Elspe. Beim SSV Elspe verstehen sie die Welt nicht mehr.

Vor einem halben Jahr wurde der mit seiner Familie vor den Taliban aus Afghanistan geflohene Sirat Kasra noch als Beispiel für gelungene Integration gelobt und dafür auf dem Lennestädter Ehrenamtstag ausgezeichnet.

Jetzt soll der junge Mann, der in der Jugendabteilung des SSV als Spieler und Trainer mit anpackt und Schiedsrichter werden will, samt seiner Familie in das vom Bürgerkrieg zerstörte und zerrüttete Land abgeschoben werden.

Am Freitagabend informierte Lothar Wittwer die Mitglieder des SSV Elspe auf der Generalversammlung über das drohende Schicksal von Sirat Kasra, der am Wiesengrund in der A-Jugend spielt und als Trainer bei den D-Junioren hilft. „Alle waren überrascht“, berichtet das Vorstandsmitglied. Wittwer kennt den mittlerweile 18-Jährigen gut und war auch sein Pate bei der feierlichen Auszeichnung beim Ehrenamtstag Mitte Oktober im Galileo-Park in Meggen.

„Diese vier Flüchtlinge möchten etwas zurückgeben“, lobte damals Hartmut Schweinsberg, der Sprecher der Ehrenamtsbörse EIL (Ehrenamt in Lennestadt), die mit Sirat Kasra ausgezeichneten Asylbewerber, die sich in verschiedenen Einrichtungen und Vereinen der Stadt Lennestadt ehrenamtlich engagieren. So arbeitet Sirat freiwillig in der Caféteria des St.-Franziskus-Hauses in Elspe, gibt dort Kaffee und Kuchen an die Bewohner und Gäste aus, räumt das Geschirr ab und spricht viel mit den Senioren. „Das sind Flüchtlinge, die nicht nur Hilfe bekommen haben, sondern sich hier auch für andere, hilfsbedürftige Menschen einsetzen“, betonte Schweinsberg in seiner Würdigung.

Inzwischen hat die gut integrierte fünfköpfige Familie aus Afghanistan offensichtlich die Realität in der Flüchtlingspolitik eingeholt: und die heißt Abschiebung. Dabei mussten auch die seit drei Jahren in Elspe wohnenden Kasras aus dem Bürgerkriegsland flüchten. In Deutschland will Sirat eine Ausbildung machen.

Vor eineinhalb Wochen erfuhr Lothar Wittwer vom SSV Elspe von der drohenden Abschiebung. Noch scheint die Familie aber etwas Zeit gewonnen zu haben, denn sie hat Einspruch gegen den ablehnenden Bescheid ihres Asylantrags erhoben. Beim A-Kreisligisten aus Lennestadt überlegt man jetzt, was man tun und wie man helfen kann. „Wir wollen erst einmal wissen, welche Möglichkeiten es gibt und wie wir uns verhalten können“, betont Wittwer. Dabei verkennt der Elsper die Rechtslage nicht: „Wenn es Gesetze gibt, muss man sie auch einhalten.“ Aber so richtig verstehen können viele im Verein nicht, dass ein gut integrierter junger Mann wie Sirat Kasra mitsamt seiner Familie wieder in sein unsicheres Heimatland Afghanistan abgeschoben werden soll. Der jüngere Bruder Siyer spielt im Übrigen auch beim SSV Elspe Fußball.