Hagen. . In der Vorsaison agierten sie noch auf Augenhöhe, mittlerweile trennen Phoenix Hagen und ratiopharm Ulm nicht nur tabellarisch Welten. Der Tabellenzweite der Basketball-Bundesliga von der Donau dokumentierte am Ischeland, warum das so ist.

Vor Selbstvertrauen strotzend fertigten die Ulmer die mit viel Energie beginnenden, dann aber immer stärker verunsicherten Gastgeber mit 87:61 (37:27) deutlich ab. Und hinterließen bei Phoenix frustrierte Fans und Spieler.

2,11 Meter groß, 127 Kilogramm schwer und kantig, dazu Kinnbart und Lockenpracht in blond: So wie John Bryant stellt man sich einen Holzfäller in Kanadas Wäldern vor. Doch der Kalifornier trug in der Enervie Arena kein baumwollenes Karo-Hemd, sondern das schwarz-orangene Trikot der Ulmer Basketballer. Und zeigte, warum er auf dem Weg ist, zum zweiten Mal in Folge effektivster Spieler und bester Rebounder der Bundesliga zu werden. Fast mühelos schob er seine leichteren Gegenspieler durch die Zone, traf auch aus der Halbdistanz mit lockerer Hand und staubte bei Fehlwürfen seiner Teamkollegen gleich mehrfach erfolgreich ab. Dass der Tabellenzweite mit dem 24-jährigen US-Center einen unschätzbaren Rückhalt hat, weiß auch Ulms Spielmacher Per Günther. „Bryant ist nicht für viele Mannschaften zu verteidigen“, sagte der Ex-Hagener: „Mit dieser Qualität in der Mannschaft wird bei uns keiner nervös, wenn wir mal mit fünf Punkten hinten liegen.“

Das taten die Gäste nämlich in der ersten Hälfte, in der zunächst Phoenix die Akzente setzte. Mit starker Defensive zwang man die Ulmer zu schweren Würfen und kämpfte um jeden Rebound, offensiv attackierte man angeführt von Davin White energisch den Korb. Und hätte durchaus höher führen können als beim 13:8 durch T.J. Carter (8. Minute), als sich Ulms Trainer Thorsten Leibenath zur Auszeit gezwungen sah. Doch aus der Distanz traf Phoenix zu schwach (1 von 11 Dreiern vor der Pause), unnötige Ballverluste und Fangfehler kamen hinzu. Nach dem 19:15 durch zwei Dunkings von Adam Constantine rächte sich dies, der dominante Bryant trug nun maßgeblich dazu bei, dass die Partie kippte.

Bis zum 27:31 durch Tristan Blackwood war für die Gastgeber noch alles okay, die letzten 30 Sekunden aber taten ihnen böse weh. Steven Esterkamps ersten Dreier wollte der erneut daheim wirkungslose Jordan Hasquet aus der Distanz beantworten. Doch der Ball drehte sich aus dem Ring - und erneut Esterkamp traf aus der Drehung fast von der Mittellinie mit der Pausensirene. Zwei Treffer mit Wirkung, statt knapp lagen die Hagener plötzlich mit zehn Zählern hinten, nicht nur Kapitän Zygimantas Jonusas marschierte fluchend in die Kabine.

„Bryant und die beiden Esterkamp-Dreier haben Ulm Selbstvertrauen gegeben“, bedauerte Phoenix-Trainer Ingo Freyer später, seinem Team fehlte dagegen plötzlich der Glaube an eine Überraschung vollends. Zumal die Gäste mit Isaiah Swanns Alley-Oop spektakulär aus der Pause kamen und aus der Distanz weiter traumhaft sicher trafen. Bis zum 34:43 (22.) hielt White - mit passablem Heimdebüt - die konsternierten Hagener einigermaßen im Spiel, nach weiteren Treffern von Esterkamp und Swann war spätestens beim 35:59 (28.) alles gelaufen. Zumal sich die Gastgeber nun hängen ließen und Pfiffe der Fans kassierten. Angeführt von Jonusas wehrten sie sich erst im Schlussviertel wieder, während die ausgeglichen besetzten Ulmer sich als wahres Spitzenteam präsentierten. „Wenn die andere Mannschaft einen Bruch hat, schlagen wir daraus Kapital“, analysierte Günther, den Hagenern blieb nur der Verweis auf den guten Start. „Bis auf die letzten Sekunden haben wir in der ersten Hälfte ganz stark gespielt, daraus müssen wir positive Lehren ziehen.“

Statistik:

Phoenix Hagen - ratiopharm Ulm

61:87 (27:37)

Phoenix Hagen: Jonusas (18, 2/5 Dreier), Blackwood (9, 1/4 Dreier), Spohr, Carter (11, 1/4 Dreier, 6 Rebounds), Kruel (3), Hasquet (4, 3 Ballverluste), Constantine (6), Seward (2, 6 Rebounds), White (8, 4 Assists). ratiopharm Ulm: Swann (15, 3/6 Dreier, Mason-Griffin (3), Günther (5, 5 Assists), Betz (3), Buntz (2), Oladipo (2), Trice (6, 2 /3 Dreier), Esterkamp (15, 5/9 Dreier), Watts (6), Nankivil (11, 2/3 Dreier), Bryant (19, 12 Rebounds).

Viertel: 15:13, 12:24, 13:29, 21:21.

Teamstatistik: 40:48 % Wurfquote, 4/17:14/26 Dreier, 11/16:9/13 Freiwürfe, 35:40 Rebounds, 12:22 Assists, 14:8 Ballverluste, 3:6 Ballgewinne. Zuschauer: 2959.