Hagen. Mannschaftsarzt Dr. Queckenstedt vermisst bei Phoenix Hagen Vertrauen und kritisiert Entscheidungen. Phoenix-Chef Seidel weist Vorwürfe zurück.
Er saß immer nur wenige Meter vom Spielfeldrand der Ischelandhalle entfernt, mit aufmerksamem Blick und der Bereitschaft, jederzeit aufs Parkett zu eilen. Dr. Helmut Queckenstedt (60) hoffte stets, dass er nicht gebraucht wird, aber wenn doch, dann wähnten sich die Spieler von Phoenix Hagen und Brandt Hagen in guten Händen. Egal ob DJ Covington, Peter Krüsmann oder Pinky Smith: Dr. Queckenstedt, genannt „Q“, hat unzählige Basketballer behandelt und operiert. Und er stand mit seiner Expertise zur Stelle: Larry Gordon wandte sich aus Asien an den Hagener Arzt, als er verletzt war, David Bell meldete sich aus Italien und auch Ingo Freyer rief „gefühlt alle zwei Wochen“ an, denkt Dr. Queckenstedt an seine Zeit als Phoenix-Mannschaftsarzt zurück.
Warum Dr. Queckenstedt zurücktritt
Eine Zeit, die nun nach 19 Jahren endet. Dr. Helmut Queckenstedt kann noch weitermachen, und eigentlich will er auch weitermachen, weil ihm der Hagener Basketball sehr ans Herz gewachsen sei. Aber er gibt zu: Sein Vertrauensverhältnis zu den Phoenix-Verantwortlichen sei nachhaltig zerrüttet. Deshalb verlassen er und sein Team, zu welchem auch Dr. Ludwin Ritter zählt, mit sofortiger Wirkung den ProA-Klub.
„Die sportmedizinische Betreuung im Leistungssport braucht professionelle und vertrauensvolle Strukturen, ohne die es einfach nicht geht. Die handelnden Personen von Phoenix, sprich Patrick Seidel und Chris Harris, hatten mich gebeten, die Zusammenarbeit fortzuführen, aber ich kann diesem Wunsch nicht mehr nachkommen“, sagte Dr. Queckenstedt, der als Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Traumatologie im „Mops“-Krankenhaus tätig ist, unserer Redaktion.
Mannschaftsarzt vermisst Vertrauen
Der Orthopäde findet: Er erfährt vom Klub kein Vertrauen und kaum noch Wertschätzung. Phoenix-Geschäftsführer Seidel bedauert die Trennung: „Unsere Wertschätzung und unser Vertrauen gegenüber Dr. Queckenstedt waren jederzeit gegeben, daher kann ich seine Entscheidung, uns zu verlassen, nur bedingt verstehen. Dennoch möchte ich mich im Namen von Phoenix Hagen bei ihm und seinem Team bedanken. Wie viel Herzblut sie in all den Jahren in ihre Tätigkeit gesteckt haben, ist bemerkenswert.“
Dr. Queckenstedt erkenne zwar, dass Phoenix neue Strukturen schaffen will, doch einige Entscheidungen widersprächen seinen Grundsätzen. Dabei geht es zum einen um den Abgang von Physiotherapeut David Lopez, von dem sich Phoenix Hagen trennen will. „Herr Seidel hat seinem persönlichen Bekunden nach kein fachliches, sondern ein rein persönliches Problem mit David Lopez. Ich kann es in einem professionellen Arbeitsumfeld nicht nachvollziehen, denn ich möchte seriös und professionell arbeiten“, meint Dr. Queckenstedt.
Finanzierung einer neuen Stelle
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Zum anderen geht es um eine geplante Anstellung von Jonas Müller-Preuß als Physiotherapeut und Athletiktrainer. Müller-Preuß ist laut Queckenstedt „absolut kompetent, sympathisch und verbindlich“, doch die Art, wie diese neue Stelle seiner Ansicht nach finanziert werden soll, störe ihn. Er sagt: „Wenn ich Herrn Müller-Preuß in unserem letzten Telefonat richtig verstanden habe, erhofft man sich, durch eine ausreichende Anzahl von verordneten Rezepten für die Spieler, seine Tätigkeit quasi über die Kassen quer zu finanzieren. Dieses Konzept kann und darf ich nicht mittragen.“
Nach Queckenstedts Auffassung müsse „eine professionelle Sportorganisation selber Sorge dafür tragen, zum einen einen Athletiktrainer zu finanzieren und zum anderen einen Physiotherapeuten anzustellen, wobei prinzipiell nichts gegen eine Personalunion dieser beiden Bereiche spricht.“
Chris Harris und Patrick Seidel widersprechen
Queckenstedts Äußerungen widerspricht Patrick Seidel vehement. Zum einen befinde Phoenix sich mit Müller-Preuß und dem Therapiezentrum Kö40, bei welchem der Physiotherapeut angestellt ist, noch in Verhandlungen. Deshalb verbiete es sich, über vermeintliche Vertragsdetails zu sprechen. Andererseits sei Queckenstedts Darstellung schlichtweg falsch. „Phoenix Hagen distanziert sich von der Darstellung, dass unser Physiotherapeut/Athletiktrainer zu 100 Prozent über die Rezepte finanziert werden soll. Das wäre allein deswegen nicht möglich, weil die Menge der auszustellenden Rezepte monatlich begrenzt ist.“
Über eine Mischkalkulation soll der neue Physio/Athletikcoach finanziert werden – so habe man es auch bislang gehandhabt, wie Phoenix-Trainer Chris Harris erklärt: „Wir machen es genau so wie in der Vergangenheit und wie es gang und gäbe im deutschen Profisport ist. Die Bezahlung für den Physiotherapeuten setzt sich zusammen aus einer Aufwandsentschädigung, Einnahmen aus Werbung und Einnahmen durch Behandlungen, die Ärzte per Rezept verordnen. Aber Letzteres ist nur ein Teil der Mischkalkulation.“
Der Phoenix-Trainer zeigt sich enttäuscht über die Art und Weise, wie Dr. Queckenstedt nach 19 Jahren Tätigkeit abtritt. „Ich glaube, dass er sich widerspricht, wenn er einerseits von Professionalismus spricht, und andererseits, nachdem er uns verlässt, öffentlich Halbwahrheiten und Nichtwahrheiten über Phoenix Hagen verbreitet. Es scheint ihm darum zu gehen, seinen Ex-Klub zu schädigen, doch er schädigt damit nur sich selbst.“
Was macht Dr. Helmut Queckenstedt jetzt?
Und wie geht es für Dr. Helmut Queckenstedt weiter? Sein Herz hänge weiterhin an Phoenix und der Verein sei für ihn nicht aus der Welt, sagt er. Doch in Hagen gebe es auch andere attraktive Sportvereine. Dr. Queckenstedt: „Die Strukturen zum Beispiel bei Eintracht Hagen sind sehr professionell, und das macht eine Zukunft zwischen uns möglich.“ Auch mit der Basketball Akademie Hagen habe er bereits lose Kontakt gehabt.