Herdecke/Uelzen. Bei den Altherren mit Fußball starten, dann noch in die Bundesliga - undenkbar. Eine Läuferin aus Herdecke schafft eine vergleichbare Leistung:

Ganz vorn war eine Olympia-Teilnehmerin aus Tokio, gefolgt von der Europameisterschafts-Dritten. Doch nur kurz hinter Siegerin Hanna Klein (Tübingen) und Alina Reh (Berlin) kam bei den Deutschen Straßenlauf-Meisterschaften über 10 Kilometer eine Herdeckerin ins Ziel, die erst vor gut vier Jahren mit dem Laufen angefangen und nur eine Handvoll Wettkämpfe bestritten hat: Natascha Mommers lief in 33:53 Minuten als Siebte gegen die durchweg jüngere Konkurrenz in Uelzen in der Gesamtwertung der Frauen nicht nur in die nationale Spitze, die 37-Jährige vom TSV Herdecke gewann auch mit großem Abstand in der Altersklasse W35.

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Im Januar 2017, mit 32, hat Natascha Mommers mit dem Langstreckenlauf begonnen, ihr schon länger „sehr ambitioniert“ startender Mann Markus habe sie dazu ermuntert. Und schnell gewann die Herdeckerin, vorher nur im Fitnessstudio sportlich aktiv, ihren ersten 10-km-Lauf in beachtlichen 38:03, lief ihren ersten Halbmarathon in Venlo in starken 1:26:26 Stunden, gewann im Herbst - gemeinsam startend mit dem Ex-Zehnkampf-Olympiazweiten Frank Busemann - über die gleiche Distanz am Phoenix-See in Dortmund (1:24:05). Ihren Ehemann hängte sie bald locker ab, doch nicht nur ihn. Dass sie nun bei deutschen Meisterschaften vorn mitläuft, ist - zugegeben, ein ungewöhnlicher Vergleich - so, als ob ein Kicker erst bei den Altherren mit dem Fußball beginnt - und es dann noch in die Bundesliga schafft. „Ich bin offensichtlich leidensfähig und kann an meine Grenzen gehen“, versucht sie eine Erklärung.

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Weder Startpass noch Quali-Zeit

In Uelzen bei ihren ersten deutschen Meisterschaften zu starten, hatte Natascha Mommers ganz kurzfristig entschieden. Zumal die Athletin des TSV Herdecke sich zuerst einen Startpass des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) besorgen musste. Und keine Qualifikationszeit vorweisen konnte. Denn ihren letzten Wettkampf zuvor hatte sie - übrigens auch noch nach mehr als einjähriger Pause wegen der Geburt ihres zweiten Kindes - Ende 2019 als Siegerin des Herdecker Nikolauslaufes bestritten. „Ich wäre gern noch ein paar Rennen gelaufen“, aber wegen der Corona-Pandemie war fast zwei Jahre lang nichts möglich“, sagt sie. „Da hat man wohl jetzt ein Auge zugedrückt und mich laufen lassen.“

„Sehr, sehr aufgeregt“ sei sie in Uelzen gewesen, das räumt sie ein, „und sehr beeindruckt von den anderen Läuferinnen“. Im Feld mit zahllosen nationalen Assen ordnete sich die Herdeckerin deshalb zunächst hinten ein. „Ich bin erst aus der sechsten Reihe gestartet, da hätte ich ruhig etwas mutiger sein können“, sagt sie. Denn im 169-köpfigen Elitefeld waren am Ende nur sechs Läuferinnen um Meisterin Hanna Klein (31:40) schneller als Natascha Mommers, in ihrer Altersklasse W35 lag die zweitplatzierte Katharina Kulenkampff (Hildesheim) satte fünf Minuten hinter ihr.

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Training selbst zusammengestellt

Etwa 110 bis 140 km läuft Natascha Mommers pro Woche für diesen erstaunlichen Erfolg, die Trainingspläne hat sie sich im Internet zusammengesucht. „Aber ich habe ein stabiles Umfeld mit meinem Mann, Oma und Opa, die mich supporten“, sagt sie, dank Physiotherapeut Jürgen Specht vermeide sie Verletzungen oder Überbelastungen. Nun will sie es noch professioneller anzugehen und sich einer Leistungsdiagnostik in Bochum stellen. „Ich möchte herausfinden, wie gut ich eigentlich bin und was ich noch rausholen kann“, erklärt sie. Über 10 und 25 km, nur einen Marathon traut sie sich noch nicht zu.