Herdecke. Der gewohnte Sportbetrieb liegt zwar derzeit auf Eis, aber beim TSV Herdecke arbeitet man an Lösungen – und ist schon fündig geworden.

Die Coronakrise trifft auch die heimische Sportlandschaft hart. Der Großverein, TSV 1863 Herdecke, sieht sich trotz finanzieller Einbußen gut aufgestellt und schaut mit Zuversicht in die Zukunft. Neue Online-Angebote und die Aussicht der Politik auf baldige Lockerungen für den Sport im Freien, stimmen die Vereinsführung optimistisch.

„Den 13. März 2020 werden wir so schnell nicht vergessen,“ sagt Jennifer Külpmann, die erste Vorsitzende des TSV Herdecke. An besagtem Freitag im März erreichte sie und alle anderen Verantwortlichen die Nachricht, dass der Sportbetrieb bis zum 19. April eingestellt werden müsse. Zu hoch sei die Gefahr sich beim Sport mit dem Coronavirus zu infizieren. Zwar war die Coronakrise damals schon weiter fortgeschritten – doch ausmalen wie lange sich diese Situation hinziehen würde, konnte sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand: „Wir mussten damals sämtliche Angebote stoppen und wussten nicht, wann wir wieder anfangen können. Als sich abzeichnete, dass das das Ende der Pause ungewiss ist, überlegten wir was wir unseren Mitgliedern in dieser Zeit bieten können,“ so Külpmann.

Virtueller Herdecker City-Lauf

Der TSV Herdecke ist mit über 1600 Mitgliedern der größte Verein in Herdecke. In annähernd vierzig verschiedenen Sportabteilungen bietet der Verein eine Vielzahl an Übungseinheiten für jede Altersklasse. Neben diesem breiten Sportangebot veranstaltet der TSV Herdecke auch seit 17 Jahren den Herdecker City-Lauf. Der auch über die Grenzen der Stadt etablierte Wettkampf, hatte im vergangenen Jahr über 1000 Teilnehmer. Für dieses Jahr musste der Verein, den geplanten Lauf allerdings absagen. Trotzdem soll der 16. Mai sportlich werden. Der Verein wirbt auf seiner Homepage dafür, den Herdecker City-Lauf virtuell zu absolvieren.

Auf der Webseite heißt es dazu: „zusammen mit „Lauf-weiter“ möchten wir Euch die Möglichkeit geben, am 16. Mai sportlich aktiv zu sein.“ Auf der Internetseite www.lauf-weiter.de hat der Sportler die Möglichkeit, sich kostenfrei für den virtuellen Lauf zu registrieren und kann im Anmeldeformular den Verein finanziell unterstützen. Für die Vorsitzende ist das eine gute Idee: „Wir können den Lauf leider nicht selbst ausrichten. Über die App können die Läufer aber trotzdem mitmachen und ihre Zeiten dann selbstständig übermitteln. Es wird auch virtuelle Urkunden geben,“ so Külpmann.

Mitglieder bleiben dem Verein treu

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Aufgrund der großen Menge an Mitgliedern, muss der Verein auch dementsprechend mehr Angestellte beschäftigen. Auch wenn die über achtzig Übungsleiter und Übungsleiterinnen aktuell kein Gehalt beziehen, da sie auch keine Übungen abhalten können, hat der Verein viele laufende Kosten. So beschäftigt man beispielsweise auch in der Geschäftsstelle Mitarbeiter, deren Gehälter bezahlt werden müssen. Trotzdem halten sich die finanziellen Einbußen für den Verein im Rahmen. Einen großen Anteil daran haben die Mitglieder: „Wir haben keine vermehrten Kündigungen oder Äußerungen, dass die Mitglieder ihre Beiträge nicht zahlen wollen,“ erklärt die Vorsitzende des Vereins, „dafür sind wir unseren Mitgliedern unendlich dankbar.“ Trotzdem seien die fehlenden Einnahmen zu spüren. Komplett Wegfallen müssen aktuell die Mieteinnahmen des Vereinsheimes, das der Verein für Feierlichkeiten und andere Veranstaltungen zur Verfügung stellt. Ebenso kann man in diesem Jahr wohl nicht mehr mit den Einnahmen der Herdecker Stadtfeste und Großveranstaltungen rechnen. Trotzdem ist die Vorsitzende optimistisch: „Wir sind sehr froh, dass uns nicht die Menge an Mitgliedern wegbricht und werden keine Fördergelder von Land oder Bund beantragen müssen.“

Verein bietet Online-Alternativen

Aus der Not heraus und dem Willen geschuldet, den Mitgliedern auch in der schwierigen Zeit etwas bieten zu können, geht der Verein neue Wege. Wie einige andere Sportclubs aus der Region auch, bietet der TSV Herdecke nun erste Online-Kurse für seine Mitglieder an. „Wir haben unsere Übungsleiter angefragt, wer sich vorstellen könnte, seine Kurse im Internet, vor der Kamera, zu geben. Aktuell bieten wir Pilates und Fitness-Boxen an,“ erklärt Külpmann. Als Plattform hat man sich für Instagram entschieden. Auf der beliebten Social-Media-Seite wurde Kurzerhand ein neuer Vereinsaccount gegründet. Das Angebot richtet sich jedoch explizit an die Mitglieder des Vereins und ist für Externe nicht einsehbar. Die Interessierten Vereinsmitglieder melden sich über Instagram und werden dann freigeschaltet. „Die Übungsleiter sind dann entweder zuhause oder im Vereinsheim und machen ihre Übungen vor einer Kamera. Das Bild wird dann Live auf Instagram gesendet und die Mitglieder können zuhause mitmachen,“ erklärt Külpmann. Das Angebot wird gut angenommen und soll dauerhaft etabliert werden. In der Regel nehmen um die zwanzig Sportler an den virtuellen Übungsstunden teil.

Spekulationen über Zukunft

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Der TSV Herdecke ist weit weg von Stillstand und Hilflosigkeit. Viel mehr geht der Blick schon weit nach vorne. Für die politisch diskutierten Lockerungen, die den Sport an der frischen Luft betreffen, möchte die Vereinsführung vorbereitet sein. „Wir hatten letzte Woche eine Vorstandssitzung und fragten uns dort, wie es in Zukunft wohl weitergehen mag. Wir sind guter Dinge, dass Sport im Freien bald weitergehen könnte,“ sagt Jennifer Külpmann. Aus diesem Grund sieht sich der Verein jetzt in der Pflicht, für die möglichen Lockerungen gewappnet zu sein. Die Planungen für ein erweitertes Sportangebot laufen auf Hochtouren: „Wir haben mit unseren Übungsleitern geredet. Wir könnten dann jeden Tag ein Sportangebot im Freien anbieten,“ so Külpmann. Beim TSV Herdecke ist man breit aufgestellt. Durch die vielen verschiedenen Sportmöglichkeiten im Verein, würde auch das Angebot im Freien üppiger ausfallen können. „Wir würden dann beispielsweise Seniorenspaziergänge oder auch Mutter-und-Kind-Sport anbieten und vieles mehr – natürlich alles mit dem verlangten Sicherheitsabstand,“ erklärt die Vorsitzende. Trotz der gesellschaftlichen Debatte über Sportangebote im Freien, kann heute niemand sagen, ob und wann die Lockerungen in Kraft treten. Trotzdem möchte der Verein für den Tag X möglichst gut vorbereitet sein und den Mitgliedern dann sofort einige Sportmöglichkeiten anbieten können.

Bewerbung muss warten

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Obwohl im Verein große Zuversicht herrscht, dass man bald wieder mehr Übungseinheiten anbieten kann, bleiben andere Dinge wegen der Coronakrise auf der Strecke. Beispielsweise wurde die Bewerbung für das Förderprojekt „Moderne Sportstätten 2022“ erst einmal auf Eis gelegt. Der Verein plant einen kostspieligen Anbau an das Vereinsheim am Bleichstein, in Herdecke. Hier erhofft man sich eine Bezuschussung durch das Land Nordrhein-Westfalen. „Die Bewerbung liegt fertig beim Stadtsportverband. Wegen der Coronakrise muss das ganze jetzt aber pausieren. Wir halten daran aber auf jeden Fall fest,“ sagt Jennifer Külpmann. Jetzt zähle es aber erstmal den Mitgliedern eine Perspektive für den Sport im Freien zu schaffen.