Hagen. . Auf dem geschichtsträchtigen Waldlustsportplatz und drum herum ist durch Eigenleistung und gute Pflege vieles „tippi-toppi“.
Der Hagener Waldlustsportplatz kann viele Geschichten erzählen. Manche sind über 100 Jahre alt. Anno 1898 planerisch auf den Weg gebracht und drei Jahre später fertiggestellt, wurde bereits Ende 1901 der Antrag gestellt, im Winter eine Eisbahn auf dem neuen Sportareal zu installieren. Viele Vereine haben die historische Sportstätte in Wehringhausen mit Leben erfüllt, noch mehr Sportarten wurden im Verlauf der letzten bald 120 Jahre betrieben. Heute sind noch zwei Klubs hier aktiv, die in idyllischer Umgebung auf Asche kicken: Der Rote Stern Wehringhausen und Hagen United.
Platz-Historie: Von Turnspielen bis Tennis
Zu den Sportarten, die auf dem Waldlustplatz schon betrieben wurden, zählen Turnspiele, Leichtathletik, Schlagball, Prellball, Faustball, Feldhandball, Fußball, Hockey und Rugby. Sogar ein Tennisfeld gab es einst.
Nutzer des Platzes waren u.a. die Hagener Sportunion, der VfL und Eintracht Hagen, TuS 03 Hagen, FC Waldlust, Polonia Hagen.
Im zweiten Weltkrieg wurde auf dem Platz ein Verwaltungsgebäude der Akkumulatorenfabrik errichtet, das später als Unterrichtsgebäude diente. Nach dem Abriss wurde der Platz im Jahr 1960 neu eingeweiht.
Es ist ein schöner Samstagnachmittag im Herbst. Platzwart Alfred Spinn, von aller Welt nur „Ali“ gerufen, kreidet den Platz für C-Liga-Fußball am Sonntag ab. Gemeinsam mit seinem Kollegen Sven Vierjahn ist der 66-Jährige Garant dafür, dass auf und um den Platz herum alles „tippi-toppi“ ist, wie er sagt. „Hier liegen keine Kippen herum und auch keine Kronkorken“, fordert „Ali“ zur genauen Inspektion des Areals auf. Es stimmt. Alles ist sauber und ordentlich, draußen wie im Umkleide- und Sanitärtrakt.
90 Tonnen Asche neu aufgebracht
Der Rote Stern hat die Schlüsselgewalt und sorgt in Person von „Ali“ und Sven für die Instandhaltung der Anlage. Deren heutiges positives Erscheinungsbild hat der seit 25 Jahren bestehende – einst von den Jusos auf den Weg gebracht – Sportklub mit viel Eigenleistung geschaffen. „Das war eine Bretterbude, wir haben alles aufgemauert“, erzählt Alfred Spinn im Vereinsheim, dessen Bodenfließen ein roter Stern ziert. Nebenan im Umkleidetrakt wurden in den letzten 15 Jahren Heizung und Duschen erneuert, eine ansehnliche Schiedsrichterkabine installiert, Damentoiletten eingerichtet und vieles mehr. Die Stadt stellte das Material, der Verein die Muskelkraft. „Bei uns hat keiner zwei linke Hände“, berichtet Ali, „alle können anpacken.“
Dass in der Umkleidekabine von Hagen United, seit drei Jahren ebenfalls auf dem Waldlustsportplatz ansässig, Holzbänke ein Flair der 1950er Jahre verbreiten, ist für Klubchef Andre Sänger nicht schlimm. Im Gegenteil: „Oldschool, großartig!“, sagt der 28-Jährige. „Gastmannschaften merken schon den Unterschied zwischen ihren Plätzen und diesem hier“, ist Sänger sicher, „es gibt Anlagen, die wesentlich neuer und moderner sind, wo es aber aussieht wie Hulle.“
Einen eigenen Vereinsheimbereich hat der vor drei Jahren gegründete Flüchtlingsverein, der heute rund 100 Köpfe zählt und zwei Herrenteams stellt, am Platz noch nicht. Das soll sich ändern. Durch einen dreimal sechs Meter großen Schiffscontainer, der umgebaut und neben dem Platz aufgestellt werden soll. Mit Dachterrasse, Anzeigetafel und Tresen innendrin. Der Bauantrag für die „Rostlaube“, die 10- bis 20.000 Euro kosten und über Sponsoren finanziert wird, ist gestellt, wenn alles gut geht, kann sie im nächsten Frühjahr eingeweiht werden. „Damit auch wir einen Ort haben, wohin sich unsere Mitglieder zurückziehen und wo wir Siege und Niederlagen besprechen können“, freut sich Sänger schon auf das künftige Zuhause, das rostfarben angestrichen werden soll. „Auch wenn es natürlich nicht mit einem richtigen Vereinsheim gleichzusetzen ist. Aber wir können uns hier verwirklichen und wollen deshalb hier bleiben.“
Auch Ulrich Schaefer, als Nachfolger des verstorbenen Karlheinz Klostermann („ihm haben wir viel zu verdanken, er hat hier vieles auf den Weg gebracht“) Ehrenvorsitzender des Roten Stern Wehringhausen, betont, dass der heutige Waldlustsportplatz eine gute Adresse ist. „Wir haben keinen Ärger und Verdruss, fühlen uns hier oben zu 100 Prozent wohl!“ Die historische Sportstätte ist allem Anschein nach eine Anlage mit Zukunft.
Platzzustand
Wenn der Winter gewichen ist, präsentiert sich der Platz in einem guten Zustand. Dank der engagierten Pflege. „In den 15 Jahren meiner Tätigkeit habe ich rund 90 Tonnen Asche neu aufgebracht, die durch Regen weggespült worden war“, hat Alfred „Ali“ Spin hochgerechnet.
Der Knackpunkt: Von der Stadt veranschlagt für die Energie- und Bewirtschaftungsumlage wird pauschal eine Nutzungszeit von 40 Wochen pro Jahr. „Wir haben hier maximal 25 Wochen“, berichtet Sänger, „im Winter ist der Platz lange vereist, in diesem Jahr konnten wir erst im April wieder drauf.“
Das Flutlicht entspricht den Anforderungen. Aber: „Wenn eine Lampe kaputt ist, und das passiert wegen der Feuchtigkeit hier oben öfter, kommt noch niemand, um sie auszutauschen. Dann ist es ganz schön schummerig hier“, so der United-Chef. „Die kommen erst mit einem Kran, wenn eine zweite Lampe ausfällt. Es ist ja auch ein ganz schöner Aufwand.“ An Tornetzen wurde extra eine besonders dicke Variante installiert. „Weil wir hier Nager haben“, erzählt Sänger.“ So dauert es wenigstens etwas länger, bis die Netze durchfressen sind.
Infrastruktur
Dusch- und Umkleidetrakt sind gut vorzeigbar, für eine in Gründung befindliche United-Damenmannschaft gibt es jetzt einen eigenen Toilettenbereich. Das Klubheim des Roten Stern ist klein, hat aber Charme. Was beide Vereine gerne hätten, ist mehr Stauraum für Geräte, Ausrüstung und dergleichen. „Wir haben hier oben keine Luxusverhältnisse, aber es ist in Ordnung“, sind sich die Verantwortlichen beider Klubs einig.
Eigenleistung
Ohne die umfangreiche Eigenleistung des Roten Stern Wehringhausen wäre der Waldlustsportplatz nicht das, was er heute ist. Das Geld gab die Stadt – oder auch schon mal das Land NRW – die Arbeitskraft stellte der Verein. Und wenn durch ab und zu registrierten Vandalismus die Tür zum Vereinsheim beschädigt, eine Torklinke abgebrochen oder ein Oberlicht eingeworfen wird, wird nicht gleich die Kommune bemüht. „Wir wollen der Stadt so wenig wie möglich auf der Tasche liegen, damit keiner auf die Idee kommt, der Platz wäre zu teuer“, sagt Sven Vierjahn. Hagen United will zum Thema Eigenleistung jetzt mit dem Container-Klubheim nachziehen. „Andere Vereine bekommen Hilfe von der Stadt“, weiß Andre Sänger, „wir fragen erst gar nicht danach.“
Parken/Verkehrsanbindung
Die Zahl der Parkmöglichkeiten ist sehr begrenzt. „Da sehe ich auch keine Lösung“, gesteht Ulrich Schaefer. Die nächste Bushaltestelle an der Gutenbergstraße ist gut 1,5 Kilometer entfernt. Von da an geht der Anmarsch steil bergauf – im Winter im Dunkeln. „Von unseren rund 50 Spielern haben vielleicht 10 einen Führerschein“, berichtet Andre Sänger, „die Spieler kommen trotzdem, denn sie sind gerne hier.“
Perspektive Kunstrasen
Keine! „Wir haben hier Feuersalamander, Eidechsen, Blindschleichen, Ringelnattern und am Rand des Spielfeldes grasen manchmal Rehe. Alles Natur - hier kommt kein Plastik hin“, bringt es Platzwart „Ali“ auf den Punkt. Weggespültes Granulat würde zudem dem Wehringhauser Bach, der unter der Anlage her fließt, zu schaffen machen.