Haltern/Hagen. Außenverteidiger Noah Karthaus (21) spricht im Interview über seinen Wechsel zum TuS Haltern und die Probleme von Hagener Fußballvereinen.

Während der Fußball ruht, feilen die Teams an ihrem Kader. So auch in der Oberliga Westfalen, wo es einen Wechsel mit Hagener Beteiligung gegeben hat. Noah Karthaus ist gebürtiger Hagener und wechselt innerhalb der Liga von der TSG Sprockhövel zum TuS Haltern. Wir haben mit dem 21-jährigen Außenverteidiger über seinen Wechsel gesprochen.

Noah Karthaus, die vergangene Zeit war turbulent für Sie. Nach einem Innenbandriss und einem Teilanriss des Kreuzbandes mussten Sie lange pausieren. Nun konnten Sie sich während der Pandemie vorbereiten, wieder über den Platz laufen zu können. Wie war die letzte Zeit für Sie?

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Noah Karthaus: Die letzten Monate waren komisch, weil ich nie wirklich vernünftig austesten konnte, wie weit ich eigentlich bin. Ein paar Probleme im Knie gehören dazu, die müssen aber nicht immer die Leistung einschränken. Daher weiß ich nicht, ob ich schon eher hätte anfangen können zu trainieren. Wir trainieren seit zwei Wochen in Zweier-Gruppen. Da hab’ ich gemerkt, dass ich schon recht weit bin.

Bei der TSG Sprockhövel sind Sie zum gestandenen Oberliga-Spieler gereift. Warum verlassen Sie nun den Verein?

Die Verantwortlichen in Sprockhövel waren der Meinung, dass die Jugend mehr integriert werden müsste. Ich bin der Meinung, dass die aktuellen Jahrgänge nicht so stark sind wie zum Beispiel mein Jahrgang vor ein paar Jahren. Sie wollen recht viele Spieler aus der Jugend hochziehen und haben sich da gegen mich entschieden. Auf der einen Seite hab’ ich Verständnis dafür, da finanziell jeder Verein aktuell Probleme hat. Allerdings bin ich mit der Art und Weise nicht zufrieden, weil mein Abgang nicht dem Sprockhöveler Konzept entspricht. Auf der einen Seite willst du mehr Spieler aus der Jugend integrieren und auf der anderen Seite lässt du einen Spieler aus der eigenen Jugend, der das Niveau hat, gehen. Letztes Jahr haben sie meinen Vertrag verlängert und ohne, dass ich darum gebeten habe, mein Gehalt erhöht. Da ist es für mich unverständlich, dass sie mich jetzt einfach so ziehen lassen. Ich wäre auf jeden Fall gesprächsbereit gewesen. Finanzielle Einbußen hätte ich auch in Kauf genommen. Ich war dann gezwungen, mir einen anderen Verein zu suchen.

Haben andere Vereine Ihnen Angebote gemacht?

Ja, es gab finanziell bessere Angebote, aber die sportliche Perspektive in Haltern war entscheidend. Es gab auch Interesse aus Hagen, aber das war für mich nicht so interessant.

Wäre es eine Option für Sie, noch mal in Hagen zu spielen?

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Es ist auf jeden Fall für mich eine Option, noch mal in Hagen zu spielen. Sehr viele gute Fußballer kommen aus Hagen, allein bei Sprockhövel spielen ja einige gebürtige Hagener. Als Hagener, der woanders spielt, wird man immer ein wenig belächelt, weil die Vereine hier nicht den besten Ruf haben. Häufig geht es dort chaotisch zu. Einige Vereine kommen schnell nach oben, aber sind fast genauso schnell wieder unten.

Warum ist das so?

Es fehlen gute Strukturen. Mit dem Potenzial, das Hagen als Sportstadt alleine mit dem Stadion am Höing bietet, müsste es eigentlich mindestens eine Oberliga-Mannschaft geben. Allein aus Hagenern könnte man ein Team bilden, das mit Sicherheit in der Oberliga oben mitspielen würde. Aktuell sind viele und auch ich gezwungen, woanders zu spielen, wo es bessere Umstände gibt. Es wäre schön, Veränderungen in Hagen zu sehen, weil jeder gerne in seiner Heimatstadt spielen will. Auch ich.

In Haltern wird seit einiger Zeit nicht nur im Juniorenfußball sehr professionell gearbeitet. Was haben Sie dort für Ziele?

Ich bin überzeugt davon, dass das Konzept von Haltern mit jungen Spielern zu arbeiten, richtig ist. Dass die zweite Mannschaft als U23 in der Landesliga spielt, unterstreicht das. Für mich passt es daher aktuell perfekt, da ich so ohne Druck versuchen kann, an meine Leistungsgrenze zu kommen.

Im September sagten Sie uns, Sie hätten den Traum vom Profifußball noch nicht aufgegeben. Ist das immer noch Ihr großes Ziel?

Den Traum vom Profifußball gibt, glaube ich, kein junger Fußballer komplett ab. Ich habe auch damals schon gesagt, dass es sehr unrealistisch ist. Aber immerhin ist es sehr viel realistischer als für andere Fußballer in diesem Alter. Fußball ist definitiv nicht mein Fokus, aber ich werde weiterhin sehr viel arbeiten, um mich weiterzuentwickeln. Falls es dann doch irgendwann reicht, habe ich wohl sehr viel richtig gemacht (lacht).

Sie mussten lange verletzungsbedingt pausieren, nun ruht der Ball wegen Corona. Ist es mental eine andere Belastung, wegen einer Pandemie aussetzen zu müssen?

Wegen einer Pandemie auszusetzen, ist schwieriger, weil man halt einfach keine Perspektive hat. Wenn du verletzt bist, weißt du, dass du ein bestimmtes Level erreichen musst und eine bestimmte Zeit dafür hast. Während einer Pandemie musst du dich die ganze Zeit fit halten. Ohne Perspektive kann dir das aber die letzte Motivation nehmen. Beides war für mich mental echt nicht einfach. Ich glaube auch, dass es für sehr viele schwer wird, nach dieser Zeit jetzt zurückzukommen und gesund zu bleiben.

Falls die Saison abgebrochen und annulliert werden würde, würden Sie nächstes Jahr auf Ihr Ex-Team treffen. Was wäre Ihr Tipp?

Der TuS Haltern wird natürlich ganz souverän mit 2:0 gewinnen. Wenn ich auf dem Platz stehe, kassieren wir eh kein Tor und einen leg ich auch noch rein (lacht). Nein, es lässt sich schwer sagen, da ich meine neuen Spieler kaum kenne. In Sprockhövel wird es interessant sein zu sehen, wie die ganzen jungen Spieler performen. Aber vielleicht wird die Oberliga auch geteilt, dann würden wir wahrscheinlich nicht aufeinandertreffen.

+++ Info +++

Noah Karthaus ist über die SF Geweke und dem Hasper SV zum SSV Hagen gekommen, wo er in der B-Jugend noch Kreisliga A spielte. Zur A-Jugend folgte der Sprung zur TSG Sprockhövel in die Westfalenliga, wo er auf Anhieb Stammspieler wurde. Zwei Jahre später ging er den nächsten großen Schritt in die Senioren-Oberliga.

Karthaus studiert Sportmanagement an der Uni Bochum.