Wenden. Kadertrainer Egon Bröcher hatte gerufen, und viele junge Athleten folgten seinem Ruf ans Schulzentrum Wenden. Tropische Bedingungen. 34 Grad.

Für etwas Kühlung sorgten eine Beregnungsanlage sowie Schatten an der Gegengeraden und Zielkurve. Im Ziel aber meinte es der strahlende Stern am Himmel mehr als gut mit den Athleten, und so mancher Aktive strahlte ob der Leistung mit der Sonne um die Wette.

Die zahlreichen starken Leistungen waren auch Ausdruck einer großen Dankbarkeit von Trainern und Athleten. „Sie waren sehr froh, dass endlich wieder auf hohem Niveau ein Wettkampf angeboten wurde“, so Egon Bröcher, der auf zahlreiche Normerfüllungen für die U18/U20-DM Anfang September verweisen konnte.

Aus heimischer Sicht war es einmal mehr Johanna Pulte von der SG Wenden, die über 1500 Meter ihr großes Talent ausspielte und mit 4:31,71 Minuten so manche Jungs hinter sich ließ, von den Mädels ganz zu schweigen. Die weibliche Konkurrenz aus der Kaderabteilung lag weit zurück. Und doch: Immerhin unterboten drei weitere hoffnungsvolle Athletinnen aus Westfalen die DM-Norm der U18 deutlich. Allein das belegt, welch klasse Leistung Johanna Pulte nach ihrer „Explosion“ über 3000 Meter vor zwei Wochen bei brütender Hitze ablieferte.

Johanna Pulte zunächst sprachlos

Die 17-jährige Protagonistin war selbst sprachlos, aber weniger wegen der Zeit. Der Hals war trocken, sie bekam zunächst keinen Ton heraus. Doch später ging’s. „Egon meinte, ich solle mich an die Jungs halten.“ Und das tat sie dann auch. „Meine Beine wurden am Ende etwas schwer, ich habe es dann bis zum Ziel einfach laufen lassen. Die Hitze? Die hab ich gut vertragen.“

Marco Giese, SG Wenden, demonstrierte seine aufsteigende Tendenz. Nachdem sein Vereinskamerad, Pacemaker Tim Thiesbrummel, ausgestiegen war, entwickelte sich zunächst ein Dreikampf zwischen den gleichaltrigen Marco Giese und Julian Zachow vom USC Bochum, beide Jahrgang 1992, sowie dem U18-Läufer Henrik Lindstrot (Germania Horstmar). Die Entscheidung fiel im Spurt zugunsten von Marco Giese (3:58,39). Beide unterboten die immer wieder magische Grenze von vier Minuten. Die Genugtuung war dem Athleten im roten Trikot schon unmittelbar vor dem Ziel anzumerken.

„Die Zeit war besser als erwartet“, sagte Giese, der weiterhin im Aufbautraining ist, wenig Tempotrainings absolviert hat und mit Taktik und Spurt sehr zufrieden war. „Mein nächstes Ziel? Gute Frage. Im Moment findet ja die DM statt. Im Freien war ich noch nie dabei, das wäre ja mal was.“ Marco Giese, wie man ihn kennt: kämpferisch, nie aufgebend.

Kurzfristig hatten die Verantwortlichen der SG Wenden Sprintwettbewerbe ins Programm aufgenommen. Der Fokus lag auf den DM-Normen der Jugend. Und da konnte sich Jochen Meyer von der TSG Lennestadt deutlich zufriedener zeigen als Karl-Heinz Besting von der Olper Leichtathletik.

Sprintwettbewerbe im Programm

Allen voran war es Helena Tröster, die mit 12,37 Sekunden die Norm klar knackte und ihre persönliche Bestleistung um 4/10 Sekunden verbesserte. „Das ist eine stolze Zeit. Doch ob es für die DM reicht, wird sich erst später herausstellen“, erläutert ihr Trainer, „nur 28 Teilnehmerinnen werden über 100 Meter wegen der Pandemie zugelassen, und in den nächsten Wochen wird der große Ansturm auf die Norm erst anfangen.“

Auch im Weitsprung darf sich Helena Tröster vage Hoffnungen auf eine DM-Teilnahme machen. Doch noch fehlt die Norm, und die begrenzte Teilnehmerzahl von nur 14 Springerinnen ist eine hohe Hürde. Paula Simon (U20) konnte mit ihrem Einstand über 100 Meter nach langer Pause zufrieden sein. Über die 200-Meter-Distanz hat sie bereits die Norm, doch auch hier sind nur die 24 Besten der Norm zugelassen. Bei Helena hält ihr Trainer über 200 Meter eine „kleine 25er-Zeit“ für möglich. Sehr erfreut war Jochen Meyer auch über die neuen Bestzeiten von Kaethe Willmes (13,60) und Emily Maag (13,35), beide erstes Jahr U18.

Lea Wiethoff weiß zu glänzen

Licht und Schatten sah Karl-Heinz Besting bei seinem Starterfeld. Annica Deblitz, bereits vorher mit DM-Norm, wirkte übertrainiert. „Sie hat zuletzt sehr hart gearbeitet. Mitten im Lauf hat die Kraft gefehlt.“ Die letzten Testergebnisse, so Besting, deuten auf eine Zeit unter 12 Sekunden hin. Ob die 12,22 Sekunden vom Februar in Dortmund für die DM in Heilbronn reichen, müsse man abwarten.

Dagegen glänzte Lea Wiethoff vom LC Attendorn mit einer „Leistungsexplosion“ (Besting). Sie pulverisierte mit 12,95 Sekunden über 100 Meter ihre alte Bestleistung von 13,30 Sekunden. Liv Heite (13,40) und Lina Reiche (13,83) blieben unter ihren Möglichkeiten. „Bei ihnen merkt man besonders die fehlende Wettkampfpraxis.“

Von der SG Wenden zeigte sich Alexander Lind beim Kurzsprint. Mit 11,30 über 100 Meter verpasste er die Norm nur um eine Zehntelsekunde, über 200 Meter etwas deutlicher. Ob für ihn in Heilbronn die 400 Meter infrage kommen, will Egon Bröcher nach den nächsten Tests festlegen.