Wetter. . Weil gleich sechs Spieler des Landesliga-Absteigers FC Wetter im vergangenen Monat fasteten, wurde die Trainingszeiten kurzerhand angepasst.

Es läuft die 22. Spielminute im Rückspiel des Champions League-Halbfinals zwischen Ajax Amsterdam und Tottenham Hotspur, als Noussair Mazraoui zum Spielfeldrand läuft. Der marokkanische Nationalspieler holt sich dabei keine Instruktionen vom Trainer ab, auch ist er nicht verletzt und muss behandelt werden – Mazraoui hat Hunger. Es ist Ramadan, der muslimische Fastenmonat. Sieben Minuten nach Sonnenuntergang bietet sich Mazraoui die erste Chance im Spielverlauf, etwas zu essen. Er und Landsmann Hakim Ziyech verschlingen den Energieriegel – denn ihr Glaube hatte genau das vorher verhindert. Bei den Profis wird darauf keine besondere Rücksicht genommen, bei den Amateuren des FC Wetter aber wohl. Denn hier wird Rücksicht groß geschrieben.

„Das war für uns überhaupt gar kein Thema“, sagt Filippo Giletti vom FC. Gemeinsam mit Trainer Markus Dönninghaus kommt er auf die Idee, Rücksicht zu nehmen auf die Spieler im Kader, die mit muslimischen Hintergrund an die Fastenzeit gebunden sind. Und die besagt eben, dass vor Sonnenuntergang weder essen noch trinken erlaubt sind. Doch wie soll das mit den Trainingszeiten vereinbart werden, die auch im Frühjahr und Sommer oft erst spät stattfinden – und meist erst nach Sonnenuntergang beendet werden.

Trainingsstart einfach vorgezogen

Jeder soll aber seiner Gewohnheit nachkommen können, auch trotz der späten Trainingszeiten. „In der Regel trainieren wir ab 19.30 Uhr“, berichtet Giletti. Doch in dem Fastenmonat Ramadan wird die Trainingseinheit etwas vorgezogen, schließlich soll den muslimischen Spielern so zugesichert werden, bei Sonnenuntergang am Tisch sitzen zu können. Denn genau das wird unter Muslimen in der vierwöchigen Fastenzeit gerne zelebriert und mit Freunden und Familie geteilt.

„Für uns war es da eine Selbstverständlichkeit. Wir haben nicht mit den Spielern gesprochen, sondern haben uns überlegt wie wir da entgegenkommen können“, erinnert sich Giletti. Sechs Spieler im Kader der Harkortbergelf haben in der Zeit zwischen dem 5. Mai und heute gefastet – also genau in der Saisonphase, in der es für die Wetteraner noch um einen möglichen Klassenerhalt ging. Klar, dass Trainer Dönninghaus da natürlich jeden Spieler beim Training haben möchte.

Und so wurde die Trainingseinheit kurzerhand nach vorne verlegt. Eine halbe Stunde war dabei schon ausreichend, um auch den Spielern die nicht aus Wetter kommen die Chance zu geben, pünktlich zum Sonnenuntergang zuhause zu sein. „Das hat wunderbar geklappt, auch wenn wir am Ende abgestiegen sind“, sagt Giletti. Der Verein hat das in dieser Form zum ersten Mal gemacht, auch in den kommenden Jahren möchte der FC auf die besonderen religiösen Pflichten seiner Spieler Rücksicht nehmen.

„Das gehört einfach dazu. Integration ist für mich beim Sport das Nonplusultra und war nie ein Problem bei uns“, sagt Filippo Giletti. Er selbst freut sich darüber, dass die Aktion so gut umgesetzt wurde und auch von den nicht-muslimischen Spieler Akzeptanz fand. Denn ohne diese geht es nicht, vor allem in einem Sport in dem Spieler aus verschiedensten Religionen zusammenkommen wie beim Fußball.

Auch die Initiative „Wetter weltoffen“ stößt beim Fußballverein vom Harkortberg auf volle Unterstützung, für die Verantwortlichen gab es keine Sekunde des Zögerns um sich an dieser Aktion zu beteiligen. „Egal in welcher Situation im Leben ist man in meinen Augen Teil einer Mannschaft. Und da funktioniert es eben immer nur mit geben und nehmen“, sagt Giletti.

Zwar schied Amsterdam um seine Marokkaner im Halbfinale denkbar knapp aus, am Fasten kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Gerade einmal zwölf Minuten nach dem kleinen Snack zum Sonnenuntergang traf Hakim Ziyech zum 2:0 für sein Team.