Hagen. . Eine hochemotionale Verabschiedung einer Phoenix-Legende und brutall treffsichere Gäste aus Trier. Nach den Emotionen folgte die Ernüchterung.

Die Atmosphäre, der Anlass, das Feuer – alles, was ein Basketball-Spiel von Zweitligist Phoenix Hagen ausmacht, stimmte gestern. Leider aber auch die für Phoenix tödliche Treffsicherheit der Gladiators Trier. Am Tag, als David Bell bei seiner Rückkehr an den Ischeland endgültig Legendenstatus erhielt, schossen die Gäste Phoenix mit einer starken Dreierquote und insgesamt 92:78 (38:52) vom eigenen Parkett.

Ein Schlüsselduell zweier Ex-Erstliga-Akteure: Dominik Spohr (links) gegen Jermaine Bucknor. Spohr machte am Ende 18 Punkte für Hagen.
Ein Schlüsselduell zweier Ex-Erstliga-Akteure: Dominik Spohr (links) gegen Jermaine Bucknor. Spohr machte am Ende 18 Punkte für Hagen.

16.45 Uhr gestern Nachmittag. Der in den Augen vieler Fans und Fachleute wohl beste, professionellste und daneben auch langjährigste Amerikaner, der je im Dress von Phoenix Hagen gespielt hat, betritt das Spielfeld: David Bell. Der 36-Jährige, der aktuell für Imola in Italiens zweiter Liga spielt, war zwischen 2010 und 2016 der Dreh- und Angelpunkt, der Anführer, das Herz und der treffsichersten Feuervogel in der ersten Liga.

Ein riesiger Sportsmann

2828 Zuschauer verabschieden ihn, der zutiefst gerührt auf die Ränge schaut. Phoenix-Verantwortlicher Martin Erlmann sagt in den Applaus, dass Bell ein riesiger Sportmanns ist. Bescheiden blickt der Amerikaner zu Boden. Wenig später wird Bells Trikot neben denen von Matthias Grothe und Bernd Kruel unter der Hallendecke enthüllt. Nach dem anschließenden Spiel wird Bell sagen: „Dieses Spielfeld wieder zu spüren, diese Halle zu sehen. Ich sage niemals nie. Vielleicht sehen wir uns hier noch mal wieder.“ Nur die Phoenix-Erstliga-Insolvenz hatte ihn und die Feuervögel getrennt. (Anm.d.Red: In der morgigen Ausgabe veröffentlichen wir ein Interview, das wir gestern mit David Bell geführt haben, und in dem es um seine Zukunftspläne geht).

Keine symbolische Szene: Die meiste Zeit hatte Phoenix gegen Trier das Nachsehen.
Keine symbolische Szene: Die meiste Zeit hatte Phoenix gegen Trier das Nachsehen.

Die Gegenwart ist allerdings so, dass Bell gestern eine deutliche Phoenix-Niederlage ansehen musste. Gegen ein Trierer Team, das vor einer erstligawürdigen Kulisse von Beginn an teilweise auch über seinen Möglichkeiten spielte. Schon im ersten Viertel hätten der klug – aber am Rande der Fairness spielende Ex-Erstligaprofi Jermaine Bucknor und sein Team Phoenix distanzieren können. Phoenix fing sich, blieb durch Dreier von Lodders und Aminu im Spiel. 20:23 nach Viertel Nummer eins.

Doch dann: der erste Knacks. Triers Northmann, der physisch ein guter Gegenspieler für den bei Phoenix leider ausgefallenen Javon Baumann (umgeknickt) gewesen wäre, spaziert ab der 12. Minute mehrfach durch die Phoenix-Zone und macht gegen unkonzentrierte Hagener einfache Korbleger. Und: Es beginnt eine Trierer Dreier-Serie, die bis in die Schlussphase nicht abreißen wird. Einfach ausgedrückt: Jeder zweite Trierer Dreier fällt rein.

Das Spiel in Zahlen

Phoenix Hagen: Günther, Hollersbacher, Aminu (23, 2/7 Dreier), Lodders (3), Spohr (18, 4/6 Dreier), Grof (6, 6 Assists, 6 Rebounds, 3 Blocks), Godbold (2), Brooks (10, 2/3 Dreier), Herrera (15, 15 Rebounds, 5 Assists, 4 Ballverluste, 4 Blocks).

Gladiators Trier: Alston 19, 10 Rebounds), Dranginis (5), Smit (12, 2/4 Dreier), Bucknor (10), Schmikale (5), Schmitz (12, 3/8 Dreier, 7 Assists), Grün (6), Ilzhöfer (8, 2/3 Dreier), Nortmann (8), Shoutvin (7).

Spielviertel: 17:23, 21:29, 15:16, 25:24.

Teamstatistik: 43:47% Wurfquote, 9/22:13/28 Dreier, 17/23:7/9 Freiwürfe, 35:45 Rebounds, 19:24 Assists, 5;5 Steals, 12:7 Ballverluste, 8:2 Blocks. Zuschauer: 2828.

Zur Pause liegt Hagen mit 38:52 hinten und kommt mit viel Kampf Ende des dritten Viertels und einem Dreier von Spohr auf 45:56 heran.

Pfiffe und wütende Reaktionen

Doch das Spiel kippt nicht. Im Gegenteil. Minute 29: Deutet man die gekrümmte Haltung von Dominik Spohr richtig, hat Triers Bucknor ihm einen Tiefschlag verpasst. Die Halle siedet. Ein Bierbecher fliegt von den Rängen Richtung Bucknor. Hatten die Schiedsrichter noch Kredit bei wenigen Zuschauern – jetzt war er verbraucht. Foul gegen Hagen und technisches Foul gegen Hagens Bank. Dazu kommt, dass die Unparteiischen keine Linie mehr erkennen lassen. Pfiffe und wütende Reaktionen sind die Folge.

Doch nicht Phoenix nutzt die Kulisse. Nein, Trier. 61:48 (27. Min.), 80:61 (34. Min.), 87:73 (38. Min.). Unter gellenden Pfiffen und in hitziger Atmosphäre spielen die Trierer brutal effizient. Triers Manndeckung stoppt Angriff um Angriff. Und das einfache Spiel – Zug zum Korb, passen, Dreier – läuft wie eine Maschine. Trier gewinnt verdient. Und kein Trierer hat mehr als 30 Minuten gespielt.

Phoenix spielte dann besser, als Joel Aminu statt Jonas Grof das Aufbauspiel übernahm und von dieser Position aus mehr Korbgefahr ausstrahlte (23 Punkte am Ende). Fraglich ist, warum Hagens Amerikaner Derreck Brooks trotz zweier Dreier-Treffer bei drei Versuchen und zwar zehn Punkten in entscheidenden Phasen aber kein Faktor war. Auch US-Boy David Godbold blieb blass. Zwei Amerikaner, die zusammen nur 35 Minuten spielen und 12 Punkte erzielen – zu wenig, wenn man gewinnen will. „Die Perfektion der Trierer war zu viel für uns“, sagt Phoenix-Coach Kevin Magdowski, „ihre Organisation war gut. Und sie haben ein großes Vertrauen in ihre Bankspieler.“ Während elf Trierer Verantwortung übernehmen durften, waren es bei Phoenix sieben.