Hagen. Vid Zarkovic lehrt bei BG und Phoenix Hagen die serbische Basketball-Schule. Seine Art zu coachen kommt bei Eltern nicht immer gut an.

Vid Zarkovic blickt zum Grünen Tisch und formiert seine Hände zu einem „T“. Auszeit. Die Jugend-Bundesliga-Basketballer von Phoenix Hagen eilen zur Auswechselbank. Hinsetzen. Durchatmen. Und vor allem: zuhören. Mit einem Marker kritzelt Zarkovic (45) den nächsten Spielzug aufs Klemmbrett, er gestikuliert wild und motiviert seine Spieler so laut, dass man seine Ansprache vom Parkplatz vor der Halle hören kann. Hat sein Team etwas angestellt? Es führt doch schon vorentscheidend mit mehr als 30 Punkten? Zarkovic ist das unwichtig. Von seinen Schützlingen fordert er Disziplin, Leidenschaft, Willen. Völlig egal, was auf der Anzeigetafel steht.

Die klassische, jugoslawische Schule

Ja, es gibt sie noch, die Trainer der klassischen, serbischen beziehungsweise jugoslawischen Basketball-Schule. Sie bringen ihren Spielern nicht nur Dribbeln, Werfen und Spielverständnis, sondern auch Disziplin und Arbeitsmoral bei. Und da muss der Trainer als Vorbild dienen. „Ich lebe Basketball 24 Stunden am Tag. Das macht mich glücklich“, sagt Zarkovic.

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Seit sechs Jahren ist der Serbe in Hagen heimisch. Als hauptamtlicher Jugendtrainer der BG Hagen ist er einer der größten Talentförderer in der Volmestadt und seine Erfolge können sich sehen lassen: Mit den Jugendklassen U10, U12, U14 und U16 ist Zarkovic schon Westdeutscher Meister geworden. Das hat beim Zweitligisten Phoenix Hagen Eindruck gemacht. Seit dieser Saison ist „Coach Vid“ gemeinsam mit Tome Zdravevski Trainer der Phoenix Youngsters in der Jugend-Bundesliga (JBBL). Wie weit es die jungen Talente in der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft geschafft hätten, weiß niemand, denn die Saison musste wegen der Corona-Pandemie abgebrochen werden. „Wir haben attraktiven und spannenden Basketball geboten. Ich bin absolut sicher, dass das JBBL-Team zu den besten fünf, sechs in Deutschland gehört“, so Zarkovic.

Talent? Nicht so wichtig

In der Basketballstadt Hagen fühlt sich der Serbe wohl, schließlich ist der Pool an Ausnahmekönnern hier groß. Aber Talent, sagt Zarkovic, sei nicht das Wichtigste. „Gewinner eines Basketballspiels ist derjenige, der mehr Blut und Schweiß vergießt, der mehr Vorstellungskraft hat und gedanklich schneller ist als sein Gegner. Auf dem Feld muss man Emotionen, Willen, Enthusiasmus und Freude zeigen. Zehn Prozent ist Talent, der Rest ist harte Arbeit.“

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Wenn Vid Zarkovic über den Sport mit dem orangen Ball redet, schwärmt und philosophiert er. Basketball sei „eine Kunst“, sagt er. Und der 45-Jährige liebt die serbische bzw. ehemals jugoslawische Form der Kunst. Sein Lieblingsspieler? Na klar, der ehemalige NBA-Profi Drazen Petrovic, der Mozart des Basketballs, der im Alter von nur 28 Jahren bei einem tragischen Autounfall ums Leben kam. Die serbische Schule fördere die Kreativität und das Spielverständnis auf ihre ganz eigene Art und Weise, sagt Zarkovic. Und genau das will er den Kids von Phoenix und BG beibringen. „Wenn du eine Fähigkeit meisterst, wendest du sie an. Wenn du sie anwendest, dann hast du deine individuelle Taktik und Kreativität. Und wenn du das etablierst, wirst du ein Spieler.“

Für manche Eltern zu viel

Was Vid Zarkovic seinen jungen Schützlingen vermittelt, ist unumstritten, doch das „Wie“ führt bei Eltern von Hagener Basketball-Kindern immer mal wieder zu Diskussionen. Denn der Trainer schlägt einen strengen und lauten Ton an, Nachlässigkeiten duldet er nicht. Zarkovic redet nichts schön, er spricht Probleme an, wenn er sie sieht. Der Coach betont, er müsse zu den Spielern und Eltern ehrlich sein, sonst könne kein Vertrauen entstehen. Beschwerden von Müttern und Vätern seien „schon frustrierend“, sagt er, denn oft beruhe die Kritik nicht auf Fakten, sondern auf der „subjektiven Sichtweise“ der Eltern.

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„’Zuckerbrot und Peitsche’ beschreibt seine Art, Basketball zu lehren, ganz gut. Vid hat aber einen Weg gefunden, sich für das Umfeld des Teams anzupassen“, sagt Kosta Filippou, Sportlicher Leiter der BG Hagen. Sicherlich brauche der eine oder andere Elternteil etwas Zeit, um die Methoden des Jugendtrainers nachvollziehen zu können. Aber Filippou stellt klar: „In erster Linie zählt, wie die Spieler das sehen. Und die lieben es unheimlich, für Vid zu spielen. Mit welcher Qualität und Hingabe er jungen Basketballern etwas beibringt, ist absolute Spitze.“

Besondere Beziehung zu Daniel Zdravevski

Einer von Vid Zarkovic’ Zöglingen ist Daniel Zdravevski , der die BG-Jugenden durchlaufen hat und nun für die erste Herren-Mannschaft der Eilper in der 1. Regionalliga sowie für Phoenix Hagen in der 2. Bundesliga spielt.

Ein Ausnahme-Basketballer: Daniel Zdravevski (rechts).
Ein Ausnahme-Basketballer: Daniel Zdravevski (rechts). © Michael Kleinrensing

Der 18-Jährige, Sohn von Trainer-Größe Tome Zdravevski, ist womöglich der talentierteste Hagener Spieler unter 20 Jahren. „Ich habe eine besondere Beziehung zu Daniel und ich glaube, dass er in Zukunft ein Topspieler sein wird“, lobt Zarkovic.

Daniel Zdravevski habe alles, was ein Basketballspieler braucht, findet der Trainer. „Angefangen bei physischen Gegebenheiten, gedanklicher Schnelligkeit, Basketball-Verständnis. Sein Wurf und seine Techniken sind fantastisch, er kann dribbeln und alle fünf Positionen spielen sowie verteidigen. Solche Spieler sind eine Rarität.“ Zdravevskis Arbeitsmoral sei zudem außergewöhnlich. „Es ist wohl besser, wenn ich nicht sage, wann er anfängt zu trainieren und wann er aufhört“, sagt „Coach Vid“.

Als Spieler in der Euroleague

Bevor Vid Zarkovic zur BG Hagen wechselte, war er zwei Jahre lang Jugendkoordinator bei den Baskets Lüdenscheid.

Zarkovic spielte selbst professionell bei KK Radnicki in Novi Sad und kann Einsätze in der Euroleague und dem ULEB-Cup vorweisen. Er war zudem außerhalb seiner Heimat bereits in Slowenien, Ungarn, Belgien, Bulgarien und Tschechien aktiv.

Der 45-jährige Serbe hat vor zehn Jahren einen Universitätsabschluss in Volkswirtschaftslehre erworben.

Sowohl mit der U14 als auch mit der U16 der BG sind Zdravevski und Zarkovic Westdeutsche Meister geworden. Die Besonderheit: Der mittlerweile 2,07 Meter große Basketballer war dabei fast immer der Größte auf dem Feld, dirigierte das Spielgeschehen aber von der Aufbauposition aus. Vid Zarkovic: „Ich bin sicher, dass er in der Euroleague spielen kann und er hat sicherlich das Zeug für die deutsche Nationalmannschaft. Ich stehe zu meinem Wort.“