Tokio/Herdecke. Der Traum von Gold platzte, auf Silber war man dennoch stolz: Wie Johannes Weißenfeld die dritte Olympia-Medaille für Herdecke holte:

Zum dritten Olympiasieger für Herdecke nach Meinrad Miltenberger und Matthias Mellinghaus hat es nicht ganz gereicht. Aber zur dritten Olympia-Medaille für Herdecke, denn Johannes Weißenfeld gewann mit dem Deutschland-Achter die Silbermedaille, im Finale von Tokio musste sich der dreimalige Weltmeister Neuseeland geschlagen geben. Der Traum von Gold ist damit für den 26-Jährigen und seine Teamkollegen vorerst geplatzt, doch nach der ersten Enttäuschung war man auch in der Heimat stolz auf den Sohn der Stadt. „ich denke, sie haben Silber gewonnen“, sagte Vater Matthias Weißenfeld, der mit der Familie und etwa 50 Vereinskollegen seines Sohns das Olympia-Finale beim nächtlichen Public Viewing im Vereinsheim des RC „Westfalen“ Herdecke verfolgte.

Johannes Weißenfeld hatte das richtige Gespür. „Aus Übersee kommen die härtesten Konkurrenten“, hatte der Bugmann des Deutschland-Achters im WP-Interview vor zwei Wochen gesagt – und konkretisiert: „Die Neuseeländer haben ihre stärksten Ruderer in den Achter gesetzt, sie schätze ich als sehr stark sein.“ Und tatsächlich sollte das Boot von „Down under“ ihm und seinen Teamkollegen den Traum von der Olympia-Goldmedaille, auf die die deutschen Top-Ruderer fünf Jahre hart hingearbeitet hatten, verderben. Dem Deutschland-Achter blieb nach dem dramatischen Finale der Ruder-Wettbewerbe auf dem Sea Forest Waterway nur der faire Glückwunsch an die herausragenden und eine Sekunde schnelleren Neuseeländer. Nach dem Überwinden der ersten Enttäuschung zeigte man sich dennoch „unglaublich stolz auf dieses Team“ und postete: „Das Silberne Traumschiff.“

Nach 500 Metern auf Goldkurs


Vom Start um 3.25 Uhr früh deutscher Zeit weg führte der Deutschland-Achter, nach 500 Metern lag er im Feld der sechs besten Boote der Welt noch vorn. Doch schon bei der 1000-Meter-Marke hatte der dreimalige Weltmeister Neuseeland und auch Europameister Großbritannien vorbeiziehen lassen müssen, musste um eine olympische Medaille bangen. Die Briten, gegen die man bei den Europameisterschaften im April in Varese noch verloren hatte, fing das deutsche Team im hochklassigen Finale der besten drei Teams noch ab und holte auf. Die Neuseeländer aber waren trotz starken Schlussspurts der Deutschen nicht mehr zu gefährden, sie siegten in 5:24,64 Minuten vor dem Deutschland-Achter (5:25,60), der Großbritannien (5:25,73) um eine Zehntel auf Distanz hielt.

Vielleicht neuer Anlauf in Paris


Erschöpfung und Enttäuschung waren zunächst groß bei den Ruderern des deutschen Flaggschiffs angesichts der verpassten Gold-Chance, auch im Herdecker Vereinsheim herrschte Stille. Doch schon bei der Siegerehrung schlich sich auch bei Johannes Weißenfeld schon ein Lächeln ins Gesicht. „Wir haben alles geopfert. Unsere Gesichter sind noch ein bisschen leer. Aber wir haben auf jeden Fall Silber gewonnen. Ich bin super stolz“, sagte Schlagmann Hannes Ocik. Und in Herdecke brandete großer Applaus auf, als Steuermann Martin Sauer ihrem Vereinsmitglied Johannes Weißenfeld die Silbermedaille umhängte. Es ist die dritte Olympia-Medaille für einen Herdecker Sportler: Meinrad Miltenberger hatte 1956 in Melbourne im Kanu das erste Nachkriegs-Gold für Deutschland gewonnen, Matthias Mellinghaus saß 1988 in Seoul im siegreichen Deutschland-Achter. Und Johannes Weißenfeld? Der 26-Jährige will sich vorerst mehr auf sein Medizin-Studium konzentrieren. In seiner Familie kann man sich aber gut vorstellen, dass er in Paris einen neuen Anlauf auf Olympia-Gold nimmt. Bis dahin sind es ja nur noch drei Jahre. . .