New York/Herdecke. Im Sommer war er beim FC Herdecke-Ende III, startete in die Kreisliga B. Jetzt ist Stefan Mansfield in New York. Worauf er bei der US-Wahl setzt:
Die Fußball-Saison begonnen hat Stefan William Mansfield am Herdecker Kalkheck, jetzt sitzt er im Homeoffice in Manhattan. Und geht am Dienstag in seine alte Schule im New Yorker Zentrum, um einen neuen US-Präsidenten zu wählen. Dass er seine Stimme Joe Biden geben wird und stark auf einen Sieg des Demokraten hofft, daraus macht der Spieler des B-Kreisligisten FC Herdecke-Ende III keinen Hehl. Andernfalls sorgt sich der Deutsch-Amerikaner um die Zukunft seines Heimatlandes. „Wenn es Trump wieder wird, wäre das eine Niederlage nicht nur für unser Land, sondern auch für das politische System. Es würde zeigen, dass es nicht funktioniert, wenn ein Milliardär sich mit diesen Methoden wieder durchsetzen kann.“
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Zwischen Deutschland und den USA – seine Mutter kommt aus Witten, sein Vater aus New York – pendelt Stefan Mansfield immer schon. Er wuchs in der US-Metropole auf, studierte in Dortmund an der International School of Management Wirtschaftswissenschaften, spielte währenddessen in der A-Jugend des SV Herbede, hatte dann einen Job in New York. Zu „Endes Ewigen Talenten“, der in dieser Saison von der Kreisliga C aufgestiegenen dritten Mannschaft des FC Herdecke-Ende, zählt der 22-jährige Schlacks erst seit dem Sommer. Und das eher durch einen Zufall. Im Mai auf der Flucht vor dem Corona-Virus („In New York war alles so verrückt, in Deutschland hat man das weit besser im Griff“) zu seinen auf dem Schnee wohnenden Eltern gezogen, joggte Mansfield am Ender Kalkheck vorbei, traf dort auf FC-Trainer Michael Müller und Klubchef Uwe Hölterhoff. „Damals war die Anlage noch geschlossen, aber ich habe gefragt, ob ich hier spielen kann“, erinnert sich Mansfield.
Als Aufsteiger noch ungeschlagen
In der Fußball-Kreisliga B1 ist der FC Herdecke/Ende III nach sieben Spieltagen noch ungeschlagen. Der Aufsteiger gewann bisher fünf Spiele und spielte zweimal Unentschieden. Hinter Spitzenreiter SW Breckerfeld und Bosna Hagen (jeweils 19 Punkte) liegen die Herdecker mit 17 Zählern auf dem dritten Platz. Das nächste Spiel findet am 6. Dezember beim SC Zurstraße statt.
In USA in dritthöchster Klasse
Die Ender Drittvertretung, für die Kreisliga B auf der Suche nach Verstärkung, nahm den 2,01 m großen Angreifer gerne, der nach eigenen Angaben in den USA in der dritthöchsten Klasse bei Blau-Weiß Gottschee – einem Klub Deutschstämmiger in New York – gespielt hat. Bei „Endes Ewigen Talenten“, die Integration seit je her leben, war er „Jeff“, akzeptierte den neuen Spitznamen auch schnell. „Am ersten Trainingsabend hat er sich als Steff vorgestellt, wir haben Jeff verstanden“, erinnert sich Teamkollege und Co-Trainer Christian Glatter, nach den ersten Trainingseinheiten war man am Kalkheck schnell überzeugt: „Vom fußballerischen Niveau passt Jeff bei uns gut rein.“ Als die Pass-Formalitäten erledigt waren, stand Mansfield beim Saisonauftakt auch direkt im Kader. Und trug, eingewechselt für Torjäger Nejirvan Brahim, zu den Auftaktsiegen des Aufsteigers gegen SG Vorhalle 09 (3:1) und RSV Selbecke (3:2) bei.
Fußball hat in der Familie Mansfield eine lange Tradition, schon der Vater spielte im Tor. Und Bruder Max Mansfield ( „Er ist der deutlich bessere Fußballer von uns beiden“) wechselte von BW Gottschee nach Deutschland, spielte in Teams von Energie Cottbus, Borussia Mönchengladbach, 1. FC Köln und der Nachbarschaft beim TUS Ennepetal. „Er hatte ein Angebot aus der Major League Soccer, musste aber nach drei Operationen seine Karriere beenden“, sagt Stefan Mansfield. So gründete Max Mansfield „The Fussball Project“, das talentierte US-Talente fördert und sie nach Deutschland vermittelt. Und Bruder Stefan arbeitet hier mit.
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Training bei New Amsterdam FC
Und mittlerweile ist Max Mansfield Trainer beim neu gegründeten Profiklub New Amsterdam FC, der in der National Independent Soccer Association startet. Stefan Mansfield trainiert aktuell hier mit, denn aus beruflichen Gründen kehrte er vor vier Wochen in seine Wohnung in Manhattan zurück. „Ich musste zurückkommen, weil alle wieder angefangen haben, im Büro zu arbeiten“, erklärt er, „aber jetzt sind alle wieder im Homeoffice.“ Die Corona-Infektionszahlen steigen auch in den USA wieder. So hat der mit doppelter Staatsangehörigkeit ausgestattete 22-Jährige die Gelegenheit, vor Ort zu wählen. „Viele nutzen hier die Briefwahl oder das Early Voting“, sagt er, „aber ich gehe am Dienstag zu meiner alten Schule, da ist es nicht so voll.“
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In seinem Bundesstaat New York kann Mansfield sich relativ sicher sein, dass „seine“ Demokraten gewinnen. Sorge bereitet dem 22-Jährigen, der vor vier Jahren bei seiner Erstwahl für Hillary Clinton gestimmt hat, dass die Spaltung im Lande sich noch vertieft hat. „Biden-Supporter und Trump-Supporter können sich überhaupt nicht verstehen“, sagt er, „und es gibt gar keine Leute, die dazwischen sind, es gibt keine Mitte mehr.“ Als Deutsch-Amerikaner, der deutsche Nachrichtensendungen sehe, wünsche er sich, dass die US-Amerikaner das auch täten. „Aber die Trump-Supporter sehen nur Fox, das ist wie eine Religion“, bedauert er, „da sind sie wie Fans einer Fußballmannschaft. Sie sehen nicht auf Fakten, sondern unterstützen ihn, egal welchen Unsinn er macht.“ Auf seine Stimme, das weiß Mansfield, komme es nicht so sehr an, da New York stets demokratisch wähle: „Wichtig sind die Swing States wie Florida.“
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Dass er über einen erneuten Umzug nach Deutschland im Falle eines Trump-Siegs nachdenkt, so weit will Stefan Mansfield nicht gehen. Auch wenn er weiter engen Kontakt zu seinen Teamkollegen des FC Herdecke-Ende pflegt. „Ich bin noch in zwei WhatsApp-Gruppen, bekomme alles mit“, sagt er und räumt ein: „Ich war schon traurig, dass ich nach dem guten Saisonstart Herdecke verlassen musste.“ Unter gewissen Umständen kann sich „Jeff“ aber doch eine Rückkehr vorstellen: „Wenn es hier wieder einen solchen Lockdown gibt, dass man lange in der Wohnung bleiben muss, vielleicht komme ich zu Weihnachten.“