Tiflis/Herdecke. Den halben Ultramarathon-Grand-Slam hat Michele Ufer geschafft. Was der Herdecker in Georgien erlebte:

Der halbe Grand Slam ist geschafft, 500 Kilometer zwischen Wüste und Hochgebirge sind gelaufen. Nach dem „Namib Race” im Südwesten Afrikas hat Michele Ufer nun auch das sechstägige Etappenrennen in Georgien erfolgreich absolviert. Und damit die Hälfte der „4 Deserts Ultramarathon Series”, es folgen in diesem Jahr noch “Atacama Crossing”(Chile) im September und “The Last Desert” in der Antarktis im November. Wobei der Herdecker nicht nur dabei ist – sondern das auch weit vorn. Wie beim ersten Lauf belegte der 50-Jährige im internationalen Teilnehmerfeld nach einer Gesamtzeit von 29:00:56 Stunden erneut Platz fünf, gewann seine Altersklasse. Und bekannte nach der Heimkehr vom Abenteuer mit kilometerlangen Matschpisten, Flussdurchquerungen und aggressiven Hirtenhunden: „Das war wirklich krass, das totale Kontrastprogramm zu Namibia.”

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Vier Rennen in Wüsten sind die Bestandteile des angestrebten Grand Slams des Ultra-Ausdauersports, immerhin ist der exklusive „4 Deserts Club“ mit weniger als 300 Mitgliedern weltweit das Ziel. Ein Rennen im Süd-Kaukasus passt eigentlich nicht in diese Reihe, doch da der „Gobi March” in der Wüste Gobi in diesem Jahr Corona-bedingt erneut ausfällt, dient 2022 die „Special Edition” in Georgien als Qualifikations-Rennen für den „4 Deserts Grand Slam”. „Es war eine andere Form als geplant, vielerorts ein Rennen durch die Schlamm-Wüste”, sagt Ufer, statt mit der Hitze von mehr als 50 Grad wie in Namibia mussten die Extremsportler hier auf dem Weg zur 250 Kilometer entfernten Ziellinie in der Steppenlandschaft mit täglichen Regenschauern, Gewittern und Tennisball-großen Hagelkörnern kämpfen. Und mit Körper und Kleidung, die kaum trocknen wollten.

Ohne Wegweiser verlaufen

Erneut Gesamtrang fünf und den Sieg in seiner Altersklasse schafft Michele Ufer beim „Georgia Race“.
Erneut Gesamtrang fünf und den Sieg in seiner Altersklasse schafft Michele Ufer beim „Georgia Race“. © Unbekannt | RacingThePlanet

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Die Herausforderung begann schon auf der ersten Etappe nach der kurzen Vorbereitung in der georgischen Hauptstadt (Ufer: „Tiflis gilt als Paris Asiens”). Auf der Strecke fehlten im Nebel schnell die üblichen Fähnchen-Wegweiser, fast alle Teilnehmer verliefen sich. Und fanden nur per Smartpbhone mit GPS und Google Maps verspätet ins Camp. „Da gibt es zwar häufig keine Straße, aber in jedem kleinen Dorf schnelles Internet“, berichtet Ufer: „Wir waren drei Stunden länger als geplant unterwegs. Die Strecke sollte 37 Kilometer lang sein, ich hatte am Ende 49 km auf dem Tacho.“ Der Herdecker kam als Siebter unter den 38 Teilnehmern aus 24 Nationen an, steigerte sich dann immer mehr. Und erreichte beim „Long March“ über 63 Kilometer am vorletzten Tag als Dritter sein bestes Ergebnis.

Wobei er beim Rennen zwar „großartige Landschaften“ durchquerte und ein „hilfsbereites Völkchen“ kennenlernte, andere Lebewesen in der Steppe dagegen waren nicht so freundlich. „Ein totaler Horror waren die Hirtenhunde der vielen Schafzüchter“, sagt er, „total aggressive Riesen-Viecher, die eher Werwölfen ähnelten als Hunden und Appetit auf unsere Waden hatten. Das hat ein bisschen den Spaß am Lauf genommen.” Brenzlige Situationen hatten die Extremläufer zu überstehen, Ufer wäre fast gebissen worden. „Jedes Rennen für sich ist eine extrem große und komplexe Herausforderung“, sagt der Herdecker: „Bei beiden Rennen sind ja Teilnehmer ausgestiegen.”

Zwölf Wochen bis Chile

Davon war Ufer weit entfernt, er blieb bis zur letzten Etappe in der Spitzengruppe und kam nach insgesamt 29 Stunden wie in Namibia als Fünfter ins Ziel hinter deutlich jüngeren Athleten. Und noch vor dem Japaner Terumichi Morichita, der das „Namib Race“ fast gewonnen hätte. „Darauf kann ich stolz sein“, sagt Ufer: „Wozu man als 50-Jähriger fähig ist, ist doch eine tolle Sache.” Mehrfach habe man ihm, der aufgrund seines Alters auch mit der Startnummer 50 antreten durfte, vorgehalten: „Du hast doch deinen Ausweis gefälscht.“ Dass die ersten beiden Rennen so gut laufen, hätte er nicht gedacht. Nun hat er mehr Zeit zur Regeneration, ehe er zwölf Wochen nach der Zielankunft in Georgien in Chile am Start steht. Mit welchem Ziel? Ufer: „Es bleibt dabei: Gesund ankommen ist das wichtigste.”