Hagen. . Am 28. Juli startet zum zweiten Mal der 4310 Kilometer lange Ultra-Radmarathon „Northcape4000“, der Hagener Artur Hajduk ist erneut dabei.

Der beige Tropfen mit „AH“ in der Mitte ist zurück auf der Landkarte. Am Montag zeigt dessen Spitze auf Dahl, 245 m über dem Meeresspiegel. Dass dort Artur Hajduk gerade seinen 50. Geburtstag feiert, ist Zufall. Das GPS-Signal des Langstrecken-Radfahrers wird auf der „Live Map“ des „Northcape4000“ angezeigt, der 4310 Kilometer lange Ultra-Radmarathon startet nächste Woche zum zweiten Mal. Und Artur Hajduk ist zum zweiten Mal dabei, wenn es - diesmal vom Gardasee aus - am 28. Juli in Richtung Nordkap geht. „Nach elf, zwölf Tagen würde ich gern da oben sein“, sagt der Hagener, „aber es ist eine lange Strecke, da kann viel passieren.“ Seinen Weg in den Norden zeigt live sein Tracking-Signal auf der Karte.

Voll bepackt: Nur das Notwendigste hat Artur Hajduk an seinem Rennrad bei der Nordkap-Tour.
Voll bepackt: Nur das Notwendigste hat Artur Hajduk an seinem Rennrad bei der Nordkap-Tour. © Axel Gaiser

„Never Alone“ heißt die mobile App, mit der die 125 Radmarathon-Starter ihren Weg auf die „Live Map“ finden. Sie dient auch ihrer Sicherheit auf der langen und häufig einsamen Strecke. „Wenn du stehen bleibst, musst du sie deaktivieren, sonst ertönt ein Alarmsignal“, erklärt Artur Hajduk. Schaltet der Fahrer dies nicht aus, wird eine Nachricht inklusive seiner Koordinaten an die Angehörigen geschickt. Welchen Weg die Northcape4000-Starter diesmal nehmen, ist - im Gegensatz zur Premiere - vorgegeben. 2017, als es von Florenz aus durch Österreich, Deutschland, Dänemark und Schweden Richtung Nordkap ging, mussten die Radler nur fünf „Gates“ passieren, die Streckenführung blieb ihnen überlassen. „Letztes Jahr musste man noch nach der Strecke suchen, diesmal ist sie festgelegt“, sagt Hajduk, „da fährst du ja wie auf Schienen. Mit dem Navi ist das gar keine Herausforderung mehr.“

Hansestadt-Tour zur Vorbereitung

Für eine erneute Teilnahme hat sich der Hagener wegen der Route 2018 entschieden, die nach der Alpenquerung diesmal durch Tschechien, Polen, Litauen, Lettland und Estland führt, ehe die Fähre von Tallinn nach Helsinki führt und es durch Finnland hoch zum Nordkap geht. „2009 war ich mit dem Motorrad im Baltikum, einfach ein Traum“, schwärmt Hajduk, auch wenn er an seinem polnischen Geburtsort Zbroslawice nicht vorbeikommt. Erst ab dem letzten „Gate“, Rovaniemi am Polarkreis, ist die Strecke identisch mit der im Vorjahr. „Von da gibt es nur eine Möglichkeit, über die Europastraße 9“, weiß Hajduk in Erinnerung an die lange Tour durch die Einsamkeit Lapplands: „Elche und Rentiere habe ich da gesehen, Wölfe noch nicht. Ich hoffe, das bleibt auch so.“

Die ersten 500 Kilometer ohne Schlaf

Am nächsten Mittwoch startet Artur Hajduk per Flixbus von Dortmund aus über Innsbruck nach Arco. Zwei Tage auf dem Campingplatz dort nutzt er zur Vorbereitung, am 28. Juli um sechs Uhr morgens erfolgt der Start des „Northcape4000“. „Die ersten 500 Kilometer schlafe ich gar nicht“, hat er sich vorgenommen, „dann schauen wir mal, wie es sich entwickelt.“

Bei seinem Rennrad vertraut Hajduk auf lokale Produkte. Von Radsport Kraus in Eilpe wird es gewartet, zudem nutzt er Connex-Ketten von Wippermann in Delstern und Laufräder von SES Sandmann in Dahl.

Vorbereitet auf den Ultra-Radmarathon hat sich der 50-Jährige, der für das „Nationalteam Deutsche Post“ startet, mit täglichen Fahrten von Dahl zum Arbeitsplatz im Frachtzentrum Fley und regelmäßigen Feierabend-Touren über die Dahler Höhen. Mit Starts bei der Mecklenburger Seenrunde und erstmals einem 24-Stunden-Mountainbikerennen. Vor allem aber Ende Juni mit einer Tour durch 27 Hansestädte mit drei Post-Kollegen, insgesamt 2500 Kilometer fuhr man an neun Tagen. „Mein Fahrrad war genauso gepackt wie es beim Northcape4000 sein wird“, sagt Hajduk, neben der Ausdauer konnte er auch die Ordnung so schon trainieren. Denn sein 20 Jahre altes Rennrad wird auch für die Nordkap-Tour eher minimalisch mit dem Notwendigsten bepackt (siehe Grafik), wiegt auch mit Gepäck nur 19 Kilogramm. „Jedes Gramm mehr tut später weh“, weiß Hajduk.

Nur drei, vier Stunden Schlaf

Zumal die Langstrecken-Radfahrer aus 24 Nationen in zügigem Tempo (Hajduk: „30 sollte das Tacho schon zeigen“) den Großteil des Tages im Sattel verbringen. Frühmorgens geht es nicht nur beim Aufakt um sechs Uhr in Arco am Nordende des Garda-Sees los, Hajduk startet stets im Morgengrauen. Nach einigen Stunden Fahrt folgt die Frühstücks-Pause, bei der er sich auch zwei, drei Brötchen für den Tag ins Trikot steckt und die beiden Trinkflaschen auffüllt. Ein zweiter Essens-Halt (Hajduk: „Wenn man trainiert hat und seinen Körper gut kennt, kommt man mit zwei Pausen aus“) folgt am frühen Abend, möglichst mit Waschgelegenheit („Hygiene ist ganz wichtig“). „Dann macht man sich fertig für die Nacht“, sagt er. Heißt in diesem Fall nicht, den Schlafanzug anzuziehen, sondern etwas wärmere Sportkleidung. Hajduk: „In Lappland hatten wir schon zwei Grad, da kannst du nicht in kurzer Hose fahren.“

Nach 13 Tagen kam Artur Hajduk vor einem Jahr am Nordkap an.
Nach 13 Tagen kam Artur Hajduk vor einem Jahr am Nordkap an. © Northcape4000

Bis gegen ein Uhr fährt der Hagener in die Nacht, ehe er sich einen Platz für „drei, vier Stunden Schlaf“ sucht. Überdachte Bushaltestellen etwa, Campingplätze oder - in Deutschland - Sparkassen-Vorräume. „Eine Möglichkeit findet sich immer“, sagt er, „und wenn nicht, fährst du eben weiter.“ Er sei auch schon bis acht Uhr morgens weitergeradelt, habe sich dann todmüde hingelegt: „Man muss bereit sein, die eigene Komfortzone zu verlassen.“ Was für die gesamte Tour gilt, die für Artur Hajduk am Nordkap noch nicht beendet sein wird. Nach der Bus-Rückreise bis nach Helsinki und der Fährfahrt nach Travemünde will der 50-Jährige von dort nach Dahl wieder radeln. Der beige Tropfen, sein GPS-Signal, wäre dann wieder am Ausgangspunkt.

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© Manuela Nossutta