Hagen. Jens Schilling macht mit dem TuS Volmetal einen Laienreanimationskurs. Er gibt einfache Tipps – und formuliert eine Forderung an die Politik.
Völlig aus dem Nichts bricht ein Sportler auf dem Spielfeld zusammen und regt sich nicht mehr. Rund 70.000 Fälle dieses Schicksalsschlags, auch außerhalb des Sportbereichs, werden pro Jahr in Deutschland verzeichnet. Die Überlebenswahrscheinlichkeit liegt bei zehn bis zwölf Prozent, eine angsteinflößend niedrige Quote. Diese Prozentzahl möchte Jens Schilling mit seinem Projekt „Laienreanimation kann jeder“ so gut es geht erhöhen. Dafür bietet der Hagener Laienreanimationskurse an, die etwa von Sportvereinen oder einzelnen Mannschaften gebucht werden können.
Mitspieler zusammengebrochen
Handball-Oberligist TuS Volmetal macht von diesem Angebot regelmäßig Gebrauch. Gerade aufgrund der vielen Neuzugänge im Team war dem Volmetaler Cheftrainer Marc Rode eine erneute Teilnahme vor Saisonbeginn besonders wichtig. „Vor allem im Sport kann es immer wieder passieren, dass auch junge Menschen den plötzlichen Herztod erleiden. Direkt nach dem Kollaps fängt die Zeit an zu rennen“, sensibilisiert Schilling zu Beginn des 45-minütigen Kurses.
Er erwähnte dabei das zuletzt prominente Beispiel des Dänen Christian Eriksen, dessen Herz während eines Fußball EM-Spiels aufhörte zu schlagen. Wenig Zeit verging, bis Eriksen mit einer Herzdruckmassage und einem Defibrillator erfolgreich wiederbelebt wurde. „Die Zeit ist der wichtigste Faktor. Je schneller man die zwingend erforderliche Kombination aus Herzdruckmassage und Defibrillation verwirklichen kann, desto eher überleben die Menschen“, so Schilling, der das nötige Fachwissen als Fachkrankenpfleger mitbringt.
Die Überlebenschancen sind nach einem plötzlichen Herztod, dem eine zeitnahe Reanimation folgt, bewiesenermaßen höher. Und genau darauf setzt Schilling. Doch nur 40 Prozent der Patienten, die eine Reanimation benötigen, bekommen sie auch, was den Marketingleiter des TuS Volmetal ärgert: „In Norwegen beträgt die Laienreanimationsquote bis zu 80 Prozent. Laienreanimation muss auch in ganz Deutschland in den Schulunterricht.“ 2011 gab es bereits einen Beschluss der Kultusministerkonferenz, das Thema mit in die schulische Bildung aufzunehmen. Bis jetzt wurde dieser allerdings nur von zwei Bundesländern umgesetzt, Nordrhein-Westfalen gehört nicht dazu.
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Viele Kursanfragen bekommt Schilling erst dann, wenn jemand bereits einen plötzlichen Herztod erlitten hat. Mehr präventive Schulungen würde der Dahler gerne ableisten: „Ich finde es cool, wenn sich Hagener Vereine bei mir melden und sagen: Komm mal zu uns und zeig, wie es geht.“ Auch um die Ausstattung von Gebäuden, insbesondere Sporthallen, mit einem funktionierenden Defibrillator kümmert sich Schilling. Hier appelliert der Hagener daran, auf die Funktionstüchtigkeit der lebensrettenden Geräte zu achten: „Nach einer gewissen Zeit kann die Batterie leer gehen oder die Elektroden funktionieren nicht mehr. Ein kurzer Blick, ob der Defibrillator noch grün blinkt, reicht meist. Blinkt das Gerät rot, muss es dringend wieder in Einsatzbereitschaft versetzt werden.“
Mitspieler zusammengebrochen
Schilling wird für sein Engagement Dankbarkeit entgegengebracht, so auch von Luca Sackmann, Rückraumspieler des TuS: „Leider musste ich selbst schon einmal die Erfahrung machen, dass ein Mitspieler in der Kabine zusammengebrochen ist. Das hört man leider immer wieder, aber je mehr helfen können, desto besser.“
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Es ist nicht lange her, dass Jens Schilling vor dem Signal-Iduna-Park im Rahmen eines BVB-Spiels eine erfolgreiche Reanimation gelang. Über jedes weitere gerettete Leben freut sich der 46-Jährige. „Nach einem Kurs haben viele immer noch Respekt vor der Sache, aber keine Angst mehr. Das ist das Allerwichtigste, die Angst zu nehmen“, klärt Schilling auf. „Es ist ein einfacher Ablauf, den sich jeder merken kann.“
Die drei Schritte jeder Laienreanimation
Prüfen, rufen, drücken. Zuerst muss herausgefunden werden, ob der Patient eine Reanimation benötigt. Dazu wird geprüft, ob noch eine Atmung vorhanden ist. Falls nein, liegt ein Herzstillstand vor, der eine Reanimation notwendig macht. Als nächstes wird medizinische Hilfe über die 112 gerufen.
Direkt im Anschluss wird mit dem Drücken, der Herzdruckmassage, begonnen. 100-120 Mal pro Minute soll der Brustkorb dabei mindestens 5,5 bis 6 Zentimeter eingedrückt werden.
Weiterführende Informationen zum Thema findet man unter www.laienreanimation-kann-jeder.de