Herdecke/Witten. Er startete in Bommern als Bezirksliga-Coach, übernahm dann das Oberliga-Team: Nils Krefter, Physiotherapeut in Herdecke, im Interview:

Unverhofft kommt oft: Das wird sich Nils Krefter gedacht haben, als man ihn im Herbst fragte, ob er sich auch die Handball-Oberligamannschaft des TuS Bommern als Übungsleiter zutraue. Nach unterschiedlichen Trainer-Engagements, unter anderem bei der HSG Wetter/Grundschöttel, hatte der Herdecker Physiotherapeut wegen der Geburt seines Sohnes eine längere Pause eingelegt und im Sommer als Coach der Bezirksliga-Reserve in Bommern unterschrieben. Nach nur zwei Spieltagen trennte sich der TuS dann vom Oberliga-Trainer Dennis Wahlers, bot Krefter dessen Nachfolge an. Der B-Lizenz-Inhaber nahm die Herausforderung an, nach nur zwei Trainingseinheiten mit neuem Team wurde die Saison jedoch Corona-bedingt unterbrochen. Wir sprachen mit dem 40-Jährigen, dessen Vertrag nun für die Saison 2021/22 verlängert wurde, über sein Engagement beim TuS Bommern und die Situation in seiner Praxis in Herdecke.

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Hallo Herr Krefter, nach diversen Stationen als Trainer haben Sie im Sommer beim TuS Bommern für die zweite Mannschaft in der Bezirksliga unterschrieben. Wie kam der Kontakt zum Wittener Verein zustande?

Nils Krefter: Der Kontakt zu Bommern kam über den Handball-Abteilungsleiter Thomas Hitzemann. Wir kennen uns privat und haben in der Jugend auch zusammen Handball gespielt. Im Sommer kam dann die Anfrage, ob ich mir das vorstellen könnte. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, keine zweiten Mannschaften zu trainieren, aber mir wurde das sehr schmackhaft gemacht. Es ist eine tolle Mannschaft und eine tolle Aufgabe.

Höherklassiges Team war immer schon Ziel

Bereits nach zwei Spieltagen trennten sich die Verantwortlichen von Dennis Wahlers, dem Trainer der ersten Mannschaft. Seit dem trainieren Sie die Oberligamannschaft. Wie ist es dazu gekommen?

Die Anfrage kam sehr überraschend und unverhofft. Ich habe auch um Bedenkzeit gebeten, da ich ja eigentlich eine Aufgabe in der zweiten Mannschaft hatte und es nicht meine Art ist, so kurzfristig das Team zu verlassen. Aber ich wollte schon immer eine höherklassige Mannschaft trainieren und der Verein machte mir deutlich, dass er langfristig mit mir zusammenarbeiten will. Dann habe ich mich dafür entschieden.

Die Oberliga ist immerhin die vierthöchste Spielklasse in Deutschland. So hoch haben Sie noch keine Mannschaft gecoacht. Was hat sich verändert?

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Die Spielvorbereitung ist natürlich aufwendiger. Aber es macht mir Spaß, die Videos der nächsten Gegner und unserer gespielten Spiele zu analysieren. Außerdem kommt eine dritte Trainingseinheit dazu. Zusätzlich haben die Spieler natürlich ein höheres Niveau – da kann man schon einiges voraussetzen.

In der Oberliga als Trainer ungeschlagen

Vor der Saison-Unterbrechung gingen die ersten beiden Spiele in der Oberliga knapp verloren. Wie schätzten Sie die verlorenen Spiele und das Potenzial der Mannschaft ein?

Ich selber habe ja noch gar kein Spiel mit der Mannschaft absolvieren können und sage immer scherzhaft, ich bin bis jetzt ungeschlagen in der Oberliga. Wir hatten erst zwei Trainingseinheiten, die uns auf das Spiel gegen Soest vorbereiteten, welches dann aber vier Stunden vorher abgesagt wurde. Ich habe die Spiele aber gesehen. Wir hätten beide gewinnen können – das hat natürlich einen bitteren Beigeschmack. Die Mannschaft hat das Potenzial, die Klasse zu halten. Mit dem kleinsten Etat der Liga würden wir jedoch ziemlich sicher in die Abstiegsrunde kommen – alles andere zu erwarten, wäre vermessen.

Die Corona-Pandemie hat erneut zu einer langandauernden Unterbrechung der Saison geführt. Wie denken Sie, geht es jetzt weiter?

Wir wissen alle nicht, wie es weitergeht. Ich halte es für schwierig, die Saison wieder aufzunehmen. Handball lebt auch von den Fans, die man in dieser Situation nicht dabei haben wird. Außerdem ist das Verletzungsrisiko nach so langer Zeit sehr hoch. Die Alternative wäre ein Saisonabbruch und ein geordneter Neustart in der neuen Saison im September. Wir gehen auch davon aus, dass die Saison abgebrochen wird.

Um die klammen Kassen zu entlasten, haben Spieler und Trainer des TuS Bommern erneut auf ihr Gehalt verzichtet. Wie kam es dazu?

Das stand außer Frage und es war sofort klar, dass wir da mitmachen. Der komplette Verein hat auf Gehalt verzichtet. Für mich ist das Geld zweitrangig.

In Herdecker Praxis Kompetenzen abgegeben

Neben dem Trainerjob und den Aufgaben als Familienvater leiten Sie auch noch eine Praxis für Physiotherapie in Herdecke. Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut?

Für das Traineramt in Bommern habe ich Kompetenzen in der Praxis abgegeben. Ich habe ein völlig intaktes und tolles Team in meiner Praxis. Natürlich war es schwer, einige vor allem administrative Aufgaben abzugeben, aber nun habe ich auch mal öfter pünktlich Feierabend. An zwei Tagen in der Woche fange ich später an zu arbeiten, so dass ich dort die Trainingseinheiten vorbereiten kann. Da konzentriere ich mich dann voll auf Handball.

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf die Arbeit in Ihrer Praxis aus?

Wir dürfen generell weiterarbeiten, das war auch schon im ersten Lockdown so. Dort hatten wir zwar 50 Prozent weniger Patienten, aber jetzt kommen diese zurück und die Praxis ist wieder voll. Ich bin sehr stolz darauf, wie wir das im Team hinbekommen haben und wie es während Corona läuft. Wir hatten zum Beispiel nie Kurzarbeit und haben für alles intern Lösungen gefunden.