Wetter/Herdecke. Die Fitness-Studios in Wetter und Herdecke hoffen, bald wieder öffnen zu dürfen. Wie sie mit der Corona-Krise umgehen:
Jens Spahn stimmen sie uneingeschränkt zu, darin sind sich alle einig. Wer sich mit dem nötigen Abstand beim Sport im Fitnessstudio fit halte, sollte das tun können, hatte der Bundes-Gesundheitsminister kürzlich erklärt. Doch wann die Studios tatsächlich wieder begrenzt öffnen können, ist noch unklar, erst am Dienstag hatte das Bundesverfassungsgericht den Eilantrag eines Betreibers aus Baden-Württemberg abgelehnt. Die Situation in der Corona-Krise trifft auch die Fitnessstudios in Wetter und Herdecke schwer, bringt sie zum Teil in Existenzprobleme. Wie die Studios vor Ort damit umgehen und sich auf eine Wiedereröffnung vorbereiten:
10.000 Studios
Rund 10.000 Fitness- und Gesundheitstudios gibt es in Deutschland, in denen fast 11,7 Millionen Mitglieder trainieren. Die Vorsitzende des Arbeitgeberverbandes der deutschen Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV), Birgit Schwarze, hat in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Merkel Vorschläge für eine Wiedereröffnung formuliert. Darin verweist sie unter anderem darauf, dass man Umkleiden, Duschen und Saunen sperren könne. Kurse würden nicht angeboten. Griff- und Sitzflächen würden regelmäßig desinfiziert und die Mitglieder könnten mit Einweg-Handschuhen trainieren.
Auch kontaktlose Zugangskontrollen zur Begrenzung von Anzahl und Dauer des Aufenthaltes ließen sich durchführen. Mindestabstände zwischen den fixen Stationen für Kraft- und Cardiotraining seien möglich.
FSW Sports Wetter
„Ich weiß nicht mehr, wie ich die Leute bezahlen soll, wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Udo Pietruck unumwunden: „Lange halten wir nicht mehr lange durch.“ Dass er sein Fitnessstudio seit dem 17. März geschlossen halten muss, trifft den Geschäftsführer von FSW Sports in Wetter hart. Zumal sein familiengeführtes Unternehmen – zwei Festangestellte, etwa zehn 450-Euro-Kräfte und zwei Auszubildende - nicht solche Möglichkeiten habe wie große Fitnessstudio-Ketten. Die 15.000 Euro Soforthilfe seien angesichts fehlender Einnahmen, etwa 8500 Euro Monatsmiete und anderer laufender Kosten schnell aufgebraucht gewesen.
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„Unsere Branche kommt ganz hinten, keiner weiß Genaues“, bedauert Pietruck, der für die „Ungleichbehandlung“ von Fitnessstudios im Vergleich zu anderen Geschäften wenig Verständnis hat. „Wir haben 2000 Quadratmeter Studiofläche, hier ist es sehr weitläufig“, sagt er, „wenn wir hier 50 Sportler im Raum haben, hat jeder 40 qm Platz. Das sieht bei Aldi ganz anders aus.“ Intensiv habe man die letzten Wochen dazu genutzt, das Studio zu renovieren und die Abstands- und Hygieneregeln für eine baldige Wiedereröffnung zu erfüllen. Die Geräte wurden so umgestellt, dass ausreichend Abstand eingehalten werden kann, Desinfektionsmittelspender auch auf der Trainingsfläche angebracht, der Kursraum, Umkleidekabinen und Duschen abgesperrt. Für die Treppen sei ein Einwegsystem installiert, es gebe einen separaten Aus- und Eingang. Pietruck: „Durch diese Maßnahmen können wir gewährleisten, dass der vorgegebene Mindestabstand eingehalten und alle hygienischen Auflagen erfüllt werden können.“
Von den knapp 1400 Mitgliedern, gerade aus den Rehasport-Gruppen, habe er viel Rückmeldung erhalten. „Viele klagen über zunehmende Rückenschmerzen, der Blutdruck gehe nach oben“, sagt Pietruck, verweist auf etliche Mitglieder in den Risikogruppen: „Sport für sie ist wichtig. Es ist fatal, dass wir durchs Raster gefallen sind.“
Clever-Fit Herdecke
Verschiedene Trainingsoptionen für daheim bietet das Clever-Fit in Herdecke seinen Mitgliedern. So wurden innerhalb der ersten Tage der Schließung „Home Workouts“ abgedreht, die Videos finden die Mitglieder auf den Social-Media-Kanälen, gleichzeitig sind auf „Youtube“ Trainings-Videos von „Clever Fit Deutschland“ bereitgestellt. „Auf Anfrage verleihen wir Klein-Equipment für das Training zuhause“, ergänzt Lisa-Marie Scholz aus der Studio-Leitung, regelmäßig werden zudem Rezepte für eine gesunde Ernährung über die Social-Media-Kanäle angeboten.
„Das Feedback unserer Mitglieder ist sehr positiv“, betonte Lisa-Marie Scholz, diese zeigten sich überwiegend solidarisch. „Wir haben einige Angebote bekommen, uns während der Schließung bei angekündigten Malerarbeiten, Reparaturen und Reinigungen zu unterstützen und sogar den Verzicht der Erstattung unserer Beiträge.“ Dies habe das Studio, das die Beiträge wie gewohnt abbucht und am Ende der Laufzeit beitragsfrei anfügt, in seiner Vorgehensweise bestärkt. Mitgliedern, die Unterstützung benötigen, hat man zudem die Übernahme von Einkaufshilfen oder Apothekengängen durch die neun Mitarbeiter des Studios angeboten.
terra sports Herdecke
„Wir sind ein untypisches Fitnessstudio, wir machen Personal Training.“ Darauf verweist Sven Janus von terra sports in Herdecke. Und unter freiem Himmel sei Personal Training weiter erlaubt, beim Kunden oder beim Trainer in dessen Privaträumen. Dabei sei es aus hygienischen Gründen viel sinnvoller, dies in den Studioräumen zu tun. Das für eine Wiedereröffnung geforderte Abstands- und Hygienekonzept biete man bereits, könnte sofort wieder loslegen. „Durch unsere DIN-Zertifizierung haben wir uns schon immer den höchsten Standard an Hygienemaßnahmen selbst auferlegt“, sagt Janus.
Zusätzlich führt man nun weitere Schutzmaßnahmen ein: Durch eine Plexiglasscheibe werden Personal Trainer und Mitglied getrennt, beide müssen vor und nach dem Training die Hände waschen und desinfizieren und Schutzmasken tragen. Und auch die Geräte und die beim EMS-Training - terra sports bietet ein durch elektrische Muskelstimulation (EMS) unterstütztes Personal-Training an – benötigten Westen und Gurte werden vor und nach dem Training desinfiziert. „Bei uns im Studio trainieren auf 100 Quadratmetern ohnehin maximal zwei Kunden gleichzeitig“, sagt Janus, „jetzt ist das Verhältnis zwischen Trainer und Mitglied eins zu eins, da können wir den notwendigen Abstand wahren.“
Insgesamt etwa 170 Mitglieder gibt es im Herdecker terra sports, einem von bundesweit insgesamt 50 Studios, aktuell. Für das Fithalten daheim hat man ihnen neben Ernährungs- und Fitness-Tipps während der Coronavirus-Pause einen kostenlosen Heimtraining-Onlinekurs über drei Monate angeboten. Und drängt nun auf eine baldige Wiedereröffnung, die terra sports GmbH hat eigens eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angestrengt. In Herdecke sagt Sven Janus: „Das Problem ist, dass es keine Rückmeldung gibt. Würde etwa gesagt, ihr dürft am 11. Mai wieder öffnen, dann würden viele die Füße still halten.“
Phönix Fitness Herdecke
Intensiv online aktiv während der Corona-Schließung ist Phönix Fitness in Herdecke. Und bietet den etwa 1200 Mitgliedern neben Homeworkout-Plänen, Trainingshotline und Workout-Videos der Trainer über Instagram seit dieser Woche auch Online-Seminare – so genannte Webinare - mit Doro Müller und Frank Magnus aus der Studio-Geschäftsleitung Mit dem Thema „Power & Anti-Aging durch Krafttraining“ ging es über 45 Minuten am Montag los, am Freitag steht „Training? – gewusst wann!“ an, vorerst drei weitere Seminare folgen. „Wir bieten das als Zusatzservice an, damit die Mitglieder sich auch theoretisch mit dem Thema beschäftigen“, sagt Caroline Paulsen aus der Studio-Büroleitung, etwa 50 Zuschauer habe das erste Webinar gehabt. Noch deutlich mehr Zuspruch hätten Home-Workouts gefunden, so Paulsen: „Bei einer Online-Stunde Tae Bo waren 790 Leute dabei, zum Teil aus Kuba und den Philippinen.“
Mit den „stay home“-Angeboten erreiche man aber bei weitem nicht alle Mitglieder. „Wir haben viele Ältere, die nicht online sind und nicht beim Online-Training mitmachen“, sagt Caroline Paulsen. So hofft man auf eine baldige Wiedereröffnung, die Hygienepläne dafür habe man angesichts eines guten Kontakts zu den nahen Krankenhäusern stets gehabt. „Vielleicht könnte man erstmal die Krafttrainingsfläche öffnen, die Kurse dagegen nicht nicht“, sagt Caroline Paulsen, auch wenn dann zunächst das gesamte Reha-Angebot noch ausfallen würde. Wobei die Phönix-Büroleiterin betont: „Für die Regierung scheinen Fitnessstudios zum Freizeitbereich wie Spaßbäder zu gehören. Dass wir für die Gesundheit wichtig sind, kriegen viele nicht mit.“