Olpe. Rudi Vossas, der „Mister Handball“ schlechthin, und das nicht nur beim TV Olpe, wird am 27. Dezember 90 Jahre.

Diese Sätze stehen wie eine Eins: „Ohne ihn wäre der Handball im Kreis Olpe so nicht denkbar. Er hat alles aufgebaut.“

Gemeint ist Rudi Vossas. Gesagt hat es Klaus Kraß, seines Zeichens Vorsitzender des Handballkreises. Und ebenfalls einer, der den heimischen Handball geprägt hat. Zwar ist Kraß mehr als drei Jahrzehnte jünger als Rudi Vossas. Dennoch weiß der Würdinghauser, wovon er redet. Denn: „Ich kenne Rudi Vossas seit meinem siebten Lebensjahr“ sagt er, und die Wertschätzung für den Olper schwingt in seiner Stimme mit.

Er ist einer der, wenn nicht der Geburtshelfer des hiesigen Handballs, und das nicht nur in Olpe. Bis in seine 50er-Lebensjahre hinein stand Rudi Vossas noch auf dem Handballparkett. Drahtig. Der Zahn der Zeit kriegte ihn einfach nicht zu beißen. Und zimperlich war der Mann nicht. „Ich habe noch gegen ihn gespielt,“ erinnert sich Erich König, lange Zeit Vossas’ Mitstreiter im Kreisvorstand, „der Rudi hat ordentlich zugepackt. Er war ziemlich zäh.“

Im hohen Norden am Ball

Als Rudi Vossas im Kreis Olpe Ende der 50er Jahre anlegte, hatte er schon eine stattliche Laufbahn vorzuweisen. Hatte in einigen Vereinen in Schleswig-Holstein gespielt, im niedersächsischen Meppen und in Altenhundem. Überall hatte der gebürtige Ostpreuße sich auch ehrenamtlich betätigt.

Aber in Olpe? „Da war gar nichts mit Handball,“ erinnerte er sich, als wir ihn kürzlich zu Hause besuchten. Im Wendschen existierte ein Platz mit schwarzer Asche. Dort spielten die Olper. Nichts für Rudi Vossas. Er zog es vor, in Altenhundem seinem Sport nachzugehen und nahm dafür in Kauf, mit seiner Isetta zwischen der Kreisstadt und Altenhundem hin und her zu pendeln. Oder mit dem Rad.

Wo Rudi Vossas auftauchte und aktiv eingriff, war er das, was Dettmar Cramer oder Rudi Gutendorf im Fußball verkörperten. „So ein bisschen Entwicklungshelfer,“ wie er es mal ausdrückte. In Attendorn scharte er Handball-Interessierte um sich, in Drolshagen ebenfalls. Olpe dagegen war Handball-Steppe.

Als Vossas nach vier Jahren den HC Altenhundem verließ, da sah er die Zeit gekommen, in Olpe Handball zu säen. Er ging dabei recht zielstrebig vor. Der Turnverein Olpe suchte einen Kassenwart, wollte aber keinen Handball. Dieser Sport koste Geld, so die Begründung des damaligen Vorstandes. Vossas fädelte das ein, was man heute neudeutsch einen „Deal“ nennt. Also sprach er: „Ich mache den Kassenwart für euch, wenn ihr Handball zulasst. So ist das entstanden.“ Im Jahr 1964. Die Spiele gingen auf dem DJK-Platz am Kreuzberg vonstatten. Dort, wo heute der Kunstrasen der Spielvereinigung liegt.

Ungezählt sind die Handballer, die unter dem Trainer oder dem Abteilungsleiter Rudi Vossas in ihre Laufbahnen starteten. Auch viele spätere Größen waren darunter. Wie Dirk Rumpff. Der Klassetorwart des TV Olpe, heute Mitte 50, war sieben, als er Rudi Vossas zum ersten Mal sah. „Wir haben auf dem Sportplatz am Rhoder Weg gespielt,“ beamt sich Dirk Rumpff gedanklich ein halbes Jahrhundert zurück, „vorher kriegten wir eine Kiste, da war Kreide drin und mit der mussten wir den Platz abstreuen.“

Abenteuerliche Auswärtsfahrten

Dirk Rumpff erlebte Rudi Vossas als „One Man Show“, wie er es formulierte. Kurzum: „Er machte beim TV Olpe alles.“ Koste es was es wolle. Er schreckte auch vor verwegenen Manövern nicht zurück, wenn es der ordnungsgemäßen Durchführung des Spielbetrieb diente. Heutzutage unvorstellbar sind Episoden, die Dirk Rumpff in seiner Zeit als Jugendtrainer miterlebte: „Wenn wir kein zweites Auto zum Auswärtsspiel hatten, kamen zehn Kinder in ein Auto, zur Not das eine oder andere in den Kofferraum.“

Auch für Michael Neu, sicher einer der besten Handballer des TVO, personifizierte Rudi Vossas den Karrierestart. „Ich kenne Rudi seit 50 Jahren, seit ich in der D-Jugend angefangen habe,“ erinnert sich Neu. Rudi Vossas war allgegenwärtig, nicht nur bei Partien der Ersten, auch bei der Jugend, die ihm besonders am Herzen lag. Neu: „Ich weiß nicht, wie er das hingekriegt hat. Aber man hatte den Eindruck, er war bei jedem Spiel anwesend.“ Dirk Rumpff: „Rudi war für uns Olper Handballer der gute Geist, einer, der irgendwie über allem schwebte.“

Und oft schwebte er beim Training ein. Aber nicht immer als Handball-Boss, sondern auch als Kassenwart. Michael Neu: „Uns Spielern wurde gesagt: Denkt dran, nächste Woche kommt der Rudi. Da wussten wir, dass wir fünf Mark dabei haben mussten, um den Mitgliedsbeitrag für das Quartal in bar zu bezahlen.“

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Nachdem Thomas Krawitz von Münster nach Olpe gezogen war und mit 7 Jahren zum Handball kam, „da war Rudi derjenige, der mich an die Hand genommen hat,“ erinnert sich der ehemalige Spielführer. Während seiner Zeit als Jugendspieler war für ihn Rudi Vossas stets der erste Ansprechpartner. „Auch wenn er nicht mein Trainer war,“ ergänzte Thomas Krawitz, „aber er war immer bei den Spielen, zu Hause sowieso, aber er war darüber hinaus Fahrer, egal wohin.“ Auch später imponierte Thomas Krawitz das Herzblut, mit dem Rudi Vossas den Handball lebte. „Das war seins“.

„Krall’ den Ball nicht so“

Und trotz der langen Zeit, die nun vergangen ist, bleibt ein Satz von Rudi Vossas in Erinnerung. „Krall’ den Ball nicht so!“ Krawitz muss lachen: „Das war ein Spruch, der irgendwie haften geblieben ist. Und wenn wir Ehemaligen uns heute treffen, kommt der immer wieder automatisch zur Sprache.“ Der Spruch ist hängen geblieben, aber nicht mehr seine Bedeutung. Thomas Krawitz: „Was das bedeutete? Keine Ahnung, das weiß ich heute nicht mehr.“

Was jedem Befragten sofort einfällt, ist Rudi Vossas’ Bescheidenheit. „Er hat sich nie in den Vordergrund gedrängt,“ sagt Markus Schürhoff, ehemaliger Spieler des TV Olpe. Aber er hat ihn einmal richtig emotional erlebt, temperamentvoll und leidenschaftlich. Es war im Rahmen eines der legendären Trainingslager der Olper Handballer in Rudi Vossas’ ehemaliger Heimat Meppen.

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Und es war kein Handballspiel, das Rudi Vossas aufregte, sondern Fußball. Die Truppe besuchte gemeinsam ein Zweitligaspiel. Schürhoff: „Meppen spielte gegen Wattenscheid. Da ist er auf der Tribüne richtig aus sich herausgegangen.“

Rudi Vossas’ Enkel Julian und Simon leben seinen Handballtraum weiter. Julian wurde als C-Jugendlicher Westdeutscher Meister und gewann mit seiner Mannschaft das internationale Turnier „Lundaspelen“ in Schweden. Simon spielte in Düsseldorf und beim Bergischen HC bis zur A-Jugend Bundesliga und kam beim „Partille-Cup“, dem weltgrößten Jugendhandballturnier in Göteborg bis ins Viertelfinale. Auf beide ist der Bald-Jubilar mächtig stolz.

Rudi Vossas ist unverwechselbar. „Es gibt nur ein’ Rudi Vossas“ - unausweichlich drängt sich eine abgewandelte Version jener Hymne auf, die einst dem Fast-Namensvetter und Fußball-Granden Rudi Völler gewidmet wurde.

Aber Aufhebens um seine Person widerstrebt dem Olper. Damit hebt er sich von den Massen derjenigen ab, die weniger geleistet haben als er, die aber ein Mehrfaches an Brimborium für sich beanspruchen.