Herdecke. Schulpferde müssen auch im Stillstand der Corona-Krise bewegt werden. Um sie ohne Einnahmen versorgen zu können, sammelt die RZF Herdecke Spenden

Die erste Etappe für „Brownie“ und Co. ist geschafft. Knapp 3700 Euro an Spenden sammelte die Reit-, Zucht- und Fahrgemeinschaft (RZF) Herdecke-Ende in zehn Tagen ein, um ihre acht Schulpferde zu halten, 20.000 Euro sind das Ziel. Von der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Einschränkungen sind die Reitvereine besonders betroffen. Den Reitbetrieb auf ihren Anlagen können sie aussetzen, ihre „Sportgeräte“ aber nicht stilllegen. Die Pferde müssen weiter versorgt und bewegt werden, die dazu notwendigen Einnahmen aber bleiben aus. „Sonst verdienen sich Schulpferde im Verein ihren Unterhalt selbst, das können sie jetzt nicht“, sagt RZF-Pressesprecherin Bianca Birkholz.

RZF Herdecke-Ende 1971 gegründet

Die Reit-, Zucht- und Fahrgemeinschaft Herdecke-Ende wurde am 16. Januar 1971 als gemeinnütziger Verein im damaligen „Reitstall Leise“ in der Erdbrügge gegründet. Aus ursprünglich 30 Mitgliedern sind heute knapp 300 Mitglieder geworden. 1972 erfolgte die Aufnahme in den Provinzialverband Westfälischer Reit- und Fahrvereine und im Juli 1973 der Wechsel des Vereins auf den Hof der Familie Nockemann, wo er bis heute ansässig ist. Seit 1995 ist der Reitstall Nockemann anerkannter Reitstall A der FN - der deutschen reiterlichen Vereinigung.

„Unsere Schulpferde sind die täglichen Lehrer, die viele Fehler verzeihen, damit wir alle lernen können. Jetzt brauchen sie unsere Hilfe!“ So begründet der RZF Herdecke den vor elf Tagen gestarteten Spendenaufruf, um die anfallenden Kosten zu decken, obwohl der zuvor täglich angebotene qualifizierte Schulunterricht vorerst bis zum 19. April ausfällt. Acht Schulpferde, darunter zwei Voltigierpferde, hat die RZF auf der Reitanlage Nockemann in Ende, die versorgt und bewegt werden müssen. „Die Kosten für Futter, Tierarzt und Hufschmied können wir nicht dämpfen“, sagt die 2. Vorsitzende Andrea Nockemann, „aber die Einnahmen durch den Reitunterricht fallen von heute auf morgen weg.“ Auf 4500 bis 5500 Euro im Monat schätzt sie diese. Deshalb hat man sich zur Spendenaktion entschieden, 20.000 Euro sind das Ziel. „Damit wir auch in wenigen Wochen noch Reitunterricht und Voltigiertraining anbieten können“, heißt es – Andrea Nockemann ergänzt: „Wir wollen keines unserer Schulpferde verkaufen müssen.“

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Und dass „Cascadeur“, „Natascha“, „Be Happy“, „Brownie“, „Fun“, „Nelly of Gold“, „Whatever“ und „Tara“ in Ende bleiben können, liegt offenbar vielen am Herzen. 3692,50 Euro beträgt der Spendenstand nach zehn Tagen, zahllose Reitfreunde spendeten zwei- und dreistellige Summen. „Wir sind überwältigt von der Unterstützung, die uns bis zu diesem Zeitpunkt bereits erreicht hat“, bedankt sich der Klub-Vorstand. Und stellt auf Facebook die Schulpferde näher vor, denen das Geld zugute kommt. Etwa den elfjährigen Wallach „Brownie“, den temperamentvollen „Chef“der kleinen Herde und eine „coole Socke“, der von den fortgeschrittenen Reitschülern bevorzugt werde: „Bei weniger sicheren Reitern setzt Brownie sonst auch gerne mal seinen Dickkopf durch, und parkt in der Mitte der Halle.“

Nur vier Reiter pro Platz erlaubt

Nicht nur die acht Schulpferde des Vereins müssen auf dem Reiterhof Nockemann auch in der Corona-Krise versorgt werden, dazu kommen noch 32 Einsteller-Pferde von privaten Besitzern. „Zumindest die artgerechte Bewegung der Tiere muss sichergestellt werden“, sagt Andrea Nockemann, „unsere Schulpferde etwa trainieren täglich zwei Stunden. Die können wir nicht auf Null herunterfahren, da werden sie krank.“ Zum Glück, so betont sie, setze sich die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) dafür ein, dass auf Grundlage des Tierschutzgesetzes ein Mindestmaß an notwendiger Versorgung und Bewegung von Pferden sichergestellt werden kann. Aus Sicht der FN „müssen Reitunterricht, Schulbetrieb und Zusammenkünfte aller Art in Pferdesportanlagen eingestellt werden“, die Pferdebesitzer sollen aber weiter Zugang zu ihren Pferden haben und die Stallbetreiber die Notbewegung der Pferde sicherstellen können.

Dazu empfiehlt die FN Notversorgungs- und Bewegungspläne, bei der RZF Herdecke-Ende handelt man danach. „Wir haben einen Plan erstellt, wer wann und wohin kommen und die Pferde bewegen kann, damit sich nicht zu viele begegnen“, sagt Andrea Nockemann, für die Schulpferde teilen sich das zwölf Personen – Reitlehrer, Vorstandsmitglieder und fortgeschrittene Reitschüler – auf. Neben der Einhaltung der Hygienevorschriften muss dabei auch der notwendige Abstand gewahrt bleiben. „Auf dem Platz in der 20 mal 40 Meter großen Reithalle dürfen sich maximal vier Reiter gleichzeitig aufhalten“, sagt die RZV-Vorständlerin, besonders eng werde es in der Stallgasse: „Da dürfen höchstens zwei oder drei gleichzeitig sein. Deshalb haben wir tatsächlich einen Stundenplan für jeden Stalltrakt geschrieben.“

Turnier ist wegen Risiken fraglich

Eine wichtige Einnahmequelle für den Verein ist auch das alljährliche Dressur- und Springturnier, das diesmal - etwas früher als sonst - für den 5./6. September terminiert ist. „Es wäre das 40. Turnier, das wir eigentlich groß aufziehen wollten“, sagt Andrea Nockemann, momentan allerdings habe man alle Planungen gestoppt. Bis zum 4. Mai müsste man die Veranstaltung ausschreiben. „Bis dahin müssen wir uns entscheiden, ob wir das Risiko eingehen, da entstehen ja auch Kosten“, räumt Andrea Nockemann ein: „Und wer kommt noch zu solch einer Veranstaltung, je nachdem wie sich die Situation entwickelt?“