Hagen. Ob Zelt oder Schwimmbecken – die Spieler sind kreativ und machen Werbung für einen unterschätzten Sport.

Die Wetter-App hat Dieter Zoernack immer im Blick. Wie wird das Wetter am Donnerstag ab 14 Uhr? Das ist die wichtige Frage. Wobei er inzwischen gelassen sagen kann: „Wir sind wetterunabhängig.“ Denn die Kugeln fliegen auch bei schlechtem Wetter. Und das seit 13 Jahren. So lange trifft sich die Boulegruppe des TSV Fichte Hagen am Stuckenberg.

Die Anlage liegt idyllisch da. Von der oberen Ebene hat man einen Ausblick auf die umliegenden Wälder, gestört wird man nicht. Ehrgeiziger Sport wird hier dennoch betrieben. „Unser Geschäftsführer hält alles ganz penibel fest, bei jeder Einheit wird ein Legen und Schießen ausgespielt. Wöchentlich gibt es dann die Wanderplakette. Und die trägt der Sieger dann auch stolz“, kennt Zoernack seine Mitspieler. Der Vorsitzende des Ehrenrates half dabei, die muntere Gruppe ins Leben zu rufen – und fand so selbst den Weg zum Boulesport, nachdem er früher viele Jahre mit den Fichte-Fußballern auf dem Spielfeld stand.

Mit Abstand und Maske: Die Boule-Sportler sind froh, wieder trainieren zu können.
Mit Abstand und Maske: Die Boule-Sportler sind froh, wieder trainieren zu können. © WP | Michael Kleinrensing

„Angefangen habe ich mit ganz günstigen Kugeln vom Lidl. Aber irgendwann, wenn man es länger macht, dann will man ja auch mal richtige haben. So wie alle anderen.“ Also fuhr er nach Witten ins Fachgeschäft. „Die Kugeln werden dort der Hand angepasst. Auch kann man dort Koffer für seine ganzen Utensilien kaufen.“ Bestens ausgestattet für das wöchentliche Trainingsspiel.

Vom Schwimmbecken ins Zelt

Im Sommer haben sie keine Sorgen, doch bei Regen und Kälte standen die Boule-Sportler zuletzt vor Problemen: „Wir haben das Glück gehabt, über lange Zeit im Haus von unserem Mitglied Heinrich Hilker spielen zu können, wenn es draußen zu kalt wurde. Er hatte ein stillgelegtes Schwimmbecken in der unteren Etage. Ideal für uns. Doch leider verstarb er vor anderthalb Jahren.“

Und Dieter Zoernack war klar: Eine Alternative musste her. „Wenn man nur im Sommer spielt, dann löst sich so eine Hobbytruppe schnell auf“, erkennt der 84-Jährige das Problem. Und fand die Lösung: ein Zelt. „Der Vorstand hat uns grünes Licht gegeben, und jetzt sind wir witterungsunabhängig.“ Denn nicht nur, dass eine Boulebahn in dem 3 x 10 Meter großem Zelt Platz findet. Von innen ist es mit Licht und Wärmepilzen auch bestens ausgestattet. „So können wir wirklich das gesamte Jahr über spielen“, freut sich Zoernack.

Mit 93 Jahren noch an der Kugel

Und wie sehr die Sportler ihre Trainingseinheiten schätzen, das wurde vor allem während der Corona-Pause deutlich. „Ich wurde immer wieder gefragt, wann wir denn endlich wieder loslegen können“, so Zoernack, der mit den ungefähr 14 Aktiven stets im Austausch ist.

„Es ist ja nicht nur so, dass die Bewegung fehlt. Es ist auch das Miteinander, das man vermisst.“ Denn gesellig sind die Boulespieler allemal, wie Zoernack berichtet: „Geburtstage werden gefeiert, Weihnachtsfeiern, und auch bei der jährlichen Vereinsfahrt sind viele mit dabei.“ Das Alter liegt bei der ­Boulegruppe zwischen 66 und 89 Jahren. „Wir spielen ja immer ab 14 Uhr, da sollte man schon Rentner sein“, gibt Zoernack lachend zu. Der älteste Teilnehmer boulte jedoch auch noch mit 93 Jahren mit. „Man ist viel draußen und bleibt fit, das glauben viele gar nicht“, kennt Zoernack die Vorurteile.

Das „Schweinchen“ in der Mitte. Die rote Kugel ist diejenige, um die sich das Spiel dreht.
Das „Schweinchen“ in der Mitte. Die rote Kugel ist diejenige, um die sich das Spiel dreht. © WP | Michael Kleinrensing

Immer fit bleiben

Vier Stunden spielen er und seine Vereinskameraden jeden Donnerstag. Erst wird die kleine Kugel, das sogenannte „Schweinchen“ geworfen, bevor mit den größeren Kugeln versucht werden muss, möglichst nah heranzukommen oder aber die gegnerischen Kugel wegzuschubsen. „Na was glauben Sie eigentlich, wie oft man an so einem Tag hin und her läuft. Da bleibt man schon ziemlich fit“, hat Zoernack schon einige Kilometer am Stuckenberg zurückgelegt. Zumal sich die Boulespieler auch um ihre Anlage kümmern, die oberhalb vom Fußballfeld liegt. „Wenn das Unkraut durchkommt, dann treffen wir uns halt mal alle etwas eher und sorgen für Sauberkeit. Dann spielt es sich ja auch gleich noch ein wenig schöner.“

Zoernack ist froh, dass die Boulegruppe ins Leben gerufen wurde: „Der Verein tut viel für seine älteren Mitglieder. Es ist toll, wenn man jede Woche eine Truppe hat, auf die man sich freuen kann. Und das Feedback kommt auch von den anderen Teilnehmern. Die kommen nicht nur aus dem Umfeld, sondern reisen zum Teil auch von weiter weg an.“

Und sie alle wissen genauso wie Dieter Zoernack immer genau, wie die Wettervorhersage für Donnerstag, 14 Uhr, lautet.