Hagen. . Basketball-Bundesliga: Nach 85:74-Sieg vor 400 mitgereisten Fans in Göttingen hat Phoenix Abstiegsfinale gegen Gießen / Nur Sieger bleibt erstklassig
Aus medizinischer Sicht hätte er gar nicht spielen sollen, das Handgelenk ist nach einem Sturz arg mitgenommen. Doch Edward Seward biss auf die Zähne - und hatte beim 85:74 (48:36)-Sieg von Basketball-Bundesligist Phoenix Hagen bei der BG Göttingen eine tragende Rolle. In der dramatischen Schlussphase und - im Wortsinn - danach, als er mit Adam Constantine Teamkollege Tristan Blackwood zum Megaphon-Einsatz bei den mitgereisten 400 Fans trug. Ein Sieg im Saisonfinale gegen Gießen ist dennoch zum Klassenerhalt nötig.
Ein bisschen war er schon aussortiert: Wenn alle Phoenix-Akteure gesund waren, saß Edward Seward häufiger als überzähliger Import-Spieler in Zivil auf der Bank. Jetzt ist der US-Center selbst verletzt - und war doch am Samstag in Göttingen unverzichtbar. Als die Gastgeber zum 69:69 ausgeglichen hatten (32. Minute) und bei den Hagener Anhängern das große Zittern begann, kam der 34-Jährige aufs Feld und verkörperte den unbändigen Siegeswillen der Gäste perfekt. „Eddie hat wie ein Bär gekämpft“, würdigte Coach Ingo Freyer den Einsatzwillen des durch eine frische Bandverletzung am Handgelenk gehandicapten Rasta-Man. „Der Doc hat mir gesagt, meine Saison sei zu Ende“, bekannte Seward, „aber wir müssen doch noch zweimal alles geben. Im Sommer habe ich lange genug Zeit, verletzt zu sein.“
Die Einstellung Sewards war indes stellvertretend für die gesamte Phoenix-Equipe, die vom Hochball an um jeden Ball kämpfte. Ihr letztes Bundesliga-Heimspiel wollten die Anhänger des gastgebenden Absteigers, die den Großteil der Göttinger Arena in Lila getaucht hatten, besonders stimmungsvoll gestalten. Doch hinter der Phoenix-Bank sah und hörte man ab dem Einlauf eine halbe Stunde vor dem Beginn fast nur die gut 400 mitgereisten Hagener. Eine ähnliche Fan-Unterstützung der Gäste dürften die „Veilchen“ in fünf Bundesliga-Jahren nur selten erlebt haben. „Unsere Fans haben uns unglaublich geholfen“, freute sich Freyer, der Anhang hielt seinem Team den Rücken frei.
Derart gestärkt dominierten die Hagener, bei denen diesmal Brandon Brooks draußen blieb, sehr schnell mit intensiver Spielweise. Mit fünf Punkten durfte Matt Bauscher den Göttingern noch die einzige Führung besorgen, dann übernahmen die Gäste. Nach der ersten Auszeit (3. Minute), die der Hallensprecher zur Gedenkminute für die bei einem tragischen Verkehrsunfall im Herbst ums Leben gekommenen Angehörigen von BG-Spieler Marco Grimaldi nutzte, setzte sich Phoenix stetig ab. Das auch, weil Blackwood und der von seiner Blinddarm-Entzündung genesene Jordan Hasquet ihre ersten Distanzwürfe sämtlich verwandelten. Beim 12:24 durch Hasquets ersten Dreier (8.) bat BG-Coach Michael Meeks wieder zur Auszeit, sein Team lag nun schon entscheidend im Hintertreffen.
Dabei blieb es zunächst weitgehend, obwohl die Göttinger alles versuchten. Beim 33:37 (17.) durch Jerel Allen hofften sie wieder, doch cool konterte der erneut ganz starke Davin White mit zwei Dreiern. Dass Phoenix diese starke Wurfquote aus der Distanz (59% vor der Pause) nicht unbedingt würde halten können, war klar. Und tatsächlich trafen die Gäste nach dem Wechsel nicht mehr so gut, unter dem Korb war der angeschlagene Constantine meist wirkungslos, so dass allmählich Göttingen näher kam.
Ballverluste und schlecht vorbereitete Würfe häuften sich nun bei den Hagenern, die Gastgeber nutzten es zum 69:69-Ausgleich durch Philip Nochs Dunking (32.). Nun nahm Freyer die Auszeit - und hatte die richtige Taktik. Phoenix suchte den Weg zum Korb, der auch kämpferisch überzeugende Hasquet, Seward und White ließen die Gäste wieder entscheidend wegziehen (72:80, 38.).
„Wir haben gezeigt, dass wir auch enge Spiele gewinnen können“, freute sich Freyer, „dabei war der Druck für uns sehr groß.“ Dieser wird nicht nach den übrigen Ergebnissen des 33. Spieltags nicht geringer. Mit einem 91:82-Sieg nach Verlängerung gegen Würzburg hat sich Ludwigsburg gerettet, auch Trier ist trotz des 77:78 in Ulm angesichts des besseren Direktvergleichs aus dem Schneider. Gegen die LTi Gießen 46ers, 56:76-Verlierer gegen Bonn, geht es am Samstag am Ischeland um den Ligaerhalt. Die Rechnung ist einfach: Wer verliert, steigt ab. Bei einer solchen Zuspitzung des Abstiegskampfs hat sich auch TV-Sender Sport1 erstmals angekündigt und überträgt live.
BG Göttingen - Phoenix Hagen 74:85 (36:48)
BG Göttingen: Evans (12), Tucker, Herwig, Bauscher (12, 2/7 Dreier), Allen (10, 2/7 Dreier, 5 Assists), Horne (10), Noch (11), Chikoko (10, 11 Rebounds), Weber (9), Sykes.
Phoenix Hagen: Jonusas (8, 2/3 Dreier), Blackwood (15, 3/6 Dreier, 6 Rebounds), Spohr, Carter (7, 1/5 Dreier), Kruel (6), Hasquet (16, 3/5 Dreier, 7 Rebounds), Constantine (2), Seward (9, 7 Rebounds), White (22, 3/8 Dreier, 7 Assists, 3 Steals).
Spielviertel: 18:29, 18:19, 24:19, 14:18.
Teamstatistik: 46:48 % Wurfquote, 7/25:12/28 Dreier, 5/10:15/20 Freiwürfe, 31:37 Rebounds, 15:18 Assists, 16:16 Ballverluste, 7:6 Steals, 3:0 Blocks. 3105 Zuschauer.