Hagen. .

Eins stellt Adam Hess gleich zu Beginn klar. „Es geht nicht um meine Geschichte, sondern um die Mannschaft“, sagt der 31-jährige Deutsch-Amerikaner: „Wir spielen um die Play-offs. Nur das zählt.“ Dabei tritt der Flügelcenter mit Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen heute auch gegen seine zweite Heimat an: Bei den Artland Dragons spielte der 2,01-m-Mann vier Jahre, in Quakenbrück lernte er seine Frau Julia kennen. Hier wurde Töchterchen Emily geboren, vor Jahresfrist erhielt Hess zudem in Süd-Niedersachsen die Einbürgerungs-Urkunde. Und nachdem er mit den Hagenern Anfang des Jahres auch noch deren ersten Sieg bei den Dragons (104:93) überhaupt feiern konnte, bekannte er: „Beim Einwerfen wäre ich beinahe zum falschen Korb gelaufen.“

Für Sentimentalitäten wird auch heute Abend kein Platz sein, wenn die Quakenbrücker - und mit ihnen auch Hess’ Schwiegereltern und Freunde - nach Hagen kommen (20 Uhr, Enervie Arena). Denn nur der Sieger macht am vorletzten Spieltag einen ganz großen Schritt in Richtung Play-offs, die für die Dragons Pflichtziel sind, während Phoenix damit alle Erwartungen weit übertreffen würde. „Dieses Spiel ist so wichtig“, sagt Hess, „wir wollen und wir müssen gewinnen.“ Wobei die Gastgeber, das betont der Routinier, von außen nicht unter Druck stünden. Hess: „Den machen wir uns selber, denn wir wollen in die Play-offs. Nicht viele hätten uns das zugetraut, aber in der Mannschaft haben wir immer daran geglaubt.“

Dass die Endrunde für den notorischen Abstiegskandidaten in realistische Reichweite geraten ist, dazu hat Hess erheblich beigetragen. Erst nachdem der letztjährige Kapitän Zygimantas Jonusas im Sommer den finanziellen Verlockungen aus Italiens Eliteliga erlag und sein neuer Klub Juve Caserta an Phoenix eine Ablösesumme überwies, konnten sich die Hagener den etablierten Akteur mit neuem deutsche Pass leisten. Angesichts des ungewohnten Hochtempo-Spielstils im Team von Trainer Ingo Freyer hatte Hess einige Anlaufprobleme, doch seit Monaten glänzt er mit konstant starken Leistungen. „Meine Spielanteile sind wieder größer geworden als zuletzt in Quakenbrück, das gefällt mir“, sagt der aus dem US-Bundesstaat Michigan gebürtige Akteur. Nicht nur als Distanzschütze, auch kämpferisch ist er Leitfigur geworden. „Ziggy war für uns superwichtig“, sagt Geschäftsführer Oliver Herkelmann, „aber mittlerweile ist auch Adam in eine solche Rolle hineingewachsen.“

Auch als eloquenter Gesprächspartner der Medien, einen besseren Fürsprecher als den deutsch-amerikanischen Neubürger könnte sich Hagen kaum vorstellen. „Ich finde unseren Spielstil viel attraktiver als den anderer Teams“, antwortete er auf die Frage nach vermeintlichen Defensivschwächen seines neuen Teams: „Wenn ich ein Basketballfan wäre, würde ich mir Phoenix Hagen anschauen.“ Und auch die launige Einschätzung seiner neuen Heimat vor dem Hinspiel im Artland fiel durchaus schmeichelhaft aus: „Im Vergleich zu Quakenbrück ist das hier New York City.“

Der Verbleib in Hagen könnte länger dauern. Schon in dieser Spielzeit streben Hess und seine Teamkollegen die Verlängerung über das Normalrunden-Ende am nächsten Wochenende an. Und mit den Phoenix-Verantwortlichen sind er und sein Spieleragent Jan Rohdewald in intensiven Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung. Aus Sicht des Vereins am liebsten um zwei Jahre, der Vorteil des deutschen Passes macht Hess für die Hagener besonders wertvoll. „Wir fühlen uns hier wohl“, ist auch der Spieler nicht abgeneigt, die Gespräche sind weit fortgeschritten. Aber vorerst kurzfristig zurückgestellt. „Ich muss mich auf Samstag konzentrieren, nächste Woche denke ich wieder darüber nach“, steht für Hess ganz die heutige Partie im Fokus. Zumal von ihr Familienbesuch aus den USA abhängt: „Mein Vater war schon im November in Hagen. Er kommt zurück, wenn wir es in die Play-offs schaffen.“