Olpe. . Von Olpe über Dortmund und Frankfurt nach Korea – das sind annähernd 9000 Kilometer.
Diese Entfernung musste Valeska Knoblauch, die seit ihrem Unfall 2004 an den Rollstuhl angewiesen ist, zurücklegen, um den Ort ihres diesjährigen sportlichen Höhepunkts zu erreichen.
Bereits zwei Mal nahm die 27-Jährige Studentin der Psychologie an Weltmeisterschaften im Para-Badminton teil – beim ersten Mal 2013 schaffte sie es mit Bronze gleich aufs Podest. Das glückte ihr jetzt in Ulsan, einer Millionenstadt im Südosten am Japanischen Meer, nicht ganz. „Ich bin leider im Einzel im Viertelfinale nach einer 1:2-Niederlage gegen eine Thailänderin knapp an Bronze gescheitert“, erzählt die ehemalige Schülerin des Städtischen Gymnasiums Olpe ohne näher darauf hinzuweisen, dass drei problemlose Siege in der Gruppenphase, dazu im Achtelfinale ein weiteres 2:0 gegen eine Koreanerin, dem Aus im Viertelfinale vorangegangen waren.
Restlos zufrieden
„Ich bin aber restlos zufrieden. Vielleicht wäre etwas mehr drin gewesen, auch im Mixed mit meinem Partner Young-Chin (Mi, d.Red.) oder im Doppel mit meiner Partnerin Elke (Rongen, d.Red.) “, so Valeska Knoblauch weiter, „die Zeit der Akklimatisierung nach dem Jetlag war recht knapp. Da haben die Asiaten, die gerade auch im Para-Badminton weltweit führend sind, doch einen deutlichen ‚Heimvorteil‘“. Elf Stunden Nonstop von Frankfurt nach Seoul, dann noch einmal 3,5 Stunden per Bahn nach Uslan – das schlaucht natürlich. „Ich brauchte drei bis vier Tage, um überhaupt einmal wieder vollständig durchzuschlafen.“
„Die Hilfen und die Organisation auf den Flughäfen sind exzellent. Raus aus dem eigenen Rollstuhl, rein in den engen Spezial-Rollstuhl für den Flug, eine perfekte Logistik. Auch das Aus-Checken geht immer problemlos.
Ebenso verlief die Bahnfahrt dank entsprechender Einstiegsrampen – man weiß schon Bescheid – ohne Schwierigkeiten.“
Ankunft in Ulsan. „Große Banner empfingen uns: Welcome in Korea BWF (Badminton World Federation) Para Badminton 2017“. Taxen warten. „Wir werden eingesammelt. Die Organisation ist perfekt. Es war das best organisierte Turnier überhaupt, das ich bisher gespielt habe.“
Valeska Knoblauch hat schon viel Erfahrung mit Reisen im Rollstuhl, Reisen, die sie aber nicht allein unternimmt. Ihr Lebensgefährte Young-Chin Mi aus Dortmund ist dem Parabadminton ebenso verfallen wie sie selbst. Der koreastämmige Athlet mit deutscher Staatsbürgerschaft war natürlich gerade in Seoul, wo viele seiner Verwandten wohnen, ein idealer Fremdenführer.
„Ich war zum ersten Mal in Seoul, und es war unglaublich aufregend. Vorweihnachtliche Gefühle kamen auf, Jingle Bells, White Christmas, fast wie zu Hause, eben nur englisch, aber keine Weihnachtsmärkte.“ Und dann war doch so manches anders. „Der Besuch auf dem siebt höchsten Gebäude der Welt, dem Lotte World Tower, war schon extrem beeindruckend. Der Blick aus rund 500 Meter Höhe auf die Stadt, ein wahnsinniges Erlebnis.“
Noch einmal nimmt sie Bezug auf den sportlichen Teil ihrer Reise: „Ja, man muss wissen, dass die leistungsbezogene Aufrüstung weltweit begonnen hat, seitdem Badminton für 2020 in den paralympischen Kanon aufgenommen wurde. Das hat einen Boom ausgelöst und damit auch schon jetzt eine deutliche Leistungssteigerung bewirkt. Unter diesem Aspekt bedeutet mir das erreichte Viertelfinale sehr viel, ist mehr wert als Bronze vor vier Jahren. Auch das erreichte Achtelfinale im Mixed mit Young-Chin war okay.“
Tokio im Fokus
Natürlich ist Tokio voll im Fokus. Die Realisierung dieses höchsten sportlichen Ziels könnte für sie, aber auch für ihren Lebensgefährten, die Krönung ihrer Karriere werden.
Ein wichtiger Nebeneffekt: „Nach der Zulassung von Badminton zu den Paralympics werden die Kosten unserer Reisen zu den Weltmeisterschaften vom Verband übernommen.“
Und doch war es ein weiter Weg für die Athletin aus dem beschaulichen Olpe in die große weite Welt. Wenige Jahre nach ihrem Unfall kam sie auf einer Rehacare (Fachmesse für Menschen mit Behinderung und Pflegebedarf) mit dem Badmintonschläger in Berührung. „Da war ich sofort begeistert und wollte keine andere Sportart mehr ausprobieren.“
Sie ist nur ein Beispiel von vielen, welch wichtige Bedeutung der Sport auch und gerade für Menschen mit Behinderung hat.