Hagen. Sollte man nach einer Corona-Impfung Sport treiben? Der Hagener Arzt Dr. Beier klärt auf und erklärt, was Sportler besser lassen sollten.
Bis zu 1000 Impfdosen werden pro Tag in der Stadthalle Hagen vergeben, immer mehr Personen erhalten ihre zweite Impfung. Und unter den Empfängern sind auch immer wieder Hobby- und Leistungssportler.
Doch die Spritze könnte erst einmal eine Zwangspause für den Sportler nach sich ziehen. Gibt es eine Faustregel, wie lange Sportler nach einer Impfung auf ihr Hobby verzichten sollten? Und vertragen körperlich fitte Menschen die Injektion besser als unsportliche? Antworten darauf liefert Dr. Holger Beier, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Agaplesion Allgemeinen Krankenhaus Hagen. Als Faustregel empfiehlt er grundsätzlich erst einmal drei Tage auf körperlich anstrengende Aktivitäten zu verzichten, „aber letztendlich hängt es immer davon ab, wie man sich fühlt.“ So würde er sogar eher zu fünf Tagen tendieren.
Einen bevorzugten Impfstoff vermag Beier dabei nicht zu benennen, aus seiner Sicht gibt es keine Unterschiede: „Biontech wird ja in den Medien immer als ‘der Gute’ dargestellt, während AstraZeneca eher einen schlechten Ruf hat. Grundsätzlich würde ich mich mit allem impfen lassen.“ Auch ob man eine einfache oder doppelte Impfung erhält, macht aus seiner Sicht keinen Unterschied. „Wichtig ist ein vollständiger Impfschutz!“
Heftigere Impfreaktion bei Jüngeren
Jüngere, fittere Menschen hätten dabei häufiger mit einer heftigeren Impfreaktion zu kämpfen. Und das oftmals gerade weil das Immunsystem bei ihnen so gut funktioniere. „Der Körper selbst bildet zum Beispiel bei den mRNA-Impfstoffen das Spike-Protein, baut also einen Teil des Virus nach und generiert daraufhin die Immunantwort.“ Je aktiver das Immunsystem, desto heftiger falle die Wirkung aus, die oft mit grippeähnlichen Symptomen einher gehe. „Und bei einer Grippe sollte man ja auch besser auf Sport verzichten“, mahnt Beier.
Doch heißt das, dass sich (Leistungs-)Sportler besser nicht vor wichtigen Spielen impfen lassen sollten? „Als aktuelles Beispiel: Ich hätte es Eintracht Hagen einen Tag vor ihrem Finalspiel um den Aufstieg nicht unbedingt geraten“, gesteht Beier. Allerdings mahnt der Chefarzt auch, dass hierbei verschiedene Interessen aufeinander prallen: „Andererseits ist es extrem wichtig, dass sich eine möglichst hohe Anzahl an Menschen in der Gesamtpopulation impfen lässt, weil ansonsten die Pandemiebremse nicht eintritt.“ Da sei der Sport zum Teil auch Nebensache.
Dass ein möglichst großer Teil auch innerhalb einer Mannschaft durchgeimpft ist, ist laut dem Chefarzt auch ein wichtiger Faktor, wenn es um den künftigen Umgang mit dem Virus gehe. Denn dass wir bald in die Normalität wie vor Corona zurückkehren können, das glaubt Dr. Holger Beier nicht: „Wir werden lernen müssen, mit dem Virus zu leben.“
In einer Fußballmannschaft wäre es beispielsweise aus seiner Sicht gut, wenn 70 bis 80 Prozent geimpft seien, um eine gewisse Sicherheit zu haben.
Die Kritik von Skeptikern, dass die Zulassung der Impfdosen zu schnell erfolgt sei, entgegnet der AKH-Arzt mit einer einfachen Erklärung: „Es ist so schnell gegangen, weil viele Zulassungsschritte, die sonst nacheinander erfolgen zeitgleich erfolgt sind und der gesamte Prozess, zum Beispiel bei Anträgen, priorisiert wurde. Die Zulassung war regelhaft.“
Beier war selbst infiziert
Aus zwei Gründen kann er den Debatten nur wenig abgewinnen: „Bei Fernreisen erfolgt nach einer Impfberatung auch eine entsprechende Impfung – meist völlig ohne Vorbehalte und Diskussionen.“ Und zweitens: Dass auch Sportler und jüngere Menschen nicht vor einer Infektion mit starkem Verlauf gefreit sind, haben die vergangenen Wochen und Monate gezeigt: „Wir hatten viele jüngere Patienten, die schwerst erkrankt sind, mit heftigem Lungenversagen.“
Und Dr. Holger Beier weiß auch aus eigener Erfahrung, wovon er spricht. Im Dezember infizierte sich der Mediziner selbst mit Corona und hatte danach mit den Folgen zu kämpfen. Der passionierte Radfahrer fühlte sich kraftlos, hatte Kopfschmerzen und weitere Symptome. „Man muss danach erst langsam wieder aufbauen“, mahnt er: „Der Hobbysportler sollte grundsätzlich mit kleineren Belastungen anfangen und sich dann steigern. Und so muss man sich nach einer Infektion oder einer Impfung auch wieder herantasten und vor allem auf seinen Körper hören.“