Hagen. In den USA wird das Jugend-Fußballtraining aus Angst vor Langzeitfolgen angepasst. Auch der DFB empfiehlt Maßnahmen. Das sagen Hagener dazu.

Ein Freistoß kurz vor dem Sechzehner, der Spieler legt sich den Ball zurecht, seine Mitspieler versammeln sich vorne, ein langer Ball, der sprungstärkste Akteur steigt in die Höhe, Kopfball, Tor. Eine Szene, wie sie auf Fußballplätzen allgegenwärtig ist. Ein gefürchtetes „Kopfball-Ungeheuer“ war HSV-Legende Horst Hrubesch während seiner aktiven Zeit. „Manni Flanke, ich Kopf, Tor!“, lautet einer seiner markanten Sätze zum Zusammenspiel mit Manfred Kaltz.

Auch interessant

Doch am intensiven Kopfballtraining schon im Kinder- und Jugendalter scheiden sich die Geister. Nun hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erklärt, dass der Verband sich einem Maßnahmenpaket des Europäischen Fußballverbandes (UEFA) anschließen will. Darin enthalten: Empfehlungen zum Umgang mit dem Kopfballspiel im Fußball im Kindes- und Jugendalter.

Dass sich ausgerechnet die USA zu einem Pionier für einen nicht unbedeutenden Teilbereich des Fußballs entwickeln könnten, erscheint kurios. Doch in der seit geraumer Zeit geführten Debatte, inwiefern das Kopfballspiel im Fußball womöglich die Gesundheit vor allem von Kindern und Jugendlichen beeinflusst, folgen England, das Mutterland des Fußballs, und nun in Teilen auch Deutschland den strengen Maßnahmen aus Übersee.

Nur eingeschränktes Köpfen erlaubt

Bereits seit dem Jahr 2015 dürfen junge Fußballer in den USA bis zum elften Lebensjahr den Ball nicht mit dem Kopf spielen. Für bis zu 13-Jährige ist nur ein eingeschränktes Köpfen erlaubt. Seit dem Frühjahr des vergangenen Jahres wird auch in England strenger mit der Faszination Kopfstoß umgegangen: Kinder zwischen sechs und elf Jahren ist es untersagt, den Ball im Training mit dem Kopf zu spielen. Sind die Kinder beziehungsweise Jugendlichen älter, sollen Kopfstöße weiterhin vermieden werden.

Ein Vorstoß, den Werner Hartleb nicht schlecht findet. Der 73-Jährige ist seit 42 Jahren als Auswahltrainer aktiv und betreute Talente wie Lukas Klostermann und David Odonkor und ist neben dem Stützpunkttraining auch als Coach der D-Jugend des SC Berchum/Garenfeld aktiv. In ein richtiges Kopfballtraining steigt er mit seinen Schützlingen erst ab der B-Jugend ein. „Es geht darum zu differenzieren. Bevor die Kinder nicht ein gewisses Alter erreicht haben, sollte man den Fokus anders setzen“, findet er. Dann sei es wichtiger, die Technik richtig zu erlernen: „Körperhaltung, wie halte ich den Kopf, wie halte ich den Ball im Blick, was machen die Arme. Das sind alles Grundlagen, die die Fußballspieler lernen müssen.“ Geübt werde das dann mit einem leichten Ball, „bei den ganz Kleinen auch mal mit einem Luftballon.“

Erst wenn all diese Grundlagen im Stand funktionieren, könne man weitergehen und aus dem Sprung heraus arbeiten. so Hartleb. „Der Kopfball ist immer noch eine Grundtechnik des Fußballs, die man auch nicht vernachlässigen sollte.“

Generelles Verbot nicht sinnvoll

Von einem generellen Verbot hält er allerdings nichts: „Man sollte es nicht so früh in das Training einbinden und wenn dann mal mit Schaumstoffbällen. Aber es komplett verbieten erachte ich dann auch nicht für sinnvoll.“

Dem schließt sich auch Mark Bardohl von der Jugendabteilung des TSV Fichte Hagen, an. „Ein wirkliches Thema ist es bei uns nicht, ein Schwerpunkt ist es im Jugendfußball definitiv nicht.“ Viel mehr sei es so, dass die Kleinsten erst einmal ihre Angst überwinden müssten, überhaupt zum Ball zu gehen. „Sie lernen dann mit Schaumstoffbällen, wie sie hingehen müssen. Diese Grundlagen sind aber wichtig, damit sie dann in den höheren Jugendabteilungen die Technik auch vernünftig ausführen können“, erklärt Bardohl und ergänzt: „Es ist auch nicht ungefährlich, wenn Spieler unsicher zum Kopfball gehen, oder nicht genau wissen, was sie tun. Das kann ebenfalls zu Verletzungen führen. Denn wenn das Spiel erst einmal läuft, dann gehen sie automatisch in die Zweikämpfe.“

Gutes Mittelmaß finden

Es sei „wie so oft im Leben die Erfahrung und das Timing.“ Aus Sicht von Bardohl müsse ein gutes Mittelmaß gefunden werden, das die Kopfbälle zwar nicht vollkommen aus dem Training verbannt, aber die Trainer für die Gefahren sensibilisiert: „Keiner möchte, dass die jungen Spieler eine Stunde am Stück Kopfbälle mit Lederbällen machen, da kann man schon vorbeugen.“

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) empfiehlt erst mit 13 oder 14 Jahren, also bei den C- oder D-Junioren, das Kopfballspiel gezielt zu trainieren – und auch dann zunächst mit leichteren Bällen –, doch nun sehen die Verantwortlichen um DFB-Mannschaftsarzt Tim Meyer und das DFB-Präsidium offenbar eine größere Notwendigkeit, Maßnahmen im Kinder- und Jugendfußball zu ergreifen. Wie sich das künftig im Training der Amateurfußballer widerspiegeln wird, muss sich noch zeigen.