Hagen. Volle Tribünen und laute Fangesänge: Für Fußballer ein Push, der vor allem vor heimischer Kulisse besonders groß ist. Aber stimmt das?
Der Heimvorteil im Fußball ist ein Phänomen, das die Sportwelt seit jeher fasziniert und in den Stadien auf der ganzen Welt seine Spuren hinterlässt. Es ist der unsichtbare, aber dennoch mächtige Verbündete jeder Mannschaft, der die Fans mobilisiert und den Spielern eine extra Portion Motivation verleiht. Doch was macht diesen sogenannten Heimvorteil eigentlich aus? Welche Faktoren beeinflussen das Spielgeschehen in den Stadien und wie stark ist dieser Vorteil wirklich? Und - eine viel wichtigere Frage - gibt es den Heimvorteil auch im Amateurfußball?
Wir haben uns die Heim- und Auswärtstabellen der westfälischen Landesliga sowie der Bezirksliga der letzten vier Saisons vor geknöpft. Bei der Bezirksliga mit ihren 13 Staffeln kommen da Heimstatistiken für 769 Mannschaften zustande. Das Resultat: der Heimvorteil im Amateurbereich ist definitiv messbar. In der Landesliga schießen Heimteams im Schnitt 0,35 mehr Tore als ihre Gegner und sammeln 0,35 Punkte mehr. In der Bezirksliga schießen Teams auf dem eigenen Geläuf 0,43 Tore mehr als die Gäste und sammeln 0,33 Punkte mehr.
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Christian Fohs, Trainer des Landesligisten SpVg. Hagen 1911, betont die Wichtigkeit des Spielortes. Er erklärt: „Wenn man auswärts spielt, muss man aus seiner Komfortzone raus.“ Die logistischen Herausforderungen, wie die Abfahrt und die ungewohnten Bedingungen vor Ort, spielen eine entscheidende Rolle. „Wenn wir um 15.30 Uhr auf Emst spielen, treffen wir uns um 14 Uhr. Wir spielen auswärts oft um 15 Uhr, dann treffen wir uns um 13.30 Uhr vor Ort. Dann müssen die Jungs um 12 Uhr losfahren.“ Zu Hause könne man auf gewohnte Platzbedingungen, Bälle und die vertraute Kabine zurückgreifen. Fohs unterstreicht, dass der Heimvorteil auch die Möglichkeit bietet, auf bewährte Medienressourcen zurückzugreifen.
Andere Sportart in Drolshagen
Nils Langwald, Coach des klassengleichen SV Hohenlimburg 1910, hebt die vielfältigen Unterschiede zwischen den Spielfeldern hervor. Diese Unterschiede umfassen die Art des Rasens (Naturrasen oder Kunstrasen), die Beschaffenheit des Platzes und sogar die Art des Balls. Er betont, dass ein regelmäßiges Training auf dem eigenen Spielfeld einen klaren Vorteil verschaffe. „Unser Auswärtsspiel beim SC Drolshagen war gefühlt eine andere Sportart auf dem Untergrund mit dem komischen Ball, den die da hatten”, so Langwald. Auch die Rasenqualität, Rasenhöhe und Spielfeldgröße spiele ein Rolle. Einige Mannschaften würden ihr Spiel auf die Eigenschaften ihres Heimplatzes ausrichten.
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Dazu käme laut Langwald die mentale Stärke auf dem eigenen Feld: „Das ist das, was sich jeder Trainer irgendwo wünscht: sich zu Hause eine Art Festungsmentalität aufzubauen. Gerade bei uns glaube ich, dass das Erich-Berlet-Stadion etwas mit einem macht. Das ist das eigene Stadion, das gibt einem dann ein paar mehr Prozent. Was bei uns in den Ligen dazu kommt, ist, dass der Fansupport zu Hause ein anderer ist.“
Die Zehner und Elfer spielten in der vergangenen Saison in der Staffel 3 mit vielen kurzen Fahrten ins nahe gelegene Ruhrgebiet. Seit dieser Saison sind die Hagener Teams wieder in der Sauerland-Gruppe 2 unterwegs mit vielen langen Auswärtsfahrten nach Brilon, Erlinghausen oder Schmallenberg. Die langen Fahrten könnten den Heimteams einen weiteren kleinen Vorteil bieten. Auch hört man bei Trainern oftmals heraus, dass die Partien im tiefen Sauerland schwieriger seien als andere Spiele. Doch diesen Mythos können wir entlarven: In den letzten vier Saisons taten sich die Heimteams in der Staffel 2 tatsächlich minimal schwerer als in den anderen drei Staffeln, wie auf unserer Grafik zu sehen ist.
„Es gibt verschiedene Plätze. Auf manchen rollt der Ball schneller, auf anderen bleibt er ständig stecken. Blau-Weiß Haspe hat zum Beispiel auf ihrem Ascheplatz einen Vorteil. Ich glaube, dass man sich beim Kunstrasen beim Aufwärmen sehr schnell an den Platz gewöhnen kann. Auf Naturrasen ist das dann wieder etwas völlig anderes“, sagt Christos Sampsonidis, Trainer des Bezirksligisten FC Hellas/Makedonikos Hagen. Die Schuhe machten bei den Griechen auch etwas aus: „Die Spieler machen sich ein bisschen Gedanken über das Schuhwerk. Auf Asche teichelt der Ball höher, auf Rasen bleibt der Ball oft stecken. Manchmal geht es auch auf einen Acker. Die Jungs bereiten sich darauf vor.“