Hagen. Phoenix-Trainer Harris will den Verlust von Jonas Grof nicht mit einem externen Zugang kompensieren. Einigung mit Daniel Zdravevski ist in Sicht.

Morgens Hallentraining, mittags Krafteinheit, nachmittags Spielerprofile analysieren und mit Agenten sprechen. Der Alltag ist in das Leben des Chris Harris (41) zurückgekehrt. Nach dem coronabedingten Saisonabbruch in der 2. Basketball-Bundesliga ProA hat der Trainer von Phoenix Hagen den Blick schnell nach vorne gerichtet. Auch wenn die Planung der nächsten Saison weiter sehr schwierig ist, wie der gebürtige Kanadier im Interview mit unserer Zeitung sagt.

Chris Harris, seit einigen Wochen darf Phoenix wieder in der Halle trainieren. Wie gut hält sich das Team fit?
Chris Harris: Nach dem Saisonabbruch hatten wir erstmal nur virtuelle Workouts, was ganz witzig war. Wir hatten eine nette Gruppe, zu der auch ehemalige Spieler wie Jasper Günther oder Haris Hujic gehörten. Nach etwa vier Wochen durften wir wieder in die Halle, haben Wurftraining zu zweit und ähnliches gemacht. Wir sind jetzt im Schnitt zu acht in der Halle, spielen aber noch nicht mit Kontakt. Nach einer Halleneinheit am Morgen geht es für die Jungs dann ins Injoy, wo sie Krafttraining machen.

Sind bis auf die Importprofis denn noch alle Spieler des Kaders in Hagen?
Ja, es sind alle an Bord und trainieren fleißig. Alex Herrera (ehemaliger US-amerikanischer Phoenix-Center; d. Red) trainiert zurzeit auch wieder bei uns, weil seine Freundin hier lebt.

Die Planung des Phoenix-Kaders für die nächste Saison ist wegen der Coronakrise schwierig, betonte auch Geschäftsführer Patrick Seidel. Können Sie denn einschätzen, wann die erste Spielerverpflichtung erfolgen kann?
Ich kann etwas zu unserer Strategie sagen. Es gibt Vereine wie die Gladiators Trier und Giants Leverkusen, die sind bereits früh am Spielermarkt aktiv und sind sehr optimistisch. Andere wiederum, wie beispielsweise Jena, sind zurückhaltend und machen erstmal gar nichts. Ich glaube, wir bewegen uns irgendwo dazwischen. Wir haben viele Sponsoren, die basketballverrückt und sehr engagiert sind, aber einige trifft die Krise nun mal hart. Für unseren Kader möchten wir viel Kontinuität.

Erstmal soll ja – wie jedes Jahr – das aus deutschen Basketballern bestehende Grundgerüst feststehen. Bedeutet „Kontinuität“, dass Sie mit allen deutschen Akteuren aus der letzten Saison weitermachen wollen?
Ja, das wollen wir. Natürlich kommt es aufs Geld an. Wir hatten letztes Jahr schon einen kleinen Etat und jetzt müssen wir mit noch weniger auskommen. Wer eine gute Saison gespielt hat, möchte natürlich besser bezahlt werden. Und wir wollen unsere Spieler ja mit einem Vertrag wertschätzen, aber das ist gerade schwierig. Nichtsdestotrotz stecken wir mit allen in Verhandlungen und versuchen, irgendwie zusammenzukommen. Mit Daniel Zdravevski, das kann ich sagen, befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Und Emil Loch hat noch ein Jahr bei den Phoenix Juniors in der NBBL und wird auch in der ProA, spielen, was mich sehr freut.

Können die beiden denn Jonas Grof, der jetzt nach Trier wechselt, auf der Flügelposition ersetzen?
Ich glaube, dieser Vergleich ist nicht ganz fair. Jonas ist ein so vielseitiger und smarter Spieler mit schon sechs Jahren Profi-Erfahrung. Ich glaube, Daniel kann sicher schon 20 Minuten in der ProA spielen. Bei Emil Loch hoffe ich, dass er den nächsten Schritt geht, den Daniel letzte Saison vollzogen hat, und sich einige Minuten erarbeitet.

Suchen Sie einen deutschen Spieler als Ersatz für Jonas Grof?
Nein, wir müssen nicht unbedingt nach einem Ersatz für Jonas suchen. Man muss bedenken, dass wir einen recht kleinen Etat haben. Und da werden wir wahrscheinlich nicht eine so tiefe Rotation aufstellen können wie in der letzten Saison.

Schauen Sie trotz der schwierigen Gegebenheiten aktuell auf dem Transfermarkt nach ausländischen Spielern?
Trainer und Manager müssen den Markt in- und auswendig kennen, das ist unser Job. Alex Nolte (Co-Trainer; d. Red.) und ich analysieren Spieler, schauen, ob sie in unser Konzept passen. Das macht einen großen Teil unserer Arbeit aus. Wir haben Kontakt zu einigen US-Spielern und ihren Agenten aufgenommen. Aber es wird dauern, bis etwas unterschrieben wird. Die Unsicherheit ist noch zu groß.

Wünschen Sie sich eine Verlängerung mit den vier ausländischen Spielern, die in der letzten Saison für Phoenix aufliefen? ( Kyle Leufroy, Michael Gilmore, Adam Pechacek und Jonathan Octeus; d. Red. )
Wenn ich könnte, würde ich mit der Mannschaft aus der abgebrochenen Saison nochmal an den Start gehen und um die ProA-Playoffs kämpfen. Hinten raus haben sich alle gesteigert und richtig gut gespielt. Kyle, Michael, Jon und Adam sind daher Optionen für uns und wir stehen mit ihnen in Kontakt. Dass wir uns alle vier leisten können, bezweifel ich aber.

Sie hatten in den vergangenen eineinhalb Jahren hin und wieder betont, dass Ihr Team noch nicht so spielt, wie Sie sich das vorstellen. Wie soll denn Harris-Basketball im Idealfall aussehen?

Wir wollen einen schnellen, attraktiven und spektakulären Basketball spielen. Ich glaube, dass die Hagener Fans das mögen und sehen möchten. Meine Mannschaft soll teamdienlich spielen, den Ball drei-, vier-, fünfmal passen, bevor wir zu einem super Abschluss kommen. Unter mir wird wohl kein Spieler 25 oder 20 Punkte im Schnitt machen, das Scoring soll gut verteilt sein. Auf der anderen Seite möchte ich, dass die Jungs toughe, zähe Verteidigung spielen und ihre Gegner zu Fehlern zwingen. So sollte Harris-Basketball aussehen.