Herdecke. Am Rehberg in Herdecke fliegen jetzt auch Pfeile. Die neue Dartsabteilung hat großes vor und bekommt Zuwachs. Auch Profi René Eidams ist dabei.
Auf den ersten Blick bedarf es ein wenig Vorstellungskraft, dass Dartspieler und Sportschützen in einem Verein zusammenpassen. Bei genauerem Hinsehen, wird die Nähe aber doch deutlich: „Dart ist genau wie das Schießen ein Präzisionssport“, sagt der erste Vorsitzende des Herdecker Schützenvereins Rainer Hedtmann. Darüber hinaus ist für den Darter und für den Sportschützen eine runde Scheibe das Ziel aller Anstrengungen.
Der traditionsreiche Schützenverein aus Herdecke öffnet sich nun für den vergleichsweise modernen Sport, mit dem man schnurstracks in die Bundesliga will. Der Dartsport erfreut sich in Deutschland seit vielen Jahren größter Beliebtheit. Das bezeugen auch jetzt wieder die Millionen Zuschauer vor den TV-Geräten bei der alljährlichen Darts-WM im Londoner Alexandra Palace.
Wer bei Darts an verrauchte Kneipen denkt, liegt inzwischen weit daneben: Darts ist ein angesehener Profisport mit Millionen Euro an Preisgeldern. Auch viele Kinder und Jugendliche verfolgen die Duelle ihrer Idole, wie die des „German Giant“ Gabriel Clemens, oder von „The Wall“ Martin Schindler, die in den nächsten Tagen um das Weiterkommen bei der Darts-WM spielen. Auch René Eidams aus Hagen ist für viele Nachwuchssportler so ein Idol. Der Hagener Dartsprofi, der neben seinem feinen Händchen an der Scheibe auch mit seinem Gesicht und seinen Erfolgen Aushängeschild für die Darter des Herdecker Schützenvereins ist, zieht viele Interessierte in die Ruhrstadt: „Die Jugend braucht Vorbilder. Und René ist mit seinem Namen in der Dartszene eines. Ohne ihn wäre das Dartprojekt in Herdecke zumindest in dem Maße wohl nicht möglich gewesen“, sagt das Herdecker Gründungsmitglied und Teil des „Dartsrates“ der Herdecker Darter, Fabian Kania, über Eidams.
Zusammen mit Kania und etwa zehn bis zwölf weiteren „Kumpels“ hat Eidams im vergangenen Jahr noch in Hagen-Vorhalle Steeldart gespielt. Nach einigen Meinungsverschiedenheiten mit dem damaligen Stammverein des TSV Vorhalle suchten die „Dartfreunde“ eine neue Bleibe. In Herdecke wurden sie fündig: „Bei den Herdecker Schützen wurden wir mit offenen Armen empfangen“, sagt Eidams.
Beide Seiten profitieren
Kania, der schon vorher Verbindungen zum Schützenverein pflegte, stellte den Kontakt her: „Ich selbst habe dort meine Hochzeit gefeiert. Die Räumlichkeiten dort waren perfekt für uns“. Nach einigen Gesprächen war dann schnell klar: Der Herdecker Schützenverein bekommt eine neue Abteilung: Darts. „Ich denke, das ist für beide Seiten eine absolute Win-Win-Situation. Wir haben perfekte Räumlichkeiten und greifen dem Schützenverein auch finanziell unter die Arme,“ sagt Kania. Das bestätigt auch der erste Vorsitzende des Herdecker Schützenvereins, Rainer Hedtmann: „Die Darter sind ein Segen für den Verein, gerade im Hinblick auf die Verjüngung unserer Mitglieder.“ So ziemlich alle Schützenvereine im Kreis hätten enorme Probleme, Nachwuchs zu generieren, meint Hedtmann.
Durch die Darter ist der Herdecker Schützenverein nun gut aufgestellt. Seit der Gründung der Dartsabteilung im Juni hat der Verein nun 46 neue und zahlende Mitglieder dazu bekommen. Auch darüber hinaus ist die Dartsabteilung zügig gewachsen: „Das ging alles sehr schnell. Zu Beginn hatten wir vier Boards, inzwischen sind es schon zehn – und das Ganze in gerade einmal einem halben Jahr“, sagt Eidams. Die Dartboards, so nennt sich die Schreibe, auf die die Darter ihre Pfeile werfen, entsprechen den neusten Standards – auch die Bühne vor den Boards unterscheidet sich von der im Londoner Alexandra Palace nur marginal.
Modernste Anlage in Herdecke
Eine Empore, das sogenannte „Oche“, begrenzt die genaue Entfernung zum Board: 2,37 Meter. Zu der modernen und in Schweißarbeit eigenständig gebauten Anlage sagt selbst der Dartsprofi Eidams, der bei der WM 2016 auf der wohl größten Darts-Bühne der Welt im Londoner „Ally-Pally“ nur knapp gegen den Ausnahmedarter Michael van Gerwen verlor: „Geile Anlage“. Und: Die gute Qualität im Herdecker Schützenheim spricht sich rum: „Inzwischen kommen Leute aus Neuss, Wuppertal und Düsseldorf zu uns“, so Eidams. Neben den zehn Steel-Dart-Boards soll in Zukunft auch E-Dart am Schützenheim gespielt werden.
Insgesamt will der Verein mittelfristig in die höchste Spielklasse aufsteigen, doch auch in den Ligen darunter soll Darts gespielt werden. „Die erste Mannschaft ist unsere Erfolgsmannschaft. Da geht es darum, alles zu gewinnen. In der zweiten Mannschaft wollen wir vor allem die Jugend fördern. Hier sollen sich Talente entwickeln“, sagt Kania. Aufgrund des schnellen und großen Zuwachses ist im nächsten Jahr auch eine dritte Mannschaft in Planung.
Auch Eidams, der in der Dartswelt bekannt ist und aktuell für den Sportsender DAZN die Weltmeisterschaft kommentiert, verfolgt dieses Ziel: „Mein Plan ist es, mit der ersten Mannschaft ganz nach oben zu kommen.“
Große Überschneidung der Mitglieder gibt es aktuell noch nicht. Die Sportschützen bleiben noch in ihren Räumlichkeiten und die Darter in ihren. Nach Meinung des Vereinsvorsitzenden soll sich das aber ändern: „Wir sind da noch in der Findungsphase. Es wir aber in jedem Fall gemeinsame Feste geben. Auch eine Art Biathlon, in der dann auch der Dartpfeil geworfen werden kann, ist geplant“, so Hedtmann. Ein erstes Abtasten habe es aber schon gegeben: „Wir fragen dann auch immer mal wieder, ob die Darter nicht einmal ein anderes Angebot des Vereins nutzen möchten. Ab und an kommt dann auch mal einer mit und schießt Luftpistole oder Kleinkaliber auf unserer Anlage“, freut sich der Vorsitzende. Eines kann Hedtmann jedenfalls jetzt schon mit Sicherheit sagen: „Es ist wieder Leben in der Bude“.