Rönkhausen. Jonas Ermes will Kindern mit seinem Verein „In safe Hands über den Fußball helfen, ein kleines Stück unbeschwerte Kindheit zu genießen.

Bei der U17-Fußball-WM in Nigeria ist Jonas Ermes zum ersten Mal „richtig aus der Komfortzone“ herausgekommen. „Die Welt sieht nicht überall so aus wie in Rönkhausen. Den Menschen geht es nicht überall so gut wie bei uns“, war die prägende Erfahrung für den heute 27-Jährigen bei der WM 2009 in diesem riesigen afrikanischen Land.

Der Gedanke, Jungen und Mädchen über den Fußball zu helfen, wenigstens ein kleines Stück unbeschwerte Kindheit genießen zu können, hat den damaligen Nationaltorhüter nicht mehr losgelassen. Seit der Gründung 2015 ist Ermes zusammen mit seinem Torwartkollegen Andreas Luthe das Gesicht des Vereins „In safe Hands“, der sich laut Homepage „für ein vorurteilsfreies und wertschätzendes interkulturelles Zusammenleben“ einsetzt.

„Der Fußball spricht Kinder auch in schwierigen Situationen an“, weiß Jonas Ermes. Der 27-Jährige steht zwar noch regelmäßig auf dem Sportplatz, aber nicht mehr zwischen den Pfosten. Beim Oberliga-Aufsteiger RSV Meinerzhagen ist der frischgebackene Vater - der kleine Felix kam vor wenigen Wochen auf die Welt – ins Trainerteam gewechselt. Mit dem für Werder Bremen spielenden Bundesliga-Profi Nuri Sahin, dem Mann hinter dem Erfolg der Märkischen, hat der Ex-Torwart des VfL Bochum und von Alemannia Aachen regelmäßigen Kontakt. Aber sollte sich der in Attendorn wohnende Ermes, der fußballerisch beim TV Rönkhausen großgeworden ist, zwischen dem RSV und dem von ihm gegründeten Verein entscheiden müssen, steht für ihn fest: „In safe hands“ geht vor.

Start mit geflüchteten Kindern

Am Anfang des gemeinsamen Projektes standen Trainingseinheiten mit geflüchteten Kindern. Die Zeiten, als Jonas Ermes und Andreas Luthe auch in Rönkhausen Torwarttraining angeboten haben, sind vorbei. Das hat dem Duo zwar „viel Spaß“ gemacht. Aber weil sich der Verein so schnell weiterentwickelt hat, wurde die Zeit knapp. Zudem war Andreas Luthe zum Bundesligisten FC Augsburg gewechselt.

Kennengelernt haben sich die beiden Torhüter beim VfL Bochum, wo Luthe die Nummer 1 und Ermes die Nummer 3 waren. Schnell hatte der junge Keeper aus Rönkhausen gemerkt, dass er mit Luthe auch über andere Dinge als nur Fußball reden konnte. Daran erinnerte sich Ermes, als er im Juli 2015 bei Alemannia Aachen aufgehört hatte, nach dem knapp verpassten Aufstieg in die 3. Liga. Das war die Zeit der „Migrationsbewegung“, wie Ermes die Flucht von Millionen Menschen vor Krieg und Gewalt nach Europa nennt. Angesichts der dramatischen Bilder von Flucht und Vertreibung wollte Ermes nicht zusehen, er wollte vor allem den Kindern helfen.

„Ich habe Andreas angerufen und ihm gesagt, dass ich eine Idee habe.“ Der Name „In safe hands“ geisterte schon länger in seinem Kopf herum.

Jonas Ermes wusste aber, dass er so etwas nicht alleine auf die Beine stellen konnte. „Ein Fußballer aus dem Profibereich hat eine ganz andere öffentliche Wirkung.“ Zu diesem Zeitpunkt war für Ermes klar, dass es mit einer eigenen Profikarriere wohl nichts werden würde. Der Körper spielte nicht mehr so richtig mit. Er studierte „nebenbei“ BWL. Inzwischen hat er seinen Bachelor in „Management and Economics“ an der Uni Bochum absolviert.

Die Organisation „In safe hands“ ist stetig gewachsen, hat sich professionalisiert und definiert sich nicht mehr allein über Fußball. Der Verein mit dem Vorsitzenden und hauptamtlichen Geschäftsführer Jonas Ermes und seinem Stellvertreter Andreas Luthe an der Spitze arbeitet u.a. mit drei Werkstudierenden, zehn Honorartrainern in Köln und Bochum sowie zehn ehrenamtlichen Trainern in Augsburg.

Arbeit ist vielfältiger geworden

Ein kleiner Teil der Einnahmen fließt aus Spendengeldern. „Überwiegend finanzieren wir uns aktuell über Präventionsgelder der Krankenkasse BKK ProVita sowie Fördergelder der Deutschen Postcode Lotterie und der DFL-Stiftung“, sagt Jonas Ermes. In den ersten Jahren hat der 27-Jährige oft noch selbst Arbeitsgemeinschaften geleitet und in Projekten mitgearbeitet. Mittlerweile verbringt er die meiste Zeit im Bereich „Management und Leitungsebene“ und organisiert Förder- und Spendengelder.

Die Arbeit des Vereins „In safe hands“ ist vielfältiger geworden. Der Ansatz hat sich für Jonas Ermes nicht verändert. Als Leitthema nennt er „vorurteilfreies und interkulturelles Miteinander“. Unter diesem Motto steht auch das Projekt „Fremd wird Freund“ in Augsburg.

„Früher hätte man gesagt: Wir laden Kinder zum Bolzen ein“, beschreibt der Ex-Keeper, der für kurze Zeit auch mal beim SC LWL 05 zwischen den Pfosten gestanden hat, die Idee hinter diesem Projekt. Dabei ist es Jonas Ermes und seinen Mitstreitern „egal, woher die Kinder kommen und welche Religion sie haben“. Ermes spricht auch lieber „von Zusammenleben“ statt von einem Integrationsprojekt. „Wir versuchen, Vorurteile zu reduzieren“. Von den jungen Fußballern sind schon eine ganze Reihe in die Vereine gewechselt, mit denen „In safe hands“ zusammenarbeitet, dazu gehört auch das Nachwuchs-Leitungszentrum des FC Augsburg.

Jonas Ermes ist zwar überzeugt, dass „Integration auf dem Fußballplatz 90 Minuten lang funktioniert“. Aber danach gehen die Kids wieder nach Hause. „Das muss viel tiefer gehen, damit die Kinder lernen, sich selbst und andere zu verstehen“, geht Ermes mit seiner Organisation und sportpädagogischen Projekten wie „Bunter Ball“ gezielt in Bochum und Köln in Grundschulen. Das würde er auch gerne in der Heimat machen. Aber noch fehlen im Sauerland geeignete Mitarbeiter, meist Studenten. Weitere Infos liefert die Internetseite www.insafehands.de.