen die Corona-Impfungen? Lassen Sie sich impfen?

Selbstverständlich!

Wie viele Stunden haben Sie in diesem Jahr am Telefon oder in Videokonferenzen verbracht?

Viele Debatten mussten in diesen coronabedingten Formaten ablaufen. Das erfordert schon hohe Diskussionsdisziplin und zum Teil auch eine gute Kondition. Die letzte Konferenz des Präsidiums mit den Kreisvorsitzenden dauerte fünf Stunden am Stück. Nicht vergnügungssteuerpflichtig!

Durch fehlende Versammlungen, Ehrungen und Sitzungen waren Sie doch bestimmt so viel zu Hause wie sonst nie? Da war doch für Sie zumindest ein „positiver Effekt“ von Corona…?

Ich bin ein Freund geregelter Abläufe, deswegen waren die vielen Home-Office-Tage und der Wegfall vieler abendlicher Sitzungen schon gewöhnungsbedürftig. Von daher möchte ich dem Virus grundsätzlich keine positiven Effekte zuschreiben.

Gab es für Sie auch ein positives Ereignis im Corona-Jahr 2020?

Umfassende Hygienekonzepte, Einlasskontrollen, Zuschauerbeschränkungen und geringere Einnahmen konnten die Vereine nicht davon abbringen, alles für die Ermöglichung und sicheren Durchführung ihres Sportbetriebs zu tun. Großes Engagement, sehr positiv. Darüber hinaus hatte ich schon den Eindruck, dass die Maßnahmen situationsbedingt angemessen und verhältnismäßig waren. Dass man in einer Pandemie auch Fehler macht und die rasche Abfolge von Erlassen und Verordnungen einen chaotischen Eindruck hinterlassen, ist da leider unvermeidbar.

Zum Sportlichen. Nach langer Pause und Ungewissheit ging es Anfang September dann endlich mit der neuen Saison los. Welche war für Sie die positive Überraschung in den ersten Spielen?

Sehr positiv für mich ist das gute Abschneiden der Aufsteiger SV Rothemühle in der Bezirksliga und der SG Albaum/Heinsberg in der Frauen-Landesliga.

Was hätte man Ihrer Meinung nach bei der Saisonplanung anders oder besser machen können?

Vor dem Hintergrund geringer Inzidenzzahlen im Sommer ging man davon aus, eine „normale“ Spielserie organisieren zu können. Aber auch schon damals hatte man alles getan, um satzungsfest anlassbezogen andere Möglichkeiten zur Beendigung der Spielzeit 2020/21 vorzusehen.

Seit Ende Oktober haben wir nun leider den zweiten Fußball-Lockdown im Jahr 2020. War es nicht viel zu blauäugig vom FLVW, mit XXL-Ligen – vor allem mit 21 Vereinen in der Oberliga, aber in der Kreisliga B mit 19 Klubs – an den Start zu gehen, denn eine zweite Corona-Welle war doch von vielen Experten vorhergesagt worden?

Vorhersagen sind in Pandemiezeiten schwierig zu bewerten und auch nicht immer treffsicher. Natürlich spielen in der Oberliga und in unserer Kreisliga B zu viele Mannschaften. Aber auch dies ist der Pandemie geschuldet, denn im Frühjahr hatte man ja auf Absteiger verzichtet. Nebenbei angemerkt: Dieser Abstiegsverzicht war aus satzungstechnischen und haftungsrechtlichen Gründen alternativlos.

Etwas provozierend gefragt: Welches Szenario ist wahrscheinlicher, dass die Fußball-Saison 2020/21 wie geplant mit allen Spielen beendet wird oder dass Schalke 04 den Klassenerhalt in der Bundesliga schafft?

Ich glaube, beides ist gleich unwahrscheinlich!

Von einigen Stellen – zum Beispiel von André Ruhrmann, dem Sportlichen Leiter der SG Finnentrop/Bamenohl – wird die Annullierung der Saison ins Spiel gebracht. Was halten Sie davon?

Ich halte es aus mehreren Gründen für notwendig, die jetzige Saison mit Auf- und Absteigern abzuschließen. Dazu gibt es auch jetzt eine Satzungsgrundlage. Und wenn dies mit mehr als 50 Prozent gespielter Partien gelingt, ist das auch fair. Durch die Quotientenregelung (Punkte geteilt durch Spiele, d. Red.) ist man auch nicht benachteiligt, wenn nicht alle Mannschaften die gleiche Anzahl ausgetragener Spiele aufweisen. Dass die Mannschaften aus dem unteren Tabellendrittel lieber die sichere Variante Saisonabbruch favorisieren ist aus ihrer Vereinssicht verständlich. Die Mannschaften mit Aufstiegsambitionen sehen das diametral anders.

Sie sind nicht nur Chef der OE-Fußballer, sondern durch ihre Funktion als Vorsitzender des Stadtsportverbandes Olpe auch mit den Problemen in anderen Sportarten befasst. Wie sehen Sie die Probleme bei diesen Sportarten – vor allem bei den Hallensportarten – im Vergleich zum Fußball?

Die Hallensportarten sind deutlich schwerer getroffen als die Sportler, die draußen ihren Sport ausüben können. Dort könnten sich auch die negativen Auswirkungen vor allem bei Kindern und Jugendlichen deutlicher zeigen.

Ein Blick über den Sport im Kreis Olpe hinaus. Was sagen Sie zum Chaos beim DFB und in der Nationalmannschaft nach dem 0:6 in Spanien in Besondern?

Da fällt es auch mir schwer, eine positive Sicht der Dinge beizubehalten. Man stelle sich nur mal vor bei einem unserer Vereine würden Details kontroverser Diskussionen im Vorstand, sei es über Personal oder Finanzen, über die Presse an die Mitglieder lanciert. Das funktioniert in keinem Vorstand. So auch beim DFB, nur ist hier der Kollateralschaden umso größer.

Ganz ehrlich: Von der verkorksten WM 2018 und allem, was danach kam, mal abgesehen. Wenn es eine offizielle Kreisauswahl geben würde und der Trainer hätte Sie bei einer Pressekonferenz öffentlich so kritisiert wie Joachim Löw DFB-Präsident Keller und die ganze Verbandsspitze. Was hätten Sie gemacht?

Das möchte ich mir gar nicht erst vorstellen!

Zum Schluss ein Blick nach vorne: Welche Schlagzeilen wünschen Sie sich nach der Saison im Sommer und am Jahresende 2021?

„Coronabedingte Beschränkungen des Sportbetriebs aufgehoben!“ und die „Die SG Finnentrop/Bamenohl geht gestärkt in ihre zweite Oberliga-Saison".