Hagen. . Für ehemaligen Eintrachtler ist das Spiel gegen seinen Ex-Klub keine Partie wie jede andere. Aber Geschenke werden nicht verteilt.

Jan von Boenigk hat beim VfL Eintracht Hagen einiges erlebt. Als der damals 19-jährige Linkshänder im Frühjahr 2015 bei den Grüngelben unterschrieb, spielte das Team des damaligen Trainers Lars Hepp in der 3. Liga West. Beim „Dienstantritt“ in Hagen war der Münsteraner Zweitliga-Spieler, weil der VfL über die Relegationsrunde den Aufstieg noch geschafft hatte. Als Eintracht-Akteur stieg von Boenigk erst ab und dann wieder auf, bevor er sich nach dem geschafften Zweitliga-Klassenerhalt vor einem Jahr zum Ligarivalen ASV Hamm verabschiedete. Am Freitag ab 20 Uhr gibt es ein Wiedersehen: Mit dem aktuellen Tabellenvierten ist der jetzt 23-Jährige bei seinem Ex-Klub zu Gast, der um den Klassenerhalt kämpft.

„Es ist für mich kein Spiel wie alle anderen“, gesteht der Halbrechte. Schon weil sein jüngerer Bruder Fynn von Boenigk in der Bundesliga-A-Jugend des VfL Eintracht spielt. „Drei, vier seiner Spiele habe ich gesehen“, berichtet der 1,93-m-Mann, der auch schon bei der „Ersten“ vorbeigeschaut hat. Die Rolle eines Glücksbringers erfüllte der jetzige ASVer nicht. Er erlebte die 27:35-Klatsche gegen Aue mit. Auch ein Grund dafür, dass die Eintracht fünf Spieltage vor Schluss mit einem Punkt Rückstand zu Rang 15 unter dem Strich steht.

„Fast die halbe Liga steckt ja noch im Sumpf“, blickt von Boenigk auf die untere Tabellenhälfte. „Und das wird wohl bis kurz vor Schluss so bleiben.“ Das war vor einem Jahr, als der damalige Publikumsliebling noch für die Grüngelben spielte, anders. Bereits fünf Spieltage vor Schluss machten die Eintrachtler damals den Klassenerhalt klar. „Es war sehr angenehm, eine entspannte Saison-Endphase zu haben“, erinnert sich Jan von Boenigk. Die letzte Heimniederlage der Saison 2017/18 gab es am achtletzten Spieltag - mit 29:33 gegen den ASV Hamm. Am Ende hatte der VfL Eintracht als Tabellenzwölfter neun Punkte Vorsprung zum ersten Abstiegsplatz, damals Rang 17. „Ich hätte mir für Hagen gewünscht, dass es in dieser Saison ähnlich wird“, fühlt sich Jan von Boenigk seinem Ex-Klub immer noch verbunden.

Drittbestes Auswärtsteam der Liga

Was nicht heißt, dass er und seine aktuellen Kollegen auf die Tabellensituation des Teams von Trainer Niels Pfannenschmidt Rücksicht nehmen und etwas verschenken werden. „Wir haben uns vorgenommen, die letzten fünf Spiele zu gewinnen“, berichtet der Wirtschaftspsychologie-Student. „Und dann gucken wir mal, ob es vielleicht noch zu Platz drei reicht.“ Für den gibt es in dieser Saison allerdings nur die „Holzmedaille“, Rang zwei, der zum Aufstieg berechtigt, ist fünf Zähler entfernt.

Dass die Mannschaft von Trainer Kay Rothenpieler in der 2. Bundesliga aktuell so gut dasteht wie noch nie seit dem Erstliga-Abstieg im Jahr 2011, liegt an der Auswärtsstärke (mit 19:13 Punkten ist Hamm drittbestes Ligateam in fremden Hallen) und an der Ausgeglichenheit der Mannschaft. ASV-Toptorjäger Oliver Milde belegt mit 93 Treffern im Liga-Ranking nur Platz 65, danach gibt es ein großes Gedränge an ASV-Akteuren, zu denen Lukas Blohme (91), Vyron Papadopoulos (90/32), Sören Südeiner (88) und Stefan Lex (78) zählen. Jan von Boenigk ist mit 86 Toren Nummer 79 des Klassements.

„Für mich ist die Saison in etwa so gelaufen wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt der Ex-Eintrachtler, der wieder einen entspannten Handball-Monat Mai erlebt. Im Gegensatz zu seinem Ex-Klub, dem der ASV am vergangenen Samstag geholfen hat: durch einen in letzter Sekunde zustande gekommenen 29:28-Sieg gegen das ebenfalls bedrohte Team von Bayer Dormagen. „Wir sind in der Rückrunde in einem guten Flow, den wollen wir bis zum Schluss beibehalten“, sagt Jan von Boenigk. Da wird sich der VfL Eintracht ganz schön strecken müssen, um im sechsten Zweitliga-Aufeinandertreffen seit 2015 den ersten Sieg zu schaffen.

Liverpools Triumph macht Niels Pfannenschmidt Mut

Vor dem Heimspiel am Freitag um 20 Uhr gegen den Angstgegner ASV Hamm sind mit Jan-Lars Gaubatz und Daniel Mestrum zwei Leistungsträger des VfL Eintracht außer Gefecht. Die lädierte Wurfhand von Toptorjäger Gaubatz ist zurzeit durch eine Orthese stabilisiert, Linksaußen Mestrum, drittbester Torschütze der Grüngelben, liegt mit einem Magen-Darm-Infekt flach.

„Wenn es nicht geht, dann geht es nicht“, sagt Trainer Niels Pfannenschmidt. „Liverpools 4:0-Sieg in der Fußball-Champions-League gegen Barcelona hat gezeigt, was auch bei Ausfällen wichtiger Spieler mit Mentalität und Moral möglich ist.“