Hagen. Der Hagener Yogalehrer Robert Lazik erklärt, worauf es bei der alten indischen Philosophie ankommt und welcher Mythos „Quatsch“ ist.
Kommen Sie eigentlich noch mit den Fingerspitzen aus dem Stand an Ihre Füße? Oder passt zwischen Hand und Boden noch ein Kasten Pils? Ab einem gewissen Alter muss man aufpassen, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und um beweglich zu bleiben, bedarf es schon an Anstrengung. Viele Menschen haben das in der Pandemie erkannt. Also, dass sie nicht mehr so biegsam sind und mal wieder etwas für sich tun könnten. Zum Beispiel Yoga, eine indische Lehre, die Körper und Geist zusammenbringt. Und die beweglich macht und hält.
Yoga ist schon vor mehr als 2000 Jahren entstanden, aber seit einigen Jahren so richtig im Trend. Ob es am gestiegenen Bewusstsein für Gesundheit liegt? Jedenfalls hat sich laut Berufsverband der Yogalehrenden die Zahl der „Yogis“ in Deutschland in vier Jahren fast verdoppelt. Rund fünf Millionen Bundesbürger machen die Kobra, den zweiten Krieger oder den herabschauenden Hund. Yoga ist kein Sport, sondern eine Philosophie, die körperliche Verrenkungen mit Atemübungen und Meditation verbindet. Je nach Stil geht es mal sportlicher, mal entspannter zu.
Ins Abenteuer gestürzt
Angebote gibt es mittlerweile auch in der Volmestadt genug. Einer, der vom Yoga-Trend profitiert und ihn ankurbelt, ist Robert Lazik (35), seines Zeichens selbstständiger Fitnesstrainer und Yogalehrer. „Tatsächlich bin ich durch einen Zufall zum Yoga gekommen“, erzählt der Hagener. Lazik arbeitete damals im „World of Sports“ in der Bergstraße als Fitnesscoach, und irgendwann quittierte die Yogalehrerin des Studios ihren Job. „Es war für mich die Chance, etwas Neues auszuprobieren. Ich suchte schon länger nach einem Ausgleich zum Kraftsport.“ Robert Lazik hatte zunächst nicht viel Ahnung von Yoga, er stürzte sich einfach ins Abenteuer und gab einstündige Kurse. „Ob es allerdings damals etwas mit Yoga zu tun hatte, weiß ich nicht mehr“, schmunzelt er.
Aber mittlerweile ist er Mann seines Fachs. Abwechslungsreich sollte eine Yogastunde sein, sagt Lazik, und aus Übungen aus der Asanapraxis sowie genug Zeit für Pranayama (Atemübungen) und Meditation bestehen. Mit einem Mythos räumt der Hagener gleich auf: „Beim Yoga kommt es nicht darauf an, tiefer in eine Haltung zu kommen. Das ist Quatsch. Das musste ich am Anfang auch erstmal lernen. Genau hier passieren die meisten Verletzungen. Es sollte beim Yoga kein Leistungsdenken geben, das haben wir schon genug im Alltag.“ So etwas wie ein Schema F gebe es nicht im Yoga, jeder reagiere anders auf bestimmte Inhalte und müsse ausprobieren, was zu einem passt. „Beim Yoga hat man die Freiheit, zu experimentieren und immer mehr herauszufinden, was man gerade braucht.“
Viel oder wenig Spirituelles
Jeder Yogi beschäftigt sich früher oder später mit den Säulen des Yoga (Körperstellung, Atemübung, Meditation, Entspannung, Ernährung) und gewichtet diese nach eigenem Gusto. Dabei kann jeder selbst entscheiden, ob Yoga etwas Spirituelles ist. „Jemand, der in seiner Yogapraxis viel meditiert, wird dir wahrscheinlich sagen, dass Yoga für ihn etwas sehr Spirituelles ist“, sagt Robert Lazik. „Jemand, der in seiner Yogapraxis überwiegend Asanas praktiziert, wird dir antworten, dass Yoga für ihn wenig Spirituelles hat.“
Viele Anfänger tun sich schwer, aus dem Potpourri von Möglichkeiten die für sie passenden Übungen zu finden. Robert Lazik praktiziert selbst am liebsten den Rückbeugen und den Hüftöffner, sagt er. Zwei Übungen, die insbesondere für eingerostete Büromenschen in Frage kommen. Eine gute Übung, um die vordere Muskelkette auf Länge zu bringen und die hintere Muskelkette zu stärken, sei das Kamel-Ushtrasana. „Dazu aktivieren wir auch die vorderen und die seitlichen Bauchmuskeln“, erklärt Robert Lazik. „Diese Übung ist für Anfänger gut geeignet, da man sie in verschiedenen Schwierigkeitsstufen und auch mit Hilfsmitteln ausführen kann. Auf diese Weise hast du noch mehr Möglichkeiten für die individuelle Anpassung der Übung.“
Anfänger sollten sich aber nicht nur auf die richtige Auswahl an Übungen konzentrieren, um Yoga für sich zu entdecken. Es geht auch um die richtigen Rahmenbedingungen. Robert Lazik hat fünf Tipps für Beginner: 1. Praktiziere regelmäßig, 2. Praktiziere sicher, 3. Sei achtsam undübe angemessen, 4. Wähle dein eigenes Tempo ‘step by step’, und 5. Such dir einen guten Yogalehrer oder eine gute Yogalehrerin. Wer diese Tipps beherzigt, betont Lazik, tut Körper und Geist viel Gutes. Dass man dann wieder mit den Fingerspitzen an seine Füße kommt, ist nur ein netter Nebeneffekt.